BER-Chef Karsten Mühlenfeld: „Es gibt keinen geheimen Terminplan“
BER-Chef Karsten Mühlenfeld über den Eröffnungstermin für den neuen Berliner Flughafen, was 2016 schiefgelaufen ist und sein Verhältnis zum Regierenden Bürgermeister Michael Müller.
Herr Mühlenfeld, warum haben Sie eigentlich vor Ihrem Büro die Ahnengalerie der Berliner Flughafenchefs abgehängt?
Wir sind kein Museum. Wir wollen ja ein moderner Flughafen sein.
Schönes Stichwort. Dann fangen wir mal mit dem BER-Airport an, der 2016 immer noch nicht fertig wurde. Lassen Sie uns nicht drumherum reden: Ist die Verschiebung des BER-Starts auf 2018 beschlossene Sache?
Ganz klar: Es gibt weder eine Entscheidung noch einen geheimen Terminplan für eine Verschiebung.
Die Berliner und Brandenburger interessiert nur noch eins: Wann wird das Ding endlich eröffnet?
Ich glaube, die Berliner und Brandenburger interessiert nicht mehr so sehr, wann der Flughafen eröffnet. Für sie ist wichtig, dass der BER fertig wird. Und die Leute sehen und akzeptieren es: Wir kommen vorwärts und damit der Inbetriebnahme näher.
In diesem Jahr wurden am neuen Airport alle selbstgesteckten Termine verfehlt.
Und trotzdem haben wir viel erreicht, viele Probleme gelöst. Es geht nicht schnell genug, glauben Sie mir, auch mir nicht. Aber es ist eine komplexe Baustelle. Wir haben den fünften Nachtrag geschafft, also die vorletzte Baugenehmigung, eine schwere Geburt. Der sechste Nachtrag ist eingereicht. Wir werden diesen höchstwahrscheinlich Anfang nächsten Jahres genehmigt bekommen.
Wollen Sie wirklich immer noch behaupten, dass es mit dem Start 2017 klappen kann, also in elf Monaten?
Es gibt die sachliche Position, und es gibt die Position, die man einnehmen muss, damit die Baustelle weiterhin Druck auf dem Kessel hat. Wir haben darüber in den letzten Monaten mit den Firmen diskutiert. Alle waren der Meinung: Es besteht noch eine kleine Chance, 2017 zu erreichen. Und solange das so ist, geben wir das Ziel nicht auf. Wir sagen aber auch klar, dass dafür im Januar bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden müssen. Gelingt uns das nicht, wäre das ein eindeutiges Zeichen.
Was müsste dann abgehakt sein?
Erstens die bauliche Fertigstellung des Fluggastterminals. Zweitens muss im Mainpier Nord die Wirk- und Prinzipprüfung der Systeme angestoßen sein, damit wir sehen, ob alles funktioniert.
...also von den Türen über die Rolltreppen bis zur Entrauchungsanlage...
...drittens muss der sechste Nachtrag im Januar genehmigt sein. Und viertens brauchen wir einen Plan, um mit einer vorzeitigen Genehmigung vor Inbetriebnahme rechtzeitig den ORAT-Probebetrieb durchziehen zu können. Basierend darauf werden wir eine Aussage treffen, ob wir 2017 halten können oder nicht.
Das ist für Januar angekündigt. Sie selbst haben zuletzt von einer nur noch geringen Chance für 2017 gesprochen.
Ja, und ich will auch hier nicht verhehlen, dass die Risiken inzwischen überwiegen. Die Chance ist nur noch sehr gering.
Der Tagesspiegel schreibt seit Monaten, dass es vor 2018 nichts wird. Warum dementieren Sie das eigentlich nie?
Das eine sind Fakten, das andere ist, wie man sie bewertet und wie man das ausdrückt. Wir drücken uns so aus: Wir wollen auch die letzte Chance für 2017 nicht verschenken.
Am realistischsten ist also eine Eröffnung im zweiten Quartal 2018, wie es jüngst der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, Martin Burkert (SPD), sagte?
Noch einmal, ich halte Spekulationen über Eröffnungstermine für unnötig. Klar ist: Wenn es nicht Oktober/November wird, dann wird es frühestens zum Flugplanwechsel etwas, also Ende März. Die Winterzeit wäre zu gefährlich. Einen Umzug wird man nicht bei Schnee und Eis machen.
Worauf hätten Sie 2016 lieber verzichtet?
Auf den Rückschlag mit dem Bahntunnel am Anfang des Jahres. Das war schwierig. Seitdem hat sich das Verhältnis zwischen Deutscher Bahn, Eisenbahnbundesamt, Bauordnungsamt und Flughafen signifikant gewandelt. Denn nun sitzen wir alle zwei bis vier Wochen regelmäßig zusammen, auf wirklich hoher Ebene, und schaffen gemeinsam Lösungen für schwierige Probleme. Das zahlt sich aus.
Warum dauert am BER selbst vier Jahre nach dem geplatzten Start alles so lange?
Irgendwann kann man nicht mehr sagen, die Vergangenheit bis 2012 ist schuld. Aber man hat auch im Krisenmanagement danach neue Webfehler produziert.
