Russen investieren am Alexanderplatz: Bald geht's los mit dem höchsten Wohnhaus Berlins
Manchen dürfte es freuen: Der Blick aufs Alexa wird bald von einem Hochhaus verstellt. Im Juni soll der Bauantrag für den Wohnturm eingereicht werden
Schlafen und Essen mit Fernblick: Der internationale Trend zu Wohntürmen hat in Deutschland zunächst die Bankenstadt Frankfurt am Main erfasst. Für den höchsten Wohnturm der Republik, den luxuriösen „Grand Tower“, haben die ersten Arbeiten in der Main-Metropole begonnen. Mindestens 172 Meter hoch soll er werden, der Quadratmeter kostet bis zu 19.000 Euro. Berlin wird dem aber kaum nachstehen: Am Alexanderplatz sollen nach Informationen dieser Zeitung noch in diesem Jahr die Bauarbeiten für den höchsten Wohnturm in der Hauptstadt beginnen – den 150 Meter hohen „Alexander“ der russischen Projektentwicklergruppe „Monarch“.
Im Jahr 2019 soll das Gebäude fertig sein
Der Bauantrag soll im Juni eingereicht werden; 2019 soll alles fertig sein. 350 Apartments sind geplant, die kleinsten Einheiten um die 30 Quadratmeter klein, die größten um die 300 Quadratmeter groß. Der Wolkenkratzer soll kein Bürohochhaus werden, wie ursprünglich geplant. Deshalb wird den Anträgen an die Behörden derzeit eine Wohnnutzung eingeschrieben. Bauvorbescheide für das Hochhaus liegen nach Angaben der Projektentwickler bereits seit Längerem vor. Das Entwicklungsvolumen liegt bei 250 Millionen Euro.
Berlins „Capital Tower“, der von der Berliner Wohnbau Consult GmbH (Bewocon) exklusiv vermarktet wird, soll 39 Geschosse haben, davon vier unter der Erde. Es wird das zweithöchste Wohnhochhaus in Deutschland, nach dem Frankfurter „Grand Tower“. Hier soll es nicht nur tagsüber lebhaft zugehen. „Der Alexanderplatz ist zu schade, wenn er nur zum Shoppen oder zum Umsteigen genutzt wird“, sagt Bewocon-Gründer und Geschäftsführer Karl Zeller. Das Thema Wohnen gehöre auch zum Alexanderplatz. Bis zu 17 Wohnungen werden pro Etage in den Turm eingebaut. Die Pläne der Architekten Ortner & Ortner Baukunst, die für das zunächst vorgesehene Bürohochhaus glatte Fassaden gezeichnet hatten, sollen noch einmal überarbeitet werden. „Es wird kleine Erker geben“, sagte Zeller dem Tagesspiegel.
Investor aus Hongkong plant Aparments
Zehn Etagen sind bereits einem Investor aus Hongkong zugesprochen, der hier möblierte Serviced Apartments einrichten möchte. Die Verträge sind unterschriftsreif. Wenn die Baugenehmigung vorliegt, werden sie unterzeichnet. In abschließenden Gesprächen ist die Bewocon auch mit den Betreibern des unmittelbar benachbarten Einkaufszentrums „Alexa“, der Investmentgesellschaft Union Investment. Sie möchte das Untergeschoss, das Erdgeschoss sowie das erste und zweite Obergeschoss über einen gemeinsamen Eingangsbereich in das fünfgeschossige „Alexa“ integrieren. Auch hier gibt es unterschriftsreife Verträge, die – eine Baugenehmigung vorausgesetzt – im Juni unterzeichnet werden könnten.
Engelbert Lütke Daldrup, Staatssekretär für Bauen und Wohnen in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, bezeichnete den Alexander-Tower auf der Berliner Immobilien Messe als „ein sehr interessantes Projekt. Er wird uns helfen, am Alexanderplatz einen ersten Schritt in Richtung ,mehr Urbanität‘ zu tun“. Die acht oder neun Hochhäuser, die man sich am Alexanderplatz vorstellen könne, „werden in ihrer Gemeinschaft der Stadt eine neue Bedeutung geben“, sagte Lüdke Daldrup am vergangenen Sonnabend. „Der Alexanderplatz wird noch einmal städtebaulich ganz stark akzentuiert. Er wird mehr Lebendigkeit bekommen.“
Frankfurt am Main hat die meisten Wolkenkratzer
Wenn es um Wolkenkratzer geht, trägt in Deutschland noch Frankfurt am Main die Nase am höchsten. Im neuen Henninger Turm (140 Meter) im Stadtteil Sachsenhausen sollen die ersten Mieter Anfang 2017 einziehen. Die Berliner Projekte am Alexanderplatz – zu ihnen gehört auch der von dem amerikanischen Stararchitekten Frank Gehry geplante „Hines-Tower“ mit 300 Luxuswohnungen – hatten zunächst Realisierungsschwierigkeiten. So wird „Alexander“ das erste Leuchtturmprojekt in Mittes Klein-Manhattan. „Insofern ist dieses Projekt ganz wichtig, weil es als erstes an den Start gehen wird“, sagte Lütke Daldrup. „Ich glaube, wenn das Projekt im Bau ist, werden noch andere folgen.“
Nach Einschätzung von Peter Cachola Schmal, dem Leiter des Deutschen Architekturmuseums in Frankfurt, beschränkt sich der Trend zu Wohnhochhäusern nach asiatischem oder nordamerikanischem Vorbild aus einfachen Gründen derzeit noch weitgehend auf die Bankenstadt Frankfurt. „Der Bau von Wohnhochhäusern kostet mehr Geld. Wenn ein Projektentwickler im normalen Preissegment landen würde, dann könnten Wohnhochhäuser auch in anderen Städten mit Platzmangel interessant werden“, sagt Schmal. Begünstigende Faktoren in Frankfurt: Die fünftgrößte deutsche Stadt hat bereits eine Skyline, wächst jedes Jahr um mehr als 15 000 Menschen, und die Fläche – insbesondere der Innenstadt – ist sehr klein.
