Debatte um Nachfolger für Hartmut Mehdorn: Heute ein neuer BER-Chef? Müller: "Abwarten"
Michael Müller und Dietmar Woidke beraten am Freitagmorgen über den Nachfolger für Hartmut Mehdorn. Dem früheren Rolls-Royce-Manager Karsten Mühlenfeld werden gute Chancen eingeräumt. Der Bund will die Entscheidung dagegen vertagen.
Der künftige Hauptstadtflughafen soll zügig einen neuen Chefmanager erhalten. Berlin und Brandenburg pochen darauf, dass auf der Sondersitzung des Flughafenaufsichtsrates am heutigen Freitag ein Nachfolger für den scheidenden Flughafenchef Hartmut Mehdorn bestellt wird. Die Vorbereitung für die Sitzung haben schon begonnen - nicht in Schönefeld, sondern in der DGB-Zentrale in Berlin. Dort haben sich am Freitagmorgen Berlins Regierender Michael Müller und sein Brandenburger Amtskollege Dietmar Woidke (beide SPD) zu einer internen Beratung zurückgezogen, um die Marschroute für die Aufsichtsratssitzung abzustimmen. Nach dem 40-minütigen Spitzentreffen ließen weder Woidke noch Müller durchblicken, wen sie durchsetzen wollen.
Zwar versuchte der Bund auch am Freitagmorgen für eine Vertagung der Personalie zu werben. Dem hielt Woidke entgegen: "Weitere Verzögerungen schaden dem Projekt. Es ist klug, Entscheidungen zu treffen, die getroffen werden können." Noch sehe er eine Chance auf eine gemeinsame Entscheidung. Auf die Frage, ob es inzwischen Bewegung bei Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) gebe, reagierte Müller zurückhaltend: "Wir bewegen uns immer, bei den anderen weiß man das nicht so genau." Nächste Frage: Bekommt der Flughafen heute einen neuen Chef? Müller: "Abwarten, bald wissen wir mehr!"
Vieles deutet auf Mühlenfeld als BER-Chef hin
Entschieden wird noch zwischen zwei Kandidaten: der frühere Rolls-Royce-Manager Karsten Mühlenfeld und Michael Clausecker, der frühere Deutschlandchef von Bombardier. Wer es wird, blieb am Donnerstag offen. Nach Tagesspiegel-Informationen sind Mühlenfeld und Clausecker kurzfristig in den Aufsichtsrat eingeladen worden, um sich dort persönlich zu präsentieren. Es verdichteten sich Signale, dass sich Berlin, Brandenburg und der Bund auf Mühlenfeld einigen könnten und so Handlungsfähigkeit der drei Gesellschafter demonstrieren könnten. Clausecker wird vom Bund abgelehnt.
Bis Donnerstagabend gab es noch immer keine Einigung mit Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). Der drängt seit einer Woche auf eine Verschiebung und eine weitere Suche, was Berlin und Brandenburg ablehnen. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) hat bereits öffentlich bekräftigt, dass beide Länder seit Januar „entscheidungsbereit“ seien. Es wurde gemunkelt, Dobrindt zögere die Entscheidung heraus um seinen Staatssekretär Rainer Bomba (CDU) als Flughafenchef durchzusetzen.
Mehdorn, der im Dezember seinen vorzeitigen Rückzug spätestens bis Ende Juni 2015 angekündigt hatte, ist seit zwei Jahren Krisenmanager des Projekts BER, dessen Eröffnung mehrfach verschoben wurde. Im Dezember hatten sich Woidke, Müller und Dobrindt geeinigt, bis Mitte Januar jeweils Kandidatenvorschläge zu machen. Beim Treffen am 16. Januar im Roten Rathaus lagen allein Brandenburger Vorschläge vor, nämlich Mühlenfeld, Clausecker und der Kölner Flughafenchef Michael Garvens. Der war jedoch für Berlin inakzeptabel, weil er 2006 nach dem Zuschlag für den Posten kurzfristig wieder absprang.
Mühlenfeld und Clausecker sind als Manager anerkannt. Unter Mühlenfelds Regie war das Rolls-Royce-Werk in Dahlewitz südlich von Berlin, in dem Flugzeugturbinen hergestellt werden, in wenigen Jahren zu einem Großstandort mit 2500 Mitarbeitern aus 50 Ländern ausgebaut worden. Clausecker hat auch als früherer Präsident des deutschen und europäischen Bahnindustrieverbandes Erfahrungen im Umgang mit der Politik, die der Mehdorn-Nachfolger braucht.
Die Wirtschaft reagiert mit Unverständnis
Auch die Wirtschaft reagiert inzwischen mit Unverständnis auf die Versuche des Bundes, die Personalie zu verzögern. Eine „zügige Nachfolge“ sei wichtig, damit der Flughafen „Klarheit hat, wie es weitergeht“, sagte Christian Amsinck, Hauptgeschäftsführer der Unternehmerverbände Berlin-Brandenburg (UVB), dem Tagesspiegel. „Die Uhr läuft.“ Es sei wichtig, dass der Zeitplan eingehalten wird, den Flughafen 2017 zu eröffnen. Mühlenfeld und Clausecker seien „beide qualifizierte Manager, beide geeignet für diese Aufgabe.“
Weitere vergleichbare Namen seien nicht bekannt, „dann sollte man sich jetzt entscheiden“.
Wie berichtet lehnen Bundesverkehrsministerium und Bundesfinanzministerium Clausecker ab. Mühlenfeld dagegen hat, als der Vorschlag vom Bund unter die Lupe genommen wurde, dem Vernehmen nach auch dort eine gute Figur gemacht. Er arbeitet seit 1. Februar als Entwicklungschef beim Zughersteller Bombardier in Hennigsdorf für Zentral- und Osteuropa. In seinem Vertrag, so heißt es, soll es aber ein kurzfristiges Kündigungsrecht für beide Seiten geben.
Im fünfzehnköpfigen Aufsichtsrat haben Berlin und Brandenburg als Mehrheitseigner mit acht Mandaten die Mehrheit. Der Bund hat zwei Mandate, die Arbeitnehmervertreter haben fünf. Die Entscheidung wird nun vielleicht auch davon abhängen, wie sich Mühlenfeld und Clausecker präsentieren.
Thorsten Metzner