Was meinen Sie damit?
Man hat die Arbeiten in sogenannte Lose aufgeteilt. Man hat die Sachverständigen, die alles begutachten für die Endabnahme, unter die Unternehmen gesetzt. Jedes Gewerk, jede Firma bringt eigene Leute mit. Damit werden sie nicht direkt vom Flughafen selbst betreut. Das war ein großer Fehler.
Weil auch die Sachverständigen mit dem Zustand einer lukrativen Dauerbaustelle nicht schlecht fahren?
Nein, weil mit dieser Konstruktion die Koordinierung der Arbeiten extrem komplex ist. Dadurch gibt es nur wenige Leute, die gesamtverantwortlich unterwegs sind. Bei der Planung ist es ja dasselbe gewesen. Es gibt keinen Generalplaner für den BER, sondern viele Planer. Die Gesamtverantwortung lag bei der FBB, die dafür personell und fachlich nicht adäquat aufgestellt war. Ein Generalunternehmer hat ein Team, das von einer Baustelle zur nächsten zieht. Es sind Leute, die Erfahrung haben. Die hatten wir nicht. Und die haben wir nicht. Eine Rolle spielt aber auch, dass alle jetzt extrem akkurat sind. Man hat Angst, Fehler zu machen. Wir merken das auch bei den Prüfungen der Sachverständigen, die darauf achten, dass der Bau 120-prozentig korrekt ist.
Ist das schon der Hinweis, dass es mit den Abnahmen später wird als gedacht?
Es ist in der Tat einer der Hauptgründe, weshalb sich die Freigabe des Piers Süd verzögert.
Das sollte längst abgenommen sein.
Im Pier Süd sind bei den Begehungen durch die Sachverständigen nachträglich noch einmal Änderungen adressiert worden, die keiner erwartet hat. Die Folge waren Nacharbeiten, gerechtfertigte, das nur nebenbei. Ich sagte schon: Man guckt am BER inzwischen ganz genau hin.
Dabei gilt das Südpier als einfaches Gebäude. Das lässt für das Hauptterminal Böses ahnen, oder?
Das wäre die pessimistische Sicht. Es gibt auch die optimistische.
Und die wäre?
Alle lernen aus den Erfahrungen im Südpier und werden es im Mainpier besser machen.
Wann rechnen Sie mit der letzten Baugenehmigung?
Ende Januar, hoffe ich. Diese Frage müssen Sie dem Bauordnungsamt stellen. Die Unterlagen sind alle eingereicht.
Aber die letzten Unterlagen hat der Flughafen erst Mitte Dezember nachgeliefert, eineinhalb Monate verspätet.
Es war am 9. Dezember und mit dem Bauordnungsamt besprochen. Es waren nur wenige Unterlagen, die nachgereicht werden mussten. Aber natürlich kann die vollständige Prüfung erst stattfinden, wenn alles da ist.
Sind die Baubehörden Brandenburgs zu penibel, wie Berlin mehrfach beklagte?
Die Behörden in Brandenburg prüfen schon sehr genau. Das hat sicher mit den BER-Erfahrungen der Vergangenheit zu tun, aber auch eben damit, dass sehr viel mehr Daten und Informationen vorhanden sind als bei Baugenehmigungen, bei denen noch nichts gebaut wurde. Eine Baugenehmigung kann man von relativ wenigen Papieren abhängig machen, aber auch von vielen. Das liegt im Ermessen des Bauordnungsamtes. Hier könnte es am Ende sogar auch von Vorteil sein. Je genauer man jetzt alles klärt, desto glatter könnten die Abnahmen über die Bühne gehen. Ich würde keine Lanze in irgendeine Richtung brechen wollen.
Stimmt es, dass der mit den Banken ausgehandelte 2,5-Milliarden-Kredit platzt, wenn die Baugenehmigung nicht bis Mitte Januar vorliegt?
Da besteht ein gewisses Risiko. Deshalb laufen Gespräche. Wir sind aber zuversichtlich, eine Lösung zu finden.
Kommen wir zu den Superlativen Ihres Jobs: Wie fühlen Sie sich als erfolgreichster deutscher Flughafenchef, der jeden Monat Passagierrekorde verkündet?
Ich bin der sachliche Typ. Der Erfolg ist auch eine Herausforderung.
Es werden 2016 sogar 33 Millionen Passagiere, die abgefertigt wurden?
Sicher deutlich über 32 Millionen, 33 Millionen sind möglich. Das hängt auch davon ab, wie das Weihnachtsgeschäft gelaufen ist. Wir hatten 2016 ein Wachstum von zehn Prozent, in Schönefeld sind es sogar 40 Prozent. Wir hatten Glück, dass Ryanair gekommen ist.
Warum fliegt die Airline so auf Berlin?
Viele Leute wollen hierher. Berlin ist ein attraktives Ziel. Auch Brandenburg hat interessante Seiten. Die Berliner verreisen mehr, das Durchschnittseinkommen ist gewachsen. In der Hauptstadt gibt es viele junge Leute, die gerne preiswert fliegen. Das alles passt zum Konzept von Ryanair, viele Destinationen von Berlin aus anzubieten. Das ist nicht unser Erfolg.