Der Alexanderplatz könnte mehr Strahlkraft entwickeln
Berlin aber hat mehrere Mitten. Lütke Daldup setzt mit Blick auf die Zukunft auf die Kraft des Faktischen: „Ich glaube, dass die gebaute Realität – das erste Projekt, was gebaut wird – immer der beste Beweis ist, dass es hier funktioniert.“. Mit der neuen Architektur werde der Alexanderplatz auch international wieder an Strahlkraft gewinnen.
Benedikt Hotze vom Bund Deutscher Architekten stellt fest: „Wohnen im Hochhaus heute ist ein Prestigephänomen im hochpreisigen Eigentumswohnungsbau und unterscheidet sich damit ganz grundsätzlich von den Großsiedlungen der 1960er und 70er Jahre.“ Eine Entlastung des angespannten Wohnungsmarktes bringen die Türme aber nicht. „Für eine Luxuswohnung, die zusätzlich auf den Markt kommt, wird kaum bezahlbarer Wohnraum an anderer Stelle frei.“ Dieser müsse vielmehr gebaut werden, sind sich Hotze und Zukunftsforscher Andreas Steinle einig.
Erschwinglicher Wohnraum als Kompensation
Weil „Alexander“ nicht dem Modell der kooperativen Baulandentwicklung folgt, nach der 25 Prozent der Wohnungen gefördert und zu sozial verträglichen Preisen angeboten werden müssen, lässt die Monarchgruppe erschwinglichen Wohnraum am Stadtrand Berlins zur Kompensation entstehen, sagt Zeller: in Spandaus Wasserstadt am Maselakepark und in der Wendenschlossstraße (Köpenick).
„Die Wohntürme definieren das Wohnen neu“, sagt Steinle. „Als ein Rundum-Sorglos-Service wie in einem Luxushotel.“ 24-Stunden-Empfang, Paketannahme, Wäscherei-, Reinigungs- und Parkservice nennt er als Beispiele.
So ähnlich soll es auch im Alexander-Tower werden. Angebote wie Fitnessstudio, Spa, Wellness und Pool mit 25-Meter-Bahn, Sky Lounge, Kino, Residence Lounge, Concierge Service und Privat-Restaurant sollen Gemeinschaftsleben in den Turm bringen. Es wird Elektroautos sowie E-Bikes für die Bewohner geben – und einen hauseigenen Chauffeurservice. Mit einer Stromversorgung aus Erdwärme für die Gemeinschaftsflächen spielt im Tower auch der Umweltgedanke eine Rolle.
Auf 33 Etagen gibt es Wohnungen im neuen Turm
Von den insgesamt 39 Etagen werden nach Angaben von Bewocon-Geschäftsführer Zeller 33 Etagen mit Wohnungen geplant. Der Turm soll „von unten nach oben“ verkauft werden. In der sechsten Etage gehe es in 32 Metern Höhe mit Wohnungen los. Darunter liegen mit dem Untergeschoss sieben Geschosse: vier Geschosse für den Einzelhandel, drei Geschosse für Gewerbe/Büros und Gemeinschaftsflächen. In der dritten Etage des Wohnabschnitts sind Technik- und Gemeinschaftsflächen mit Club-Charakter für die Serviced Apartments vorgesehen.
Die Mieten für die Serviced Apartments werden nach Zellers Angaben mit 25 bis 28 Euro pro Quadratmeter kalkuliert. In der vierten und fünften Etage des Wohnbereichs wird der Fitness- und „Spaßbereich“ sein. Einen kleinen Büroanteil wird es hier ebenso geben wie eine Sonnenterrasse. Im oberen Turmabschnitt werden dann im 25. Stockwerk eine Sky Lounge und eine Veranstaltungsfläche eingerichtet – hier können sich die Besitzer der Luxuswohnungen zurückziehen; der Bereich ist für die allgemeine Öffentlichkeit nicht zugänglich.
Es könnte die teuerste Wohnung Berlins werden
Über die Verkaufspreise will die Bewocon noch mehr von ihren Kunden lernen. Die oberste Etage wird eine Deckenhöhe von 4,65 Meter haben – der Blick reiche fast bis nach Hamburg, sagen die Vermarkter: „Dass dies nicht für 5000 oder 10 000 Euro pro Quadratmeter zu haben ist, dürfte verständlich sein“, sagt Zeller. Man bewege sich in einem Kundensegment, das es in Berlin so noch nicht gebe. Einziger Wermutstropfen: Ein Dachgarten mit Tartanbahn wurde in dieser Höhe nicht genehmigt. So bleibt der ungeschönte Blick auf den Boden der Tatsachen gerichtet. Die Vermarkter wären schon froh, wenn das Ordnungsamt Mitte zu ebener Erde einen Infocontainer zuließe. Dann müssen Anlieger und Passanten mit ihren Fragen nicht gleich in die Luft gehen. (mit dpa)