Der unglaubliche Rückblick auf Berlin 2017: Als Trump das goldene Buch mitnahm und Paule Panzer starb
Auch 2017 geschehen unglaubliche Dinge in Berlin und drumherum. Wir haben schon einmal vorgedacht – ein exklusiver Rückblick aufs nächste Jahr.
JANUAR
Wohnungsstaatssekretär Andrej Holm muss aufgrund von Druck aus der Linkspartei zurücktreten: Medien hatten berichtet, dass Holm als Vermieter dem Seniorentreff am Fennpfuhl sein Ladenbüro gekündigt hatte, um die Immobilie an einen alten Bekannten – Chef einer Export-Import-Firma – zum doppelten Preis zu vermieten. Bausenatorin Katrin Lompscher bemüht sich um Schadensbegrenzung und stellt den Senioren die ungenutzte Blumenhalle vom Tempelhofer Feld kostenfrei zur Verfügung.
FEBRUAR
Hertha BSC gibt bekannt, dass das neue Stadion bei Sperenberg gebaut werden soll. Die zwischenzeitlich favorisierte Alternative bei Schönefeld schied wegen der schlechten Verkehrsanbindung aus. "Wir können unseren Fans nicht zumuten, vor jedem Heimspiel stundenlang zwischen den BER-Passagieren im Stau zu stehen", sagt Hertha-Manager Michael Preetz und bekennt, er habe deshalb schlaflose Nächte gehabt.
MÄRZ
Nach einem späten Schneeschauer muss die Ringbahn für zwei Tage komplett eingestellt werden, weil die tägliche Weichenstörung zwar planmäßig eingetreten ist, aber unter dem Schnee nicht lokalisiert werden kann. Der zuständige Ferndiagnostiker von DB Netz ist krankgeschrieben, nachdem er beim Warten Zug bekommen hat.
Im Tierpark wird das Eisbärenjunge dem Publikum präsentiert. Umweltsenatorin Regine Günther übernimmt die Patenschaft für das Tier, das gemäß einer Volksabstimmung Björn heißen soll.
APRIL
BVG-Chefin Sigrid Nikutta erwartet ihr sechstes Kind. Vor dem Abschied in den Mutterschutz kündigt sie die Beschaffung von 220 Doppeldecker-Gelenkbussen an. Damit reagiere die BVG auf die wachsende Stadt.
An der Chausseestraße wird unter größter Geheimhaltung die BND-Zentrale eröffnet. Die Stadt erfährt davon nur durch den Tweet eines Taxifahrers: "Kein Platz frei auf der Schlapphutablage. #Spione".
MAI
Kurz vor der geplanten Wiedereröffnung wird im Spreepark Plänterwald ein erstaunlich gut erhaltenes Saurierskelett gefunden. Das Naturkundemuseum kündigt eine Sonderausstellung an, um an den Erfolg von "Tristan" anzuknüpfen. Bei einer Untersuchung am Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung wird auf dem Hüftknochen des Dinos allerdings der Aufdruck "VEB Plaste & Elaste aus Schkopau" entdeckt.
Der kleine Eisbär im Tierpark entwickelt sich prächtig – und erweist sich bei einer Routineuntersuchung als Weibchen. Daraufhin wird sein Name in "Björk" geändert. Eine Notlösung, wie Direktor Andreas Knieriem bekennt, "aber 80 Prozent der Buchstaben bleiben wie gehabt, und sonst müssten wir sämtliche Souvenirs in den Müll werfen". Die Landesdelegiertenkonferenz der Grünen beschließt als Konsequenz aus der Panne, die Sternchensprache auf zoologische Einrichtungen auszudehnen.
JUNI
Der Dino aus dem Plänterwald ist der Publikumsmagnet im DDR-Museum. Während die Touristen dorthin strömen, leiden die Berliner unter den Sperrungen anlässlich des Besuchs von Donald Trump. Der US-Präsident begleitet seine Tochter Ivanka, die ihre neue Schmuckkollektion in Europa präsentiert. Als sich Trump ins Goldene Buch eintragen soll, hält er den Wälzer für ein Gastgeschenk und packt ihn kurzerhand ein. Die Protokollbeamten lassen ihn gewähren, um keinen militärischen Konflikt zu provozieren. Und die AfD-Fraktion, die den Termin im Roten Rathaus gegen den Willen der Senatskanzlei per Eilantrag vor Gericht durchgesetzt hatte, sieht sich blamiert. Trump wirft auf dem Weiterflug nach Moskau einen Blick ins Buch und twittert verärgert: "Fuck you Goete! #Berlin #Austria"
JULI
Im Zoo stirbt das Sumpfschildkröt* Paule Panzer mit 144 Jahren an Herzversagen. Der Kurator vermutet einen Zusammenhang mit der lauten Musik der zeitgleich vorbeigezogenen Veganerparade. Die Demo unter dem Motto "Yes, ve gan!" gilt als größte ihrer Art weltweit. Die vom neuen CDU-Landeschef Frank Steffel als "Gurkentruppe" verspottete Demo zieht einmal im Monat von der Fleischerstraße in Rudow durch die City-West zur Obstallee nach Spandau.
