Mehr Flüchtlinge in Berlin: Integration durch Containerdörfer?
Vor Weihnachten soll das erste Containerdorf für Flüchtlinge in Berlin öffnen: Die Opposition fürchtet schlechte Massenquartiere, doch Senator Mario Czaja hofft auf eine bessere Integration.
Von Mario Czaja dürfte an diesem Montag, zum Start der Arbeitswoche, eine Last abgefallen sein. Der Sozialsenator hatte den Druck auf seine Kollegen in der Landesregierung, die Bezirksbürgermeister und die Landesunternehmen erhöht, um Räume für Flüchtlinge zu finden. Weil es zu wenig leere Gebäude für die Männer, Frauen und Kinder gibt, die nach Berlin strömen, waren Grundstücke gesucht worden, auf denen der CDU-Politiker erstmals Wohncontainer aufstellen lassen will. Geeignete Areale sind nun gefunden, etwa das von der Berliner Stadtreinigung im Lichtenberger Norden.
Vormittags mit Bezirksbürgermeistern sprechen, nachmittags mit der Presse
Noch am Montagvormittag sprach Czaja mit den Bezirksbürgermeistern, die sich ungern übergehen lassen. Außerdem will er den Stadtteilzentren in der Nähe der Containerdörfer 150.000 Euro extra zukommen lassen: Die Sozialarbeiter sollen helfen, vorschneller Kritik an den Unterkünften zu begegnen und die Anwohner einzubinden. So sollen Szenen wie in Hellersdorf, wo 2013 auch die NPD gegen ein Heim mobilisierte, vermieden werden.
„Wir haben viel geschafft, und wir wollen niemanden übergehen“, sagte Czaja – und dankte den Mitarbeitern im Landesamt für Gesundheit und Soziales. In dessen Zentrale in Moabit stellte der Senator am Montagnachmittag die Pläne vor: Fünf gemeinnützige und ein privater Betreiber, die schon Flüchtlingsheime betreuen, werden die sechs Containerdörfer betreiben. Die Wohncontainer sind für zwei Jahre genehmigt, können aber mehr als zehn Jahre genutzt werden – später etwa als Studentenwohnheime.
Internationaler Bund betreibt erstes Containerdorf
Insgesamt sollen 2400 Plätze geschaffen werden, 200 mehr als angekündigt. Extrakosten seien aber nicht entstanden, sagte Czaja, man gebe nur die vom Senat genehmigten Mittel von fast 43 Millionen Euro aus. Vor Weihnachten soll das erste, vom gemeinnützigen Internationaler Bund betriebene Containerdorf in Köpenick eröffnet werden. Die anderen dürften im Frühjahr 2015 fertig sein. Man habe sich bemüht, die Unterkünfte dort zu errichten, wo vergleichsweise wenig Flüchtlinge untergebracht sind.
Der Senator hatte sich lange mit den Bezirken – auch den CDU-geführten – über mehr Platz für Asylbewerber gestritten. Inzwischen haben sich die Bezirksbürgermeister damit arrangiert, die Heime sind besser in der Stadt verteilt worden.
Linke: Flüchtlinge werden in Massenquartieren ausgeschlossen
An den Wohncontainern gibt es dennoch Kritik. Elke Breitenbach, Sozialpolitikerin der Linken im Abgeordnetenhaus, sagte: „Es droht, was schon in den 1990er Jahren das Problem dieser Massenquartiere war – die Flüchtlinge werden von gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen und stigmatisiert.“
Tatsächlich liegen die meisten der sechs Areale am Stadtrand. Dies hat damit zu tun, dass geeignete Grundstücke in der Innenstadt selten sind – oder deren Besitzer sie womöglich nicht herausgeben wollen. Gespräche mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben liefen zwar, sagte Czaja, handfeste Erfolge gebe es aber nicht. Die Bundesanstalt verwaltet in Berlin 1700 Wohnungen.
Schule, Bahnstation, Kita - möglichst in der Nähe
Bei der Auswahl der neuen Areale habe man darauf geachtet, dass sie oft nur wenige hundert Meter von einer Bus- oder Bahnstation entfernt lägen, sagte Czaja. Dies gilt ebenfalls für Grundschulen, oft auch für Kitas. Flüchtlingskinder unterliegen der Schulpflicht, er habe sich mit Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) abgesprochen, sagte Czaja, sie so schnell wie möglich in regulären Schulen anzumelden. Rund 20000 Männer, Frauen und Kinder erhalten in Berlin derzeit Hilfe nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Davon leben mehr als 11000 Flüchtlinge in Sammelunterkünften.