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Der Spitzenkandidat der Linken stellte sich kurz vor der Wahl den Fragen des Tagesspiegels.
© Mike Wolff

Linke-Spitzenkandidat Klaus Lederer beim Tagesspiegel: Alte Fehler, neue Pläne

Beim Wahlforum gab der Linke Klaus Lederer Versäumnisse unter Rot-Rot zu. Er sparte aber auch nicht mit Kritik an der aktuellen Regierung.

70.000 landeseigene Wohnungen, die größte Wohnungsbaugesellschaft – verkauft für 405 Millionen Euro: Klaus Lederer, der Spitzenkandidat der Linken, hat sich selbstkritisch über die Privatisierung unter Rot-Rot im Jahr 2004 geäußert. „Ja, es war ein Fehler“, sagte er beim Tagesspiegel-Wahlforum am Montagabend. In Anbetracht der prekären Haushaltslage habe man damals kaum eine andere Möglichkeit gesehen. „Wir standen mit dem Rücken zu Wand.“

Sechs Tage vor der Abgeordnetenhauswahl warb Lederer im Gespräch mit Landespolitikredakteurin Sabine Beikler und dem Ressortleiter Berlin-Brandenburg, Robert Ide, noch einmal für die Inhalte seiner Partei. Er sprach sich dafür aus, den Wohnungsbestand in der öffentlichen Hand auszubauen und die Kapitalausstattung der Wohnungsbaugesellschaften zu vergrößern. „Bauen, aber dauerhaft mietpreisgebundenen Wohnraum“, das sei seine Forderung.

Lederer kritisierte die Politik von Bausenator Andreas Geisel und sprach von „Bigotterie und Verlogenheit“. Als Beispiel nannte er etwa Geisels Entscheidung, den Investor am Leipziger Platz von der Verpflichtung zum Wohnungsbau freizustellen – angeblich weil es dort zu laut sei. Gleichzeitig werde den Menschen auf der Fischerinsel – „dieselbe Straße, derselbe Verkehr“ – vom Bausenator ein umstrittenes Hochhausprojekt „vor die Tür geknallt“. Da verstehe er den Ärger der Leute, sagte Lederer. „Die Stadt lässt sich im Jahr 2016 nicht mehr per Basta und von oben regieren.“

Lederer über Müller, die AfD und Merkel

Über Michael Müller, seinen möglichen Koalitionspartner, äußerte Lederer sich ebenfalls kritisch. Dieser sei zwar umgänglich, aber eben auch „durch die SPD-Schule gegangen“. Müller falle es schwer zu erkennen, dass die „gefühlten 40 Prozent“, die die Partei hinter sich habe, mit der Realität nicht in Einklang zu bringen seien. Aber durch Volksentscheide zu Tempelhofer Feld, Wasser oder Mieten hätten die Bürger bei Müller einen Lernprozess in Gang gesetzt. „Die Berliner sind in der Lage, der SPD Botschaften zu senden – manchmal kommen diese sogar an.“

In Sachen Umgang mit der AfD plädierte Lederer für eine rationale und pragmatische Herangehensweise. Obwohl es Wähler gebe, die nun von der Linken zur AfD abwanderten, existierten keinerlei Überschneidungen. „Die AfD ist eine rechte, in Teilen rechtsextreme Partei.

Die Linke ist eine linke Partei.“ Die beiden Parteien stünden in nahezu allen Fragen an entgegengesetzten Punkten des politischen Spektrums. Lederer sieht keinen Grund, deshalb seine Politik zu ändern. „Soll ich denn jetzt anfangen, völkisch-rassistischen Ressentiments nach dem Mund zu reden, um drei Prozent mehr zu bekommen? Das ist doch inakzeptabel.“

Klaus Lederer sprach auch über die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin. Er habe nichts gegen Angela Merkels Satz „Wir schaffen das“. Er finde die Geste anständig und menschlich. Aber die Regierung habe nicht genug dafür getan, „dass die Kommunen, Länder und diejenigen, die jetzt mit Flüchtlingen in der Konkurrenz um billigen Wohnraum und Jobs stehen, in die Lage versetzt werden, das zu schaffen.“ Merkels Geste sei nur zu akzeptieren, „wenn nicht die Kosten im unteren Teil der Gesellschaft hängen bleiben.“

Botschaft an mögliche Koalitionspartner

Gefragt nach Plänen für das Schulsystem, plädierte Lederer für die „Entkoppelung von sozialer Herkunft und Bildungserfolg“. Er befürwortet eine Gemeinschaftsschule, an der alle zusammen lernen und alle das Abitur erreichen können. Je nach sozialem Status müsse die Unterstützung geboten werden, die notwendig sei. Das Gymnasium abschaffen will er dafür aber nicht. Die Gemeinschaftsschule müsse sich erst als das bessere Modell erweisen.

Als eines der langfristigen Ziele seiner Politik skizzierte Lederer das System eines fahrscheinlosen Nahverkehrs, der solidarisch finanziert werde. „Bevor ich das durchsetzen kann, muss der öffentliche Nahverkehr aber verlässlicher sein, barrierefrei und es müssen die Außenbezirke besser angebunden werden.“ Kurzfristig will Lederer, dass langsam die Fahrpreise gesenkt werden, dass das Sozialticket nicht 36, sondern 25 Euro kostet und dass Hartz-IV-Empfänger Einzelfahrscheine kaufen können, die ebenfalls ermäßigt sind. Seine Vision ist klar: „Im Jahr 2050 wird der individuelle Nahverkehr nur noch eine Randrolle spielen.“

Mehrmals betonte Lederer, wie wichtig es sei, dass Bürger bei wichtigen Entscheidungen eingebunden werden. „Wenn man die Leute nicht außen vor lässt, ist die Akzeptanz auch höher.“ Das darf als Botschaft an seine möglichen Koalitionspartner verstanden werden.

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