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Die Preise steigen und steigen. Der Berliner Mietmarkt.
© Jörg Farys/Photocase

Airbnb und die Wohnungsknappheit in Berlin: Angriff auf den Mietmarkt

Das System Airbnb: Ferienwohnungen spitzen die Lage auf dem Wohnungsmarkt weiter zu. Wie Online-Anbieter von Ferienappartements den Berlinern die Wohnungen streitig machen.

Die Anzahl mutmaßlich gewerblicher Anbieter bei dem Internetportal Airbnb ist in Berlin seit Juni 2014 um rund 15 Prozent gestiegen, wie Recherchen des Tagesspiegels zeigen. Airbnb vermittelt im Internet Unterkünfte an Privatpersonen. Internetportale wie Airbnb werden von Kritikern für steigende Mieten und Wohnungsknappheit verantwortlich gemacht, da die bei ihnen inserierten Wohnungen dem regulären Mietmarkt entzogen seien. Die wohnungsbaupolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Iris Spranger, kündigte eine Überprüfung im Bauausschuss noch vor der Sommerpause an: „Die Bezirksämter haben mehr Personal zur Kontrolle von Ferienwohnungen bekommen. Jetzt müssen wir sehen, ob dieses zusätzliche Personal auch ausreicht.“

Die Untersuchungen des Tagesspiegels beziehen sich auf die Anbieter kompletter Wohnungen, die ihre Unterkünfte mehrfach im Jahr zur Miete anbieten – ein Indiz für eine gewerbliche Nutzung. Im Rahmen der Auswertung der auf der Airbnb-Website frei verfügbaren Daten zeigte sich, dass aktuell knapp 5150 Personen regelmäßig ganze Appartements zur Miete anbieten, im Durchschnitt in fast sieben Monaten pro Jahr. Das sind rund 650 Personen mehr als noch vor einem Dreivierteljahr. Ein Unternehmenssprecher sagte dagegen, dass es sich bei der „überwiegenden Mehrheit“ der Airbnb-Gastgeber um Privatpersonen handele, die sich mit der Vermietung „ein Taschengeld“ dazuverdienen. Er stellte die Ergebnisse der Untersuchung in Frage, da nicht davon auszugehen sei, dass die einzelnen Anbieter ihre Buchungskalender regelmäßig aktualisieren würden.

Die Zahl der Ferienwohnungen ist unklar

In Berlin offeriert Airbnb nach Unternehmensangaben derzeit knapp 14 000 Angebote – von der Couch im Wohnzimmer bis hin zu kompletten Wohnungen. Damit ist Airbnb einer der größten Vermittler privater Unterkünfte. Weitere Anbieter wie Wimdu oder 9flats liegen mit knapp 2300 beziehungsweise rund 1500 in Berlin angebotenen Unterkünften deutlich unterhalb des Angebotes von Airbnb. Zur Verbesserung ihrer Reichweite inserieren Vermieter ihre Unterkünfte in vielen Fällen auf mehreren Internetportalen.

Wie viele Ferienwohnungen insgesamt in Berlin betrieben werden, ist unklar. Der Berliner Senat geht von etwa 12 000 Wohnungen aus – und will dieser Entwicklung mit dem Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum entgegentreten. Nur wer seine Ferienwohnung im vergangenen Jahr bis zum 31. Juli bei den Bezirksämtern meldete, hatte Anspruch auf eine befristete Übergangsgenehmigung bis zum 30. April 2016. Tatsächlich jedoch wurden nur knapp 6200 Unterkünfte freiwillig bei den Behörden gemeldet, was zwei Gründe haben könnte: Entweder die Schätzungen des Senates waren zu hoch angesetzt. Oder aber es gibt eine Dunkelziffer von mehreren tausend nicht legal betriebenen Ferienwohnungen in der Stadt. So belegen die dem Tagesspiegel vorliegenden Zahlen, dass sich in der bei Touristen beliebten Neuköllner Sonnenallee das Angebot an Ferienwohnungen im letzten Dreivierteljahr auf nun mehr als 200 Wohnungen fast verdoppelt hat.

Knapp 12 Millionen Touristen in einem Jahr

Der Besucherstrom nach Berlin ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen. 2014 kamen nach Angaben der Senatsverwaltung für Wirtschaft knapp zwölf Millionen Touristen nach Berlin, die Zahl der Übernachtungen stieg auf über 28 Millionen – fast acht Millionen mehr als noch vor fünf Jahren.

Laut Christian Tänzler, dem Sprecher der Tourismusgesellschaft „Visit Berlin“, ist es in den vergangenen Jahren bei den Ferienwohnungen zu einem „Wildwuchs“ gekommen: Es sei ein Ausmaß entstanden, das nicht sinnvoll sein könne. „Die Innenstadt von Berlin darf nicht ,entmietet‘ werden, denn Berlin ist nur dann ein Tourismusmagnet, wenn es authentisch bleibt.“ Visit Berlin begrüße das Verbot zur Zweckentfremdung von Wohnraum.

Noch mehr zu Airbnb, dem Mietmarkt und denen, die vertrieben werden: Unser großes Multimedia-Dossier haeuserkampf.tagesspiegel.de/

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