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Provisorium statt Programm: Berlins Straßen werden oft nur notdürftig geflickt.
© picture alliance /dpa

Marode Straßen in Berlin: Bezirke setzen gegen Straßenschäden auf Tempolimit

Für die Sanierung maroder Fahrbahnen werden insgesamt 1,3 Milliarden Euro gebraucht. Den Bezirken fehlt allerdings das Geld. Die meisten Mängel finden sich in Neukölln.

Mit zehn Stundenkilometern tuckern die Autos auf der Hildegard-Jadamowitz-Straße in Friedrichshain. Seit drei Jahren ist hier das Tempolimit stark abgesenkt, wegen Fahrbahnschäden. An manchen Stellen ist die Fahrbahn abgesackt, unter dem Asphalt befinden sich Hohlräume. Die Ursache sind alte Fundamente und Keller im Berliner Untergrund. Eigentlich müsste man da unten mal aufräumen. "Tiefenentrümpelung" nennt man das beim Bezirksamt. Dazu sei allerdings kein Geld da, das steht in der Antwort auf eine Anfrage der CDU-Abgeordneten Katrin Vogel. Reparatur nicht in Sicht.

Vogel hatte den Senat um eine Auflistung aller beschädigten Straßen in den Bezirken und der daraus resultierenden Tempolimits gebeten. Steglitz-Zehlendorf, Neukölln, Marzahn-Hellersdorf, Friedrichshain-Kreuzberg, Spandau und Charlottenburg-Wilmersdorf schickten ihre Infos und am Ende stand eine lange Listen der unbehobenen Schäden. Betroffen sind aber nicht nur kleine Seitenstraßen oder Sackgassen. Auf der Albrechtstraße kann man zwischen S-Bahnhof Steglitz und dem Teltowkanal abschnittsweise nur 30 fahren. Sanierung ist für 2017 angemeldet. Auch auf dem Steglitzer Munsterdamm müssen Schäden beseitigt werden. Erlaubt ist hier deswegen nur Tempo 30.

Das gleiche gilt für die Hildburghauser Straße im Berliner Südwesten – und zwar schon seit 15 Jahren. Im Jahr 2002 ließ das Amt hier die erlaubte Fahrgeschwindigkeit reduzieren, von 50 auf 30 Stundenkilometer. In der Liste liegt sie damit ganz weit vorne bei der Dauer der Temporeduzierung.

Ebenfalls seit 15 Jahren müssen die Berliner langsam auf der Lorenzstraße und der Mariannenstraße fahren. Auf allen drei Straßen sollen 2018 Reparaturarbeiten stattfinden.

Allerdings gibt es eine Straße in Berlin, auf der Fahrbahnschäden seit noch längerer Zeit dazu führen, dass langsam gefahren werden muss. Auf der Neuen Kreisstraße ist seit dem Jahr 1991 nur Tempo 30 erlaubt. Sanierung ist keine geplant. "Tempo 30 ist positiv für die Pflastersteine und die Anwohner", heißt es in der Antwort auf die Anfrage.

"Im Schritttempo durch die Schlaglöcher"

In Neukölln gibt es seit mehreren Jahren Probleme auf zwei wichtigen Verkehrsstraßen: Der Groß-Ziethener Chaussee und dem Buckower Damm. In letzteren investiert der Bezirk zwei Millionen Euro. Auch in Spandau schleichen die Autofahrer über einige Straßen. Der Grund auf der Niederneudorfer Allee: Die Fahrbahn ist für das Verkehrsaufkommen "viel zu schmal". Außerdem steht dort nach schwerem Regen das Wasser. Regenentwässerungsanlagen sind nicht vorhanden. Wann genau die Schäden hier behoben werden sollen, geht aus der Antwort auf die Anfrage nicht hervor. Beim Seegefelder Weg wird es auf jeden Fall noch einige Jahre dauern. Darauf, dass wieder 50 statt 30 Stundenkilometer gefahren werden kann, müssen die Spandauer noch bis mindestens 2020 warten.

Ganz abgesehen davon, dass mir selbst beim Autofahren 30 km/h auf städtischen Straßen oft reichen - die Berliner Schlaglochpisten bieten einen unerfreulichen Anblick und verstärken die Wahrnehmung einer dysfunktionalen, vernachlässigten und teilweise abenteuerlich verdreckten Stadt.

schreibt NutzerIn a.fink

Ein wiederkehrendes Problem sind Fahrbahnschäden in der Gatower Straße. Seit zwei Jahren soll hier langsamer gefahren werden. 2016 sollte eigentlich eine Instandsetzung erfolgen. Diese verzögert sich aber. Der Bezirk hofft auf 2017. Bereits vor sieben Jahren gab es Behinderungen auf dieser Straße. "Im Schritttempo durch die Schlaglöcher" titelte damals der Tagesspiegel. Auf den größeren Straßen sind die Tempolimits auch ein Problem für die BVG, da ihre Busse auf den Abschnitten langsamer fahren müssen und so aus dem Takt kommen (unter diesem Tagesspiegel-Link lesen Sie 8 Beispiele aus Spandau und wann diese Straßen saniert werden).

In Neukölln gab es die meisten Behinderungen

Die meisten Behinderungen für die Autofahrer wegen Fahrbahnschäden gab es laut Anfrage mit zehn Fällen in Neukölln. In Charlottenburg-Wilmersdorf gibt es laut Bezirk nur eine einzige betroffene Straße. Wer auf den Straßen von Mitte, Pankow und Tempelhof-Schöneberg unterwegs ist wird es kaum glauben, aber diese drei Bezirke haben keine einzige Tempominderung aufgrund von Straßenschäden angegeben. Lichtenberg und Reinickendorf haben auf Tagesspiegel-Anfrage nicht geantwortet.

Für die Sanierung der Berliner Straßen werden insgesamt 1,3 Milliarden Euro gebraucht. Den Bezirken fehlt allerdings das Geld. Bis 2015 bekamen sie noch Mittel aus dem "Schlaglochprogramm" des Landes. Das Programm gibt es in seiner damaligen Form nicht mehr. Allerdings ist es möglich, Mittel speziell für die Beseitigung von Winterschäden zu beantragen.

Ist auch Ihre Straße betroffen? Dann schreiben Sie uns unter berlin@tagesspiegel.de.

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