Neue Tourismusstrategie: "Berlin braucht mehr Orte zum Feiern"
Nach dem Champions-League-Finale fordern der Hotelverband und die Politik eine neue Tourismusstrategie vom Senat.
Berlin will die Nummer 2 unter Europas Touristenstädten werden – und das Finale der Champions League am Sonnabend hat dabei geholfen. „Die Bilder vom Finale zeigen wieder die Begeisterung, mit der in Berlin gefeiert werden kann“, zeigte sich Willy Weiland, der Präsident des Berliner Hotel- und Gaststättenverbandes, zufrieden. Die Fernsehbilder aus Berlin seien unbezahlbar, schon 2006 beim „Sommermärchen“ der Fußball-WM habe die Stadt enorm profitiert, die Zahl der Touristen wächst seitdem rasant.
In Berlin gab es 2014 knapp 29 Millionen Übernachtungen. Noch liegt Paris mit 34 Millionen knapp vor Berlin auf Platz 2. London ist unangefochten die Nummer 1. Im ersten Quartal 2015 gab es in Deutschlands Kapitale ein Plus von acht Prozent, damit dürfte die Marke von 30 Millionen im laufenden Jahr geknackt werden. Beim Fußball-Wochenende seien viele Hotels ausgebucht, sagte Weiland dem Tagesspiegel. Sportsenator Frank Henkel (CDU) hatte die Zahl von 50 Millionen Euro genannt, die durch das Finale nach Berlin kommen.
Kongressgeschäft soll angekurbelt werden
„Der volkswirtschaftliche Gewinn ist auf keinen Fall zu unterschätzen“, sagte Henkel. In zwei Punkten könne Berlin besser werden, sagte Weiland. Zum einen bräuchte die Stadt „einen oder zwei Orte mehr zum Feiern“, zusätzlich zur Straße des 17. Juni mit dem Brandenburger Tor. Denkbar sei der Platz vor dem Roten Rathaus, der Alexanderplatz und das Tempelhofer Feld. Zum anderen müsse das Kongressgeschäft weiter angekurbelt werden. Die Stadt müsse die Logistik dafür schaffen, sagte Weiland: mit einem Kongresszentrum oder der Sanierung des ICC. Mit der Eröffnung des BER werde die Stadt als Destination noch interessanter, sagte Weiland, weil es dann mehr Direktflüge geben werde.
Das Nachtflugverbot allerdings sei „ein Minuspunkt.“ Allein weil Abstellflächen für gelandete Maschinen fehlen, konnten am Champions-League-Wochenende rund 90 beantragte Flüge nicht stattfinden. Berlin könne sich künftig kaum um Großereignisse bewerben, wenn die Gäste aus aller Welt anschließend unfreiwillig einen zusätzlichen Tag festsäßen, kritisierte die IHK. Für die Zukunft setzt die Stadt auf zwei Strategien. "Visit Berlin" ist für das Tourismus-Marketing zuständig. Berlin Partner verantwortet das internationale Standortmarketing.
„Die Grundstrategie ist richtig. Wir arbeiten mit den Akteuren eng zusammen“, heißt es aus der Wirtschaftsverwaltung. Für das Kongress-Geschäft sei es wichtig, das ICC nach Sanierung weiterhin als Kongress-Standort zu nutzen. 2014 wurden auf 131000 Veranstaltungen in Berlin elf Millionen Teilnehmer gezählt. Das Kongressgeschäft macht inzwischen ein Viertel aller Hotelübernachtungen aus. „Die Zahlen geben uns recht“, sagte Senatssprecherin Daniela Augenstein. Die grundsätzliche Marketing-Linie funktioniere. „Die Anziehungskraft von Berlin spricht für sich.“
Grundlegende Dinge würden fehlen
Angesichts der Rekorde bei den Touristenzahlen fordert Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek „dringend eine fachübergreifende Tourismusstrategie“. Diese müsse Stadtvermarktung„von vorn herein mitdenken“, sagte Kapek dem Tagesspiegel. Bislang schiebe der Senat ein solches Konzept auf die lange Bank.
Grundlegende Dinge würden fehlen wie ein Wegeleitsystem. Auch die Entwicklung bestehender und neuer touristischer Hotspots müsse vorangetrieben werden. Der Sport bleibt Berlin auch nach dem Champions-League-Finale erhalten: Vom 28. Juni bis 5. Juli findet die WM im Modernen Fünfkampf statt. Zum ersten Mal seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs treffen sich zudem vom 27. Juli bis 5. August jüdische Sportler aus 36 Ländern in Berlin zur Makkabiade.