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Auch in der Staatsoper Unter den Linden bleiben die Ränge wegen des Coronavirus leer.
© imago/Future Image

Einschränkungen durch Coronavirus: An diesen Berliner Bühnen werden Vorstellungen abgesagt

Veranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern müssen bis nach den Osterferien ausfallen. Was heißt das für die Theater und Opern der Stadt? Ein Überblick.

In der Hauptstadt kommt das kulturelle Leben weitgehend zum Erliegen. Es ist ein bisher einmaliger Schritt. Berlins Kultursenator Klaus Lederer hat in Abstimmung mit den Intendanten entschieden, zur Eindämmung des Coronavirus alle Veranstaltungen in den großen Sälen der staatlichen Theater, Opern und Konzerthäuser abzusagen.

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Lederer erklärte, dass der Beschluss vorerst bis zum Ende der Osterferien gilt, also bis 19. April. Er empfahl auch den großen Privattheatern, in dieser Weise zu verfahren. Für Veranstaltungen in kleineren Häusern und Sälen bis zu 500 Besuchern gilt das nicht.

Da soll die Risikobewertung zunächst bei den jeweiligen Einrichtungen liegen, das heißt: Es kann im Prinzip gespielt werden. Dabei sollen sich die Häuser an den Vorgaben des Robert-Koch-Instituts orientieren.
Die Grenze ist willkürlich gezogen: Das Risiko einer Ansteckung mit dem Virus erscheint nicht unbedingt geringer, wenn nur 450 statt 600 Zuschauer im Raum sind. Zumal private Veranstalter bislang keine Konzerte mit etlichen Tausend Besuchern storniert haben.

Komische Oper

Am späten Dienstagnachmittag kam die dann doch überraschende Schließ-Mitteilung. Der Spielbetrieb wird auf den großen Bühnen komplett eingestellt. Die Komische Oper zeigt sich konsequent, dort fallen auch die für den fraglichen Zeitraum geplanten kleinen Veranstaltungen im Foyer aus.

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Der Probenbetrieb wird nicht ausgesetzt, aber auch da muss umgeplant werden. Zu den abgesagten Vorstellungen gehört in der Komischen Oper die Premiere „Schwanda der Dudelsackpfeier“ von Jaromir Weinberger am 29. März. Ebenso entfällt das dazu geplante Symposium. Wann und wie die Premiere nachgeholt wird, ist noch offen.

Deutsche Oper

Die Deutsche Oper sagt sämtliche Vorstellungen auf der großen Bühne ab. Davon ist die für dem 21. März geplante Premiere von Rued Langgaards Oper „Antikrist“ betroffen. Die Vorstellungen im Foyer und in der Tischlerei dagegen finden statt. Über die Erstattungsmodalitäten für gekaufte Tickets will die Deutsche Oper ab Mittwoch auf ihrer Website informieren.

Unter den Linden

Und so geht es wie beim Domino: An der Staatsoper Unter den Linden entfallen die Mozart-Premieren „Idomeneo“ am 22. März und „Così fan tutte“ am 5. April. Die traditionellen Festtage der Staatsoper zu Ostern, bei denen viele internationale Gäste erwartet werden, sind gestrichen.

Berliner Philharmonie

Daniel Barenboim wollte einen Beethoven-Sinfonien-Zyklus in der Philharmonie aufführen, die jedoch ebenfalls geschlossen sein wird; ob kleinere Aufführungen an der Staatsoper laufen und es Streamings gibt, ist noch unklar.

Im Kammermusiksaal, im Großen Saal und im Foyer der Philharmonie am Kulturforum werden keine Veranstaltungen stattfinden. Das Haus bleibt komplett geschlossen. Aufgrund ihrer technischen Ausstattung könnten sich die Berliner Philharmoniker dazu entscheiden, ihre Konzerte per Digital Concert Hall über das Internet zu verbreiten – wie bei einem Fußballspiel ohne Publikum.

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Ob diese Möglichkeit in Frage kommt, will das Orchester im Laufe des Mittwochs bekanntgeben, ebenso wie eine Hotline für Kartenbesitzer. Während der angeordneten Schließzeit bis zum 19. April sind die Philharmoniker zu einem großen Teil bei den Osterfestspielen in Baden-Baden engagiert. Welche Entscheidungen das Land Baden-Württemberg und das Festspielhaus zum Ablauf des Festivals treffen, ist bislang noch offen.

