Champions League in Berlin: Nach dem Spiel ist... ...endlich Pause!
Zum Abschluss einer laaaangen Fußballsaison feierten Hunderttausende Berlins Champions-League-Finale. Jetzt ist aber auch mal gut, findet unser Kolumnist.
Was für ein Spektakel! Erst das aufregende Bundesliga-Abstiegs-Finale, in dem Berlin eine überraschende Hauptrolle spielte! Beinahe jedenfalls. Und dann ging es richtig los. DFB-Pokalfinale! Champions-League-Finale! In den vergangenen Wochen war die Hauptstadt Nabel der Fußball-Welt. Okay, nicht unbedingt in aktiver Hinsicht, sondern eher in logistischer. Wir stellten eine unserer Wettkampfstätten zur Verfügung, unsere Stadt. Aber immerhin. Sehen wir das Positive: Man traut uns also noch zu, Großprojekte zu realisieren.
Ist ja auch was. Voriges Jahr fand das Champions-League-Finale in Lissabon statt. Da traf Atletico Madrid auf Real Madrid. Zwei Mannschaften aus ein und derselben Stadt! Ich fürchte, das wird wohl noch ein wenig dauern. Bis wir mal zum Champions-League-Finale nach Madrid fliegen. Um Hertha gegen Union zu sehen. Egal.
Jetzt wo Neymar, Messi, Pirlo, Buffon und all die anderen ihre Sachen gepackt haben und mit ihnen tausende von begeisterten Fans, bekommt der durchschnittliche Berliner Fußballnerd seinen Sommerblues.
Kein Fußball, nirgends. Nicht mal Pal Dardai und seine wackeren Mannen drehen ihre Runden durch den Grunewald. Und jetzt? Was sollen wir denn jetzt machen? Juni? Juli? August? Viele Tage und lange Nächte? Ohne Punkte, Trophäen und Elfmeterschießen?
Unfassbar! Die Fifa?! Korrupt?!
Ich muss sagen, da kam mir eine Meldung ganz zupass. Und zwar die Meldung, dass die Fifa korrupt sei. Kam ja wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Unfassbar! Die FIFA?! Korrupt?! Damit hatte nun wirklich keiner gerechnet. Ein paar Experten vielleicht. Die schon lange meinten, Joseph Blatter sei für die FIFA das, was Kim Jong Un für Nordkorea ist. Diese Einschätzung finde ich hilfreich. Das hilft dem Suchtgefährdeten beim komplizierten Entwöhnungsprozess, wenn man weiß, dass eh alle korrupt sind.
Nein, jetzt kommt der Sommer und dann kann man endlich mal abschalten, von diesem ganzen bekloppten Fußballstress. Irgendwann ist nämlich auch mal gut. Wer sagt denn eigentlich, dass man jeden Sonnabendnachmittag diese korrupten Spiele gucken muss? Muss man doch gar nicht! Man kann doch zum Beispiel auch... ja... was ganz anderes machen. Es gibt hunderte kulturelle Angebote. Ehrlich: Wann waren Sie das letzte Mal im BE? Im Gropius Bau? Oder im experimentellen Tanztheater? Da reisen die Leute um den halben Erdball, um das hier zu erleben. Die Veranstaltungskalender sind voll, gucken Sie mal rein. Museen, Galerien, Rassekatzenausstellung. Gibt so vieles, was man machen kann.
Deswegen, ich habe mir das diesen Sommer fest vorgenommen. Ich werde wirklich nur mal ganz kurz rein zappen, was bei der WM der Fußballerinnen in Kanada so los ist. Aber wirklich nur kurz. Und vielleicht noch bei der U21-Europameisterschaft in Tschechien. Da sollen ja großartige Talente dabei sein. Und irgendwann geht dann die Bundesliga wieder los. Ich glaube, in 68 Tagen.
Frank Lüdecke, 54, ist Kabarettist und Autor. Im Sportteil dieser Zeitung schreibt er während der Bundesliga-Saison wöchentlich seine Kolumne „Auslaufen mit Lüdecke“.
Frank Lüdecke