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Demo gegen Immobilienhaie im Oktober.
© Robert Klages

Protest gegen Verdrängung: "Berlin benötigt keine weiteren Touristen-Hotspots"

Häuser, Jugendclubs, ein Schiff – einige Räume in Berlin sind von Aktivisten besetzt. Und von der Verdrängung bedroht. Dagegen wird am Samstag demonstriert.

„Wir kündigen an, uns erhoben zu haben und machen es sichtbar“ – so steht es auf einem Flyer, der eine Demonstration „gegen den Ausverkauf der Stadt“ angekündigt. „Es geht um unsere Heimat, und das ist Berlin“, sagt eine Mitinitiatorin. Die soziale Ausgrenzung, Zwangsräumungen sozialer Projekte und der Verkauf von landeseigenen Grundstücken an private Investoren würden zur Verdrängung der eigentlichen Bewohner führen. „Berlin benötigt keine weiteren Touristen-Hotspots, sondern ganz klar bezahlbaren Mietwohnraum und eine passende Infrastruktur.“

Die Veranstaltung soll am Samstag um 11 Uhr an der Max-Taut-Aula in Lichtenberg starten. Denn dort hatte der Bezirk für diesen Tag eigentlich eine Infoveranstaltung zum Bebauungsplan der Rummelsburger Bucht/ Ostkreuz angekündigt – jedoch wieder abgesagt. Offiziell aus terminlichen Gründen, auf Nachfrage möchte das Bezirksamt nicht mehr dazu sagen. Ein neuer Termin wurde noch nicht genannt. „Offenbar hat die Bezirkspolitik keinen Bock, sich den Fragen der Öffentlichkeit zu stellen“, schließen die Demo-Veranstalter.

Der angekündigte Bau von „Coral World“, einem Erlebnisort überwiegend für Touristen, steht in der Kritik. Bebauungsgegner fordern sozialen Wohnraum anstelle des neuen „Aquariums“. Eigentlich wollten die Bezirkspolitiker in Lichtenberg schon lange darüber abgestimmt haben, doch der Termin wird immer wieder verschoben – an dem Bebauungsplan müsse noch nachgearbeitet werden, heißt es.

Bereits im Oktober hatte es eine Demonstration mit bis zu 2000 Teilnehmern gegeben, als in der Max-Taut-Aula über die Bebauung diskutiert werden sollte. Die zunächst angekündigte Abstimmung wurde jedoch erneut von der Tagesordnung genommen und die Aula abgeriegelt, keine Demonstranten durften hinein. Diese tanzten und skandierten dann von außen. Eigentlich war es eine öffentliche Veranstaltung, aufgrund der angekündigten Demo hatte der Hausherr der Aula jedoch eine begrenzte Platzzahl (65) ausgesprochen. Reingelassen wurde der Veranstalter der Demo, Florian Hackenberger. Er übergab eine Liste mit 5000 Unterschriften gegen die Bebauung.

Verdrängung auch auf dem RAW-Gelände

Nun also Runde zwei. Da die Infoveranstaltung abgesagt wurde, hat Hackenberger sich überlegt, die Demo auszudehnen. Von der Aula geht es zur Stralauer Allee bis zur Warschauer Brücke. Die Demonstration richtet sich auch gegen die Veränderungen auf dem RAW-Gelände. Mehr als 20 bedrohte Projekte aus ganz Berlin haben sich der Demo-Initiative angeschlossen.

Neben den besetzten Häusern in der Liebigstraße 34 und der Rigaer Straße 94 unterstützt auch das „Syndikat Neukölln“ die Demo. Die Kiezkneipe hätte bis Ende 2018 nach 33 Jahren eigentlich schließen müssen, verweigerte jedoch die Schlüsselübergabe. Ebenso das Jugendzentrum Potse in Schöneberg. Auch hier hatte es Ende des Jahres Demonstrationen und eine geplatzte Schlüsselübergabe gegeben. Solange es keinen adäquaten Ersatz gibt, will man dortbleiben.

