Berlin-Friedrichshain: Baustadtrat Schmidt will Polizei-Großeinsatz in Rigaer 94 verhindern
Am 11. März soll die Polizei bei den Linksextremen zum Schutz eines Brandschutzexperten anrücken. Baustadtrat Schmidt wittert eine Finte des Eigentümers.
Der Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Florian Schmidt (Grüne), will einen für 11. und 12. März geplanten größeren Polizeieinsatz im teilbesetzten Haus in der Rigaer Straße 94 verhindern.
Statt Vertreter der Eigentümerfirma der Immobilie und einen von ihr beauftragten Sachverständigen den Brandschutz im Haus prüfen zu lassen, beabsichtigt Schmidt nun, das Bezirksamt selbst damit zu betrauen. Das sagte Schmidt am Sonntag dem Tagesspiegel.
Damit rückt der Stadtrat von der Anordnung ab, die er der britischen Eigentümerfirma im Dezember 2020 erteilt hatte. Demnach sollte der Eigentümer das Haus auf Brandschutzmängel prüfen und diese beheben, damit „die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben und Gesundheit nicht gefährdet werden“.
Es geht um illegale Wanddurchbrüche, Falltüren, fehlerhafte Stromleitungen, Tore und Brandbeschleuniger. Das Bezirksamt wusste seit 2016 von Mängeln, lehnte ein Einschreiten ab, gab dann aber auf Druck der Innenverwaltung nach.
Auch die Gerichte haben jüngst einen neuen Weg eingeschlagen: Demnach sind die zuvor von allen Behörden bezweifelten Vertretungsrechte der Anwälte ausreichend. Das Verwaltungsgericht verpflichtete die Polizei dazu, den Eigentümer bei der Begehung der Rigaer 94 zu schützen, wenn dieser die Anordnung des Bezirks umsetzt.
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Vor einigen Tagen sind die Bewohner des Hauses nach Tagesspiegel-Informationen darüber informiert worden, dass der Brandschutzprüfer am 11. und 12. März kommt. Auf diesen Termin haben sich Eigentümer, Senatsinnenverwaltung und Polizei geeinigt. Ein größerer Polizeieinsatz ist geplant. Das Haus gilt als Hotspot der linksextremistischen Szene. Die droht nun mit Gewalt-Aktionen.
Schmidt nannte das Vorgehen von Polizei und Eigentümer unverständlich. Das Bezirksamt habe „die Terminsetzung mit Verwunderung zur Kenntnis genommen, da die Abstimmung zwischen Bezirk, Senat und Eigentümer noch nicht abgeschlossen ist“, sagte Schmidt.
Die Bewohner seien über den Termin informiert worden, obwohl das Bezirksamt auf laufende rechtliche Prüfungen hingewiesen habe. Demnach sei es möglich, dass statt der angeordneten Begehung durch Eigentümer und dessen Gutachter der Bezirk „selbst die Brandschutzprüfung durchführt“.
Das Bezirksamt habe sich zu dieser Überlegung durch das Vorgehen des Eigentümers veranlasst gesehen. Schmidt warf dem Eigentümer vor, die Brandschutzprüfung für Maßnahmen nutzen zu wollen, „die nicht den Brandschutz betreffen“.
Die Brandschutzaffäre in der Rigaer 94
- Seit Februar 2016 wusste die Spitze des Bezirksamts von den Brandschutzproblemen
- Innensenator Geisel prüfte seit März 2020, ob das Bezirksamt seiner Pflicht zur Gefahrenabwehr nachgekommen ist.
- Im Herbst 2020 widersprach die oberste Landes-Bauaufsicht den Hinhaltemanövern von Herrmann und Schmidt.
- Die ganze Story: Chronik eines Rechtsbruchs – so schützte Florian Schmidt die Autonomen in der Rigaer 94.
- Schmidt gibt nach und verpflichtet Eigentümer: Doch Geisel will den Bezirk losschicken.
- Bezirk sieht Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung – doch die Polizei will nichts tun.
- Justiz bringt die Wende – Gerichte erkennen den Eigentümer an.
Eine „Instrumentalisierung des Brandschutzes“ berge Eskalationspotenzial und die Gefahr, dass die Bewohner rechtliche Schritte einlegen und sich damit das Beheben „der Brandschutzmängel erneut verzögert“. Eine Begehung durch die Bauaufsicht „könnte ohne aufwändigen Polizeieinsatz stattfinden“, sagte Schmidt.
Die Behörde könnte dann effizient gleich im Haus die Beseitigung festgestellter Mängel anordnen. Er habe dieses Vorgehen auch dem Senat als Dienstaufsicht vorgeschlagen, sagte Schmidt.
[Tür-Klau im Berliner Besetzerkiez? :Das Geheimnis um die Haustür in der Rigaer Straße 94 – weiterlesen bei Tagesspiegel Plus ]
Damit zwingt der Stadtrat auch die rot-rot-grüne Koalition zu einem Bekenntnis. Rechtlich könnte sogar ein Senatsbeschluss nötig sein. Gerade für die Grünen wäre das heikel, schließlich geht es um einen ihrer prominentesten Bezirkspolitiker.
Wenn der Senat Schmidts Plan ablehnt, will der Stadtrat nur für die Kneipe „Kadterschmiede“ und eine Wohnung anordnen, dass die Nutzer den Gutachter dulden müssen. Der Eigentümer dagegen will alle Wohnungen prüfen.
Die linksextremistische Szene droht mit Gewalt. Zu erwarten sei ein „Invasionsversuch (...) mit geplanter Belagerung“ durch die Polizei, darauf gebe es nur eine Antwort: „Widerstand auf der Straße“.
Der „Brandschutz“ sei nur vorgeschoben beim „Wunsch, das Haus zu vernichten und dem antikapitalistischen Widerstand in Berlin zu schwächen“. Sie Szene ruft alle auf, „sich auf den Tag X vorzubereiten“.
„Dieser ist bei uns erneut jederzeit zu erwarten. Auf dass sich die Bullen an unseren Trümmern verschlucken.“ Man verspreche „allen Parteien und anderen Interessenten: Wenn wir untergehen, wird es keine Sieger geben“.