Konzerthaus am Gendarmenmarkt

Aus dem Konzerthaus am Gendarmenmarkt wird mitgeteilt: „Aufgrund der aktuellen Situation und der Ausbreitung des Coronavirus sagt das Konzerthaus Berlin für den Zeitraum vom 11. März bis 19. April 2020 alle Konzerte im Großen Saal ab. Die Konzerte im Kleinen Saal, Werner-Otto-Saal, im Musikclub sowie die Orgelkonzerte finden bis auf Weiteres statt.“

Deutsches Theater

Am Dienstagabend stand es dann auch auf der Webseite des Deutschen Theaters. Das Haus folgt der „Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa, Veranstaltungen in Sälen mit über 500 Personen ab dem 11. März vorerst bis zum 19. April abzusagen. Dies gilt für das Deutsche Theater.

Die Vorstellungen in den Spielstätten Kammerspiele und Box finden bis auf Weiteres wie geplant statt.“ So steht es in all diesen Mitteilungen und verheißt nicht unbedingt Gutes: „Bis auf Weiteres.“

Immerhin gibt es eine klare Service-Ansage. Karten für DT-Vorstellungen vom 11. März bis 19. April 2020 können gegen Erstattung des Kaufpreises beim Besucherservice oder der Theaterkasse des DT zurückgegeben werden.

Gorki Theater

Gleiches Spiel am Maxim Gorki Theater: Das große Haus bleibt zu, kleine Stücke laufen. Das Kinder- und Jugend-Theater an der Parkaue verfährt ähnlich und verzichtet auf die Vorstellungen auf seiner Bühne 1, erhält aber den Betrieb auf den Nebenbühnen aufrecht.

Unklare Situation an den Privattheatern

Die Entscheidung des Kultursenators betrifft die Berliner Privattheater nicht unmittelbar. Das Berliner Ensemble, dem Ende März eine Premiere nach Erich Kästner in der Regie von Frank Castorf ins Haus steht, „Fabian oder Der Gang vor die Hunde“, will an diesem Mittwoch erklären, ob es weitergeht oder der Lappen unten bleibt. Das Renaissance-Theater, die Bar jeder Vernunft und das Tipi am Kanzleramt spielen weiter.

An der Schaubühne – auch ein Privattheater – sollte an diesem Mittwoch das Festival für zeitgenössische Dramatik „FIND“ beginnen, mit Gastspielen aus Russland, Thailand, England, Spanien, Frankreich und Nordamerika. Es wird nicht stattfinden. Nur noch die Premiere der „Affen“ wird gezeigt, im Saal C mit 270 Zuschauern. Und die kleinen Repertoirevorstellungen laufen weiter.

Die Staatsoper Unter den Linden in Mitte.
Die Staatsoper Unter den Linden in Mitte.
© Paul Zinken/dpa

Der Friedrichstadtpalast macht gleichfalls bis nach Ostern dicht und muss nicht weniger als 40.000 Tickets umbuchen oder zurückgeben – eine Herkulesaufgabe. Knapp sechs Wochen Ausfall – das bedeutet verminderte Eigeneinnahmen selbst dann, wenn die Mehrzahl der Besucher, die Tickets erworben haben, diese in Gutscheine umwandelt. Die finanziellen Konsequenzen sind noch nicht absehbar.

Zwar hatte Kultursenator Klaus Lederer am Abend auf Twitter von monatlichen Verlusten von 15 Millionen Euro für die Berliner Bühnen gesprochen. Weitere Informationen dazu gab es jedoch noch nicht. Kein Theater oder Opernhaus in Deutschland hat Erfahrung mit einer solchen Situation.

Der Friedrichstadtpalast in Mitte muss wegen der Einschränkungen 40.000 Tickets umbuchen.
Der Friedrichstadtpalast in Mitte muss wegen der Einschränkungen 40.000 Tickets umbuchen.
© Jens Kalaene/dpa

Senator Lederer hofft, dass bei den Beratungen auf Bundesebene zum Umgang mit den Folgen der Corona-Ausbreitung auch die finanziellen Folgen für die Kulturinstitutionen berücksichtigt werden: „Sie mit den finanziellen Folgen der Einschränkungen allein zu lassen, wäre unverantwortlich.“

Bei den Berliner Festspielen, einer Einrichtung des Bundes, ist noch keine endgültige Entscheidung gefallen. Zunächst wird dort der Vorverkauf für die „MaerzMusik“ und die Tanzgastspiele im Festspielhaus eingestellt. Ob die Vorstellungen laufen, darüber wird noch beraten.

Die Staatlichen Museen Berlin bleiben bis auf Weiteres geöffnet. Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, rät allerdings, Veranstaltungen mit über 50 Teilnehmern in seinem Bereich abzusagen, davon sind vor allem Ausstellungseröffnungen wie zu „MarkenZeichen“ am 12. März in der Kunstbibliothek am Kulturforum betroffen. Das Musikinstrumenten-Museum hat bereits auf sämtliche Veranstaltungen der nächsten Wochen verzichtet.

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