Sondern?
Wir haben in Schönefeld 40 Prozent Wachstum gemeistert, obwohl dieser Flughafen dafür nie ausgelegt war. Das ist freilich auch nur gelungen, weil die Passagiere sich daran gewöhnt haben, dass der Service-Level geringer ist als zum Beispiel in München. Dafür kommt man hier schnell vom Eingang zum Gate. Und die Flieger gehen sehr pünktlich ab.
Das war jetzt der Dank an die genügsamen Berliner und Brandenburger?
Und der Dank an die Mitarbeiter des Unternehmens, die das alles gemanagt haben.
Mit dem Wachstum steigt auch die Terrorgefahr. Gerade Flughäfen, in denen sich tausende Menschen aufhalten, sind hochgradig gefährdet. Wie stark auch Deutschland und seine Hauptstadt inzwischen im Visier sind, hat der Anschlag vom Breitscheidplatz gerade brutal gezeigt. Wie reagieren Sie darauf?
Gerade im Luftverkehr hat Sicherheit oberste Priorität. Das gilt in diesen Zeiten nach 9/11, Brüssel oder jetzt dem Breitscheidplatz besonders. Zuständig für die Sicherheit an Flughäfen ist die Bundespolizei. Wir unterstützen sie, tun in enger Abstimmung alles, was wir tun können. Lassen Sie es mich so formulieren: Es gibt Sicherheitsvorkehrungen, die man als Passagier sieht. Und es gibt verdeckte Maßnahmen, die man nicht sieht, auch nicht sehen soll und über die wir auch nicht reden. Dafür haben Sie sicher Verständnis.
Bleiben wir beim Wachstum, das nach allen Prognosen anhalten wird. 2017 werden es dann wohl 35 Millionen Passagiere, 2018 dann 37 Millionen, 2020 vielleicht schon 40 Millionen – die wurden erst für 2024/2025 erwartet. Der BER ist dafür zu klein. Wo wollen Sie so viele Passagiere eigentlich abfertigen?
Zunächst einmal: Wir haben genügend Kapazitäten, um die nächsten beiden Jahre abzudecken. Wir starten am BER mit 22, 23 Millionen Passagieren, was uns in die Lage versetzt, den Betrieb von Tegel dorthin zu verlegen. Wir sind uns sicher, dass man mit dem Lerneffekt in den ersten drei, vier Jahren die BER-Kapazität sukzessive auf 27 Millionen erhöhen kann. Hinzu kommt der Schönefelder Flughafen, wo wir auch durch Umbauten und das neue, in kurzer Zeit errichtete Ankunfts-Terminal D nun zwölf Millionen Fluggäste abfertigen können.
Aber auch nur, bis bald der Bau des neuen Regierungsflughafens beginnt.
Ja, dann wird es dort auf sieben Millionen Passagiere heruntergehen, weil Flugzeugstellplätze wegfallen. Aber wir bauen für acht Millionen Passagiere neben dem BER-Nordpier ein neues Low-Cost-Terminal, das 2020 fertig sein wird.
Trotzdem, selbst dann wird der Schönefelder Doppel-Airport zu klein sein. Muss man nicht sofort den Satelliten planen?
Wir haben im Herbst begonnen, eine strategische Masterplanung für die Weiterentwicklung des BER ab 2020 aufzulegen. Sie soll in zwölf Monaten vorliegen.
Spät.
Eine saubere Masterplanung, die alle Konfigurationen berücksichtigt, kann man nicht in drei Monaten stemmen. Zudem hängt vieles davon ab, was für eine Entwicklung wir nehmen. Ich rechne zum Beispiel nicht damit, dass sich das Zehn-Prozent-Wachstum von 2016 fortsetzen wird. Wahrscheinlich wird es sich wie vorher bei fünf Prozent einpegeln. Und Wachstum ist auch nicht gleich Wachstum.
Worauf wollen Sie hinaus?
Am BER sind die limitierenden Faktoren die Gepäckausgabe und die Sicherheitskontrollen. Wenn wir mehr Umsteiger hätten, etwa durch mehr interkontinentale Verbindungen, müssten die nicht die kritischen Prozesse durchlaufen. Das heißt: Wir könnten dann am BER auch mehr Passagiere abfertigen.
Trotzdem wird der Flughafen mit seinen Kapazitäten noch jahrelang dem Wachstum hinterherlaufen, eine Lücke bleiben. Haben Sie das Volksbegehren zum Offenhalten von Tegel schon unterschrieben?
Nein, und ich werde das Tegel-Volksbegehren auch nicht unterschreiben. Denn ich bin nach wie vor der Meinung, dass der zivile Luftverkehr an einem Standort zusammengezogen werden sollte. Wir wollen mehr Umsteiger in Berlin. Für den Passagier wäre es schlecht, wenn man in Tegel landet und in Schönefeld weiterfliegt. Für unsere Passagierzahlen lohnen sich zwei Flughäfen nicht, das sieht man auch im internationalen Vergleich: 40 Millionen werden in London allein mit dem Flughafen Gatwick abