Flughafen Berlin-Brandenburg: BER-Chef verzweifelt gesucht
Wer kann am BER übernehmen? Bei einem Spitzentreffen am Freitag gab es zwar keine Einigung, aber immerhin etwas Bewegung. Viel Zeit bleibt nicht mehr.
Nun wird verhandelt: Berlins Regierender und BER-Aufsichtsratschef Michael Müller (SPD), Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) haben am Freitag bei einem Spitzentreffen der Flughafen-Anteilseigner keine Einigung erzielt, wer die Flughafengesellschaft Berlins, Brandenburgs und des Bundes (FBB) künftig führen und den neuen Flughafen endlich eröffnungsfähig machen soll. Doch es gibt in der schweren Führungskrise um den BER neue Bewegung, auf beiden Seiten.
Müller und der Bund versuchen mit Hochdruck, einen Nachfolger aus der Wirtschaft für Flughafenchef Karsten Mühlenfeld zu gewinnen, an dessen Ablösung Berlin und der Bund festhalten. Ein Favorit, bei dem sondiert wird, ist wie berichtet offenbar Michael Clausecker, der frühere Deutschland-Chef von Bombardier, jetzt Vorstandschef der Rheinbahn. Als früherer Präsident des Verbandes der Bahnindustrie gilt Clausecker als geübt im Umgang mit der Politik. Bei der Mehdorn-Nachfolge war er im Kopf-an-Kopf- Rennen mit Mühlenfeld – und der Favorit Berlins. Weitere Namen sind Thomas Weyer, jetzt Chef am Münchner Flughafen, und Michael Garvens, Chef des Flughafens Köln-Bonn.
Brandenburg stellt sich darauf ein, dass Mühlenfeld nicht zu halten ist
Gelingt die Suche nach einem Nachfolger, fiele ein Argument der Brandenburger weg, die an Mühlenfeld festhalten: Bei der Mittwochnacht ergebnislos abgebrochenen und auf Montag vertagten Sondersitzung des Aufsichtsrates hatten Brandenburgs Vertreter betont, dass sie einer Ablösung Mühlenfeld ohne jede Nachfolgeperspektive erst Recht nicht zustimmen werden. Allerdings stellt sich Brandenburg dem Vernehmen nach darauf ein, dass Mühlenfeld nicht zu halten ist, da die Mehrheit im Aufsichtsrat mit den Stimmen von Berlin, Bund und Arbeitnehmern steht.
Für Brandenburg sind folgende Faktoren maßgeblich: Es müsse sofort eine richtige Managerlösung geben, also ohne Übergangszeit, heißt es. Am Mittwoch hatten Brandenburgs Vertreter den Berliner Vorschlag strikt abgelehnt, Müllers Flughafenkoordinator Engelbert Lütke Daldrup zum Interimsgeschäftsführer zu machen, bis ein regulärer neuer Chef gefunden ist. Es gibt aber Signale, dass Brandenburg hier womöglich einlenkt, und Lütke Daldrup womöglich sogar als Flughafenchef akzeptieren könnte. Das wäre eine klare Überraschung.
Dies wiederum würde automatisch dazu führen, dass Müller – schon aus Compliance-Gründen – sich aus dem Aufsichtsrat zurückziehen würde, und damit dann auch die Senatoren Klaus Lederer (Linke) und Dirk Behrendt (Grüne).
Es bleibt nicht viel Zeit zur Einigung
In diesem Szenario würde Brandenburgs Flughafenkoordinator Rainer Bretschneider, derzeit zweiter Aufsichtsratsvize, Chef des Kontrollgremiums. Und es würde die Forderung Brandenburgs und seines Rechnungshofes erfüllt, dass sich Politiker aus dem Aufsichtsrat des Großprojektes zurückziehen. Auch der Bund der Steuerzahler forderte Müller jetzt auf, sich aus dem Aufsichtsrat zurückzuziehen, was er – für den Fall eines Verbleibs von Mühlenfeld – angedroht hatte. Zudem dürfte Brandenburg den Vorsitz des Aufsichtsrates reklamieren, wenn jetzt der BER-Chefposten – egal, mit wem – auf Vorschlag Berlins neu besetzt wird.
Als Mühlenfeld als Woidke-Favorit 2015 Flughafenchef wurde, war der Aufsichtsratsvorsitz auch nach Berlin gewechselt. Dieses Junktim der beiden Posten, das das Verhältnis der beiden Haupteigner austariert, ist allerdings nirgendwo fixiert. Es berücksichtigt auch nicht, dass die Arbeitnehmer nun die Hälfte der Aufsichtsratssitze stellen. Viel Zeit bleibt nicht mehr für eine Einigung, auch aus anderen Gründen.
Es gebe eine Verantwortung, „jeden Tag Mitarbeiter für die Arbeit am Flughafen und die Fertigstellung des BER zu motivieren“, mahnt etwa Matthias von Randow, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Luftverkehrswirtschaft (BDL). „Dazu brauchen Geschäftsführer und Mitarbeiter die volle Unterstützung der Aufsichtsgremien. Die derzeitige Hängepartie im Aufsichtsrat ist dabei total kontraproduktiv.“