Flughafen Berlin-Schönefeld: Betrugsverdacht am BER gegen Siemens erhärtet
Es geht um fast zwei Millionen Euro und angebliche Scheinrechnungen. Nun haben Spezialisten die Ermittlungen übernommen. Die Politik erhöht den Druck auf Siemens.
Am BER hat sich im Fall Siemens der Verdacht auf einen Millionenbetrug erhärtet. Nach Tagesspiegel-Recherchen hat die Cottbuser Staatsanwaltschaft, die bislang die Ermittlungen führte, das Verfahren jetzt an die Potsdamer Staatsanwaltschaft abgeben. Das ist die für Wirtschaftskriminalität zuständige, dafür spezialisierte Schwerpunkts-Staatsanwaltschaft in Brandenburg. „Das Siemens-Verfahren wird jetzt bei uns geführt“, bestätigte Behördensprecher Christoph Lange. Es geht um 1,9 Millionen Euro, die Siemens 2013 und 2014 – im Krisenmanagement nach der geplatzten BER-Eröffnung – für nicht erbrachte Leistungen auf der Baustelle abgerechnet und kassiert haben soll.
Die Anzeige hatten die Flughafengesellschaft und Siemens im August 2015 erstattet, nachdem die Innenrevision bei Siemens-Rechnungen Ungereimtheiten festgestellt hatte. Sie hatte nach Angaben der Cottbuser Staatsanwaltschaft über 1000 Seiten. Ermittelt wird gegen Siemens-Verantwortliche und frühere Mitarbeiter der Flughafengesellschaft. Nach Tagesspiegel-Informationen wird nicht gegen BER-Technikchef Jörg Marks ermittelt, der im Zeitraum der Transaktionen der zuständige Regionalchef des Siemens Konzerns in der Hauptstadtregion war.
Der Regierende hofft auf die Eröffnung 2017
Der Siemens-Konzern ist eine der wichtigsten Firmen am BER, unter anderem zuständig für die Steuerung der Entrauchungsanlage. So hängt es aktuell auch von Siemens ab, ob es mit der Eröffnung 2017 noch etwas wird. Nach der Aufsichtsratssitzung am Montag hatte Berlins Regierender Michael Müller (SPD) ausdrücklich – und als einzige Firma – den Münchener Konzern erwähnt. Er habe ein Gespräch mit Siemens-Verantwortlichen geführt, sagte Müller, „wo wir uns konkret gesagt haben, was Siemens als nächstes tun wird, um die eigenen Aktivitäten zu verstärken und mitzuhelfen, alle Termine zu halten.“ Siemens spiele „eine sehr konstruktive Rolle“. Schon zuvor hatte die Politik die BER-Baufirmen in die Pflicht genommen ("Alle müssen an einem Strand ziehen"). Wie berichtet, sollen im Sommer 2016 die Arbeiten an der Baustelle beendet sein.
Im BER-Korruptionsfall Imtech, wo der holländische Gebäudeausrüster einen BER-Manager bestochen haben soll, sind die Ermittlungen abgeschlossen. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin hatte im Oktober Anklage beim Landgericht Cottbus eingereicht, und zwar gegen drei frühere Imtech-Manager und einen früheren BER-Baubereichsleiter. Wann der Prozess beginnt, ist unklar. Nach Auskunft des Landgerichtes ist noch nicht über die Eröffnung der Hauptverhandlung entschieden worden. Man sei noch im Stadium der Akteneinsicht durch die beteiligten Anwälte, hieß es am Dienstag. Man könne in „ein, zwei Monaten“ wieder anrufen.
Sieben weitere BER-Ermittlungsverfahren in Cottbus
Die Cottbuser Staatsanwaltschaft, regional für Schönefeld zuständig, hat mit dem BER genug zu tun. Dort laufen sieben weitere BER-Ermittlungsverfahren. Aktuell hat die Behörde auch den BER-Prüfbericht des Landesrechnungshofes angefordert, um den etwa auf mögliche Strafttatbestände des früheren Aufsichtsrates unter den Länderchefs Klaus Wowereit und Matthias Platzeck (beide SPD) zu nehmen. Der Rechnungshof, der in solchen Fällen üblicherweise selbst Anzeige erstattet, hat nach Auskunft von püräsident Christoph Weiser allerdings keine strafrechtlich relevanten Hinweise bei der BER–Prüfung gefunden. Am Dienstag wurde der Rechnungshofbericht erstmals in Brandenburgs Landtag debattiert.
Die CDU fordert, die Haftungsprüfung gegen den früheren Aufsichtsrat unter den Regierungschefs Matthias Platzeck und Klaus Wowereit (SPD) zu wiederholen. Ein entsprechender Antrag hatte gegen die rot-rote Koalition aber keine Chance.
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