„Hardenberg“ am Bahnhof Zoo: So soll Berlins größtes Hochhaus aussehen
Berlin plant immer neue Türme – nun soll am Bahnhof Zoo mehr als 200 Meter hoch gebaut werden. Der Bezirk ist skeptisch, der Senat irritiert. Aber der Entwurf von Architekt Christoph Langhof findet viele Fans in der City West.
Berlin will immer höher hinaus. Eine Weile lang schien es, als würde der vom Investor Hines geplante 150-Meter-Wohnturm am Alexanderplatz in Mitte eines der zwei größten Hochhäuser der Stadt – gleichauf mit dem Park-Inn-Hotel am Alex. Dann aber kündigte Ekkehard Streletzki vom Neuköllner Hotel Estrel einen 175 Meter emporragenden „Estrel Tower“ neben der Sonnenallee an. Nun kann sich auch Streletzki nicht mehr sicher sein, dass sein Projekt der Spitzenreiter wird.
Denn am Montag stellten die AG City und Architekt Christoph Langhof ihre Pläne für einen 209 Meter hohen Wolkenkratzer auf dem Charlottenburger Hardenbergplatz am Bahnhof Zoo vor.
Ein Hotel, Büros und Wohnungen
Der 52-stöckige gläserne Turm soll „Hardenberg“ heißen und in der nördlichen Platzmitte nahe dem Eingang zum Zoo entstehen, wo es bisher Parkplätze gibt. Zwölf Etagen sind für ein Hotel mit 230 Zimmern gedacht, 18 für Büros und 17 darüber für etwa 90 Wohnungen. Ganz oben ist eine zweistöckige „Skybar“ mit Aussichtsterrasse geplant.
Auffällig am Entwurf ist neben der Höhe das Konzept eines „vertikalen Gartens“ mit begrünten Terrassen.
Kommt doch noch eine Tiefgarage?
Auch die Idee einer Tiefgarage unter dem Hardenbergplatz lebt wieder auf. Deren Bau hatten das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf und Berlins Stadtentwicklungsverwaltung für gescheitert erklärt, da es an Investoren fehle. Mit dem Hochhaus und dessen vielen Nutzern könne die Tiefgarage aber wirtschaftlich betrieben werden, sagten Vorstandsmitglieder der AG City.
„Das Gebiet schreit nach Hochhäusern“, sagte Langhof. Er hat am nahen Breitscheidplatz bereits den 118-Meter-Turm „Upper West“ entworfen; die Eröffnung mit einem „Motel One“-Hotel als Hauptmieter ist für 2016 geplant. Nebenan hatte 2013 das Luxushotel Waldorf-Astoria im gleich hohen „Zoofenster“ eröffnet.
Zeichen setzen für den Aufschwung
Aber der Turm soll sich nicht nur einreihen in die Hochhauslandschaft der City West, zu der auch das weiße Hutmacher-Haus am Hardenbergplatz mit 15 Etagen gehört. Vielmehr wollen Langhof und der AG-City-Vorsitzende Klaus-Jürgen Meier ein Zeichen für den Aufschwung in der westlichen Innenstadt setzen. Sie sprechen von einem „Solitär“.
Als wichtigstes Ziel nannte der Architekt, dem tristen Hardenbergplatz ein „urbanes Gesicht“ zu geben. Im nördlichen Teil fehle ein gestalterischer Abschluss, der Weg in den Tiergarten wirke „absichtslos“. Trotz einer Grundfläche von rund 1500 Quadratmetern würde das Hochhaus den Durchgang nicht versperren, versicherte Langhof.
Die Bauzeit inklusive eines Bebauungsplanverfahrens schätzt er auf mindestens fünf Jahre – es könne aber auch zehn Jahre dauern.
Investoren sollen Interesse gezeigt haben
An dem Projekt seien „internationale Investoren“ und viele Mieter stark interessiert, sagte AG-City-Vorstand Gottfried Kupsch, ohne Namen zu nennen. Er sieht in dem Vorstoß eine „Bürgerinitiative“.
Für Christian Wiesenhütter, den Vize-Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin, zeigen die Überlegungen, dass „die bisherigen Planungen des Bezirks dem Platz nicht gerecht werden“.
Der Senat schweigt...
Bezirks- und Senatspolitiker wurden von der Vorstellung der Ideen überrascht, Sprecherinnen der Stadtentwicklungsverwaltung zeigten sich verärgert und gaben keine Auskünfte. Nach Angaben der AG City wurden Projektbeschreibungen vormittags an Verantwortliche gesandt, darunter Stadtentwicklungssenator Michael Müller und der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (beide SPD). Doch aus der Senatskanzlei hieß es: „Das werden wir nicht spontan kommentieren.“
...und der Baustadtrat bleibt skeptisch
Das tat dafür der Charlottenburg-Wilmersdorfer Baustadtrat Marc Schulte (SPD): „Ich bin sehr skeptisch.“ Langhofs Entwurf mache den Hardenbergplatz zum „Hochhausvorplatz“. Die Architektur orientiere sich nicht an der Umgebung mit vielen Baudenkmälern, sie wirke wie ein „gewolltes Wahrzeichen ohne historischen Bezug“. Die westliche Innenstadt habe genug Wahrzeichen. Außerdem werde „das Tor zum Tiergarten eher geschlossen als geöffnet“.
Jahrelange Diskussionen
Seit langem planen der Bezirk und der Senat eine Neugestaltung des Platzes. Bisher geschah allerdings nichts. Bald will man den Sieger eines Wettbewerbs küren, der Entwurf soll noch in diesem Jahr mit Bürgern diskutiert werden.
Laut AG City haben sich Anrainer des Hardenbergplatzes einverstanden bis begeistert über die Hochhausidee gezeigt. Dafür gab es zunächst keine Bestätigung. Die Deutsche Bahn beantwortete eine Nachfrage nicht, während der Zoo mitteilte, man sei „offen für alles“ und warte die Entwicklung ab.
Eine ausführliche Projektbeschreibung des Architekten gibt es unter www.langhof.com/hardenberg
- Der Artikel erscheint auf dem Ku'damm-Blog, dem Online-Magazin für die westliche Innenstadt.
Cay Dobberke