AUGUST
Mitten in der Sommerpause legen Bausenatorin Lompscher und der Chef der Wohnungsbaugesellschaft Pankow, Andrej Holm, den Grundstein für ein neues Viertel auf der Elisabeth-Aue. Die Grünen hatten ihre Zustimmung zu dem umstrittenen Vorhaben an die Bedingung geknüpft, dass die Freiflächen zwischen den Gebäuden mit nachwachsender Biomasse bepflanzt werden.
Wegen des anhaltenden Besucheransturms am Eisbär*gehege erstickt Friedrichsfelde im Stau. Die Verkehrsverwaltung beschließt deshalb, die ursprünglich Unter den Linden geplante Fußgängerzone kurzfristig Am Tierpark zu realisieren. Unterstützung kommt vom Fahrrad-Volksentscheid, der wegen eines Missgeschicks gerade die zweite Stufe der Unterschriftensammlung wiederholen muss: Das Lastenrad, mit dem die zuvor gesammelten 190 000 Autogramme zur Innenverwaltung gebracht werden sollten, war auf einem Gehweg am Urbanhafen von einer Frau mit Hollandrad, Kindersitz und kaputtem Licht gerammt worden. Während sich der Fahrer retten konnte, versank das Cargo-Bike mit den Listen im Landwehrkanal.
SEPTEMBER
Beim Eröffnungsrundgang zur IFA testet Wirtschaftssenatorin Ramona Pop eine Virtual-Reality-Brille – und ist begeistert. Aus dem Roten Rathaus wird kolportiert, dass Pop die Brille während der wöchentlichen Senatssitzungen nun immer trage.
Bei der Bundestagswahl kann die SPD mit fast 40 Prozent an frühere Erfolge anknüpfen. Während Regierungschef Müller das Ergebnis als Bestätigung seines Kurses würdigt, ist der Zugewinn laut Umfragen eher Bundespräsident Steinmeier zu verdanken, der das Goldene Buch in zäher Geheimdiplomatie aus Washington zurück nach Berlin holen konnte.
Die Grünen kommen bei der Wahl nur knapp über die Fünfprozenthürde. Laut Umfragen sind sie vor allem bei West-Berlinern abgestürzt, die sich im Schutz ihres Autos nach Friedrichsfelde gewagt hatten und Stunden im Stau verbrachten statt am Eisbär*gehege. Besonders schlimm ist es am letzten Ferientag, als am Bärenschaufenster fotografierende Touristen stundenlang den Türsensor eines Doppeldecker-Gelenkbusses blockieren. Die Staus reichen bis nach Spandau.
OKTOBER
Der Probebetrieb am BER muss abgesagt werden, nachdem der Fahrer einer Mähmaschine neben der Südbahn ein zwölfköpfiges Wolfsrudel freigelegt hat. Die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Dahme-Spreewald widerruft daraufhin die Betriebsgenehmigung für den BER und regt einen Neubau in Sperenberg an. Hertha-Manager Hartmut Mehdorn droht: Dann gehen wir nach Leipzig!
NOVEMBER
Schlechte Nachrichten auch von der S-Bahn: Bei der Premierenfahrt stellt sich heraus, dass die neuen Züge vier Zentimeter zu breit fürs Berliner Netz sind. Der Hersteller rechtfertigt sich: Wichtigste Vorgabe bei der Bestellung sei Geräumigkeit gewesen. Die Linkspartei regt an, dass das Land auf eigene Rechnung neue Züge bestellen und später an die Bahn vermieten solle. Die Grünen und Teile der SPD sind – wie schon 2009–2011, als die damalige rot-rote Koalition dieselbe Frage diskutierte – skeptisch.
DEZEMBER
Die Verkehrsverwaltung will weitere Verzögerungen bei der S-Bahn-Beschaffung nicht hinnehmen und beschließt, den Ring und dessen Zulaufstrecken bis 2025 durch kreuzungsfreie Radschnellwege zu ersetzen. Damit soll auch dem Fahrrad- Volksbegehren, das erneut fast 200 000 Unterschriften gesammelt hat, der Wind aus den Segeln genommen werden.
Ein massiver Wintereinbruch beendet die politischen Debatten und lähmt die Stadt. Auf Spree, Landwehr- und Teltowkanal lässt die Verkehrsverwaltung Loipen für die Pendler spuren, die wegen der eingefrorenen S-Bahn-Strecken sonst nicht zur Arbeit kämen. In Friedrichshain und Kreuzkölln eröffnet ein Hipster-Start-up unter dem Namen "Ski Schah" Bars, die Langlauf-Ausrüstungen verleihen und warten. Verkehrsstaatssekretär Jens-Holger Kirchner scherzt beim Besuch einer solchen Station: "Jetzt ist Berlin wirklich eine wachsende Stadt", während er selbst seine Skier wachst. Die Linke fordert, das Wachs für Bedürftige kostenlos bereitzustellen. Doch an den Weihnachtstagen setzt Tauwetter ein, sodass die Bauarbeiten an der Ringradbahn wieder aufgenommen werden können.
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