Roma-Lager an der Bucht aufgelöst

Gerüchten zufolge möchte rent24 die Räume der selbstverwalteten Jugendeinrichtung übernehmen. Mitte Dezember wurde das Büro der Firma großflächig mit Farbe beschmiert. Ebenso das Büro einer Hausverwaltungsfirma in Lichtenberg, die zur Padovicz-Unternehmensgruppe gehört. Diese möchte gerne auf der Fläche am Rummelsburger See bauen. Sie ist ebenfalls Eigentümer des Gebäudes in dem sich das Hausprojekt Liebig34 befindet.

Das verlassene Lager der Roma an der Rummelsburger Bucht am Mittwoch.
Das verlassene Lager der Roma an der Rummelsburger Bucht am Mittwoch.
© Robert Klages

Rund 25 Obdachlose campieren derzeit noch in Seenähe. Viele andere haben den Ort bereits verlassen. Das letzte kleine Lager soll zunächst bis Ende April bleiben dürfen. Streetworker der Stadt sind vor Ort, Toiletten und Müllcontainer sollen aufgestellt werden. Einige Obdachlose habe man anderweitig unterbringen können, so der Senat. Andere sind gegangen. Ein Roma-Lager wurde vollständig aufgelöst.

Am Mittwoch war eine Aufräumfirma im Auftrag des Senats vor Ort. Die Lager-Reste werden vernichtet, Gestrüpp entfernt und verbrannt. Die Roma seien mit der Zeit gegangen, berichtet einer der verbliebenen Obdachlosen. Ihnen sei aber auch immer wieder gesagt worden, dass sie gehen müssen. Von einer anderen Wiese dahinter wurden die Obdachlosen sukzessive vertrieben und überredet, die Wiese zu verlassen. Dieses Gebiet wurde ebenfalls gesäubert, gemäht und eingezäunt. Auch Bäume wurden entfernt, angeblich verlassene Behausungen abgerissen. Hier soll gebaut werden, unter anderem „Coral World“.

Büro mit Farbe beworfen

In der Nacht zu Donnerstag wurde das Büro der "Interessengemeinschaft Eigentümer der Rummelsburger Bucht" mit Farbe beworfen. Laut Geschäftsführer Ottfried Franke wurden auch Scheiben zerstört. Die Polizei war am Donnerstag vor Ort und ermittelt. In einem Bekennerschreiben, das an die Außenwand des Büros geklebt wurde, heißt es, Franke habe von "favelahaften Zuständen" an der Bucht gesprochen. Die Interessengemeinschaft gebe den Immobiliengruppen eine Stimme in der Öffentlichkeit.

"Die Treiber der Gentrifizierung von ihren Taten reinzuwaschen, ist das Geschäftsmodell". Franke sagte, er halte dies nicht für die richtige Art des Kommunikationsaustausches. Der Bezirk müsse stärker vermitteln. Von der Umzäunung und Freischaffung des Gebietes an der Bucht am Mittwoch habe er nichts gewusst. Lichtenbergs Bezirksbürgermeister Michael Grunst (Linke) verurteile die "Gewalttat" auf das Büro. "Wer Gewalt gegen Menschen oder Sachen in den politischen Diskurs trägt, der diskreditiert sich selbst."

Giftige Gase vom Seegrund

Auf der anderen Seite, am Westufer, wird gerade der See saniert. Jahrelang flossen Industrieabwässer hinein. Die Fabriken sind weg – an ihrer Stelle wurden Wohnungen errichtet. Wie man die vergifteten Sedimente aus dem Seegrund herausbekommen kann, untersucht der Senat derzeit. Das Testfeld ist direkt neben dem Freibeuter. Das ehemalige Jugendschiff ist derzeit besetzt und sollte bis Ende des Jahres eigentlich geräumt sein - auch wegen der giftigen Gase, die durch die Arbeiten freigesetzt werden. Ein vorgehaltener Grund, finden die Besetzer. Vor allem, da der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg angekündigt hat, das Schiff tagsüber für Obdachlose öffnen zu wollen, wenn die Besetzer von Bord sind. Später soll das Schiff verkauft und dort eine Aussichtsplattform entstehen. Am Samstag soll es Solikonzerte für den Freibeuter geben. Eine Räumung sei rechtswidrig, sagen die Besetzer, denn zwei Parteien verfügen über Mietverträge.

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