Proteste in Berlin-Kreuzberg: Flüchtlinge wollen nicht in Container - SPD spricht von "Übergangslösung"
320 Flüchtlinge und Aktivisten zogen am Wochenende durch Kreuzberg. Sie protestierten auch gegen die geplanten Containerdörfer. Sie seien keine Dauerlösung, heißt es aus der SPD. Hier ein Bericht mit Video.
Die Flüchtlingsproteste in Berlin ebben nicht ab. Am Samstagnachmittag zogen rund 320 Menschen durch Kreuzberg, um gegen den Umgang des Berliner Senats mit den Flüchtlingen zu protestieren. Laut Polizei blieb es friedlich - mit einer Ausnahme: Am Rand der Demonstration sei ein Mann wegen versuchter Gefangenenbefreiung festgenommen worden, sagte ein Polizeisprecher. Der Festgenommene habe versucht, die Kontrolle eines anderen Mannes durch die Polizei zu verhindern.
Die Demonstration, zu der im Internet aufgerufen wurde, lief unter dem Motto: "Es reicht! Genug ist genug! Wir sind wütend." Die Wut richtet sich gegen den Senat, dem Zynismus, Wortbruch und eine "Politik der Polizeigewalt" vorgeworfen wird. Etwa 200 Polizisten begleiteten den Protestzug vom Oranienplatz bis in die Ohlauer Straße zur Gerhart-Hauptmann-Schule. Die letzten Bewohner sollen die Schule Ende Oktober verlassen - sie wollen aber nicht.
"Wir werden die Schule nicht verlassen", wird im Aufruf zur Demo bekräftigt, "wir wollen in der Stadt leben, nicht außerhalb in Lagern. Containerdörfer mit Betreiberfirmen, die durch schlechte Lebensbedingungen für Refugees viel Geld verdienen, sind keine Lösungen. Sie sind menschenunwürdig!"
Eine Kritik, die der Senat zurückweist. Sowohl was die Notwendigkeit als auch die konkreten Standorte der bislang sechs geplanten Containerdörfer anbelangt, sind sich CDU und SPD einig. Auf die Anwohnerproteste an den gerade erst bekannt gegebenen Standorten - beispielsweise in Köpenick und Lichterfelde – reagiert Sozialsenator Mario Czaja (CDU) gelassen. Man halte an den Standorten fest, sagte eine Sprecherin am Samstag dem Tagesspiegel. Es stünden jetzt auch zusätzliche Mittel für die betreffenden Stadtteilzentren bereit, um gemeinsam mit den Bezirken die Bevölkerung zu informieren.
Das sei auch notwendig, sagte der integrationspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Rainer-Michael Lehmann. "Ich habe den Eindruck, dass die Kommunikation mit den Bezirken bisher nicht optimal gelaufen ist. Das muss sich unbedingt ändern." Generell sehe die SPD die geplanten Containerdörfer als Übergangs- und keinesfalls als Dauerlösung, sagte Lehmann weiter.
Sie seien aber allemal besser als die jetzt von Czaja erwogene Unterbringung in Traglufthallen, die wie berichtet sowohl von der SPD als auch von der Opposition im Abgeordnetenhaus abgelehnt werden. "Wir wollen keine bayerischen Verhältnisse in Berlin", sagte Lehmann. "In solchen Hallen sind die Menschen, die ohnehin schon Schlimmes erlebt haben, jeder Privatsphäre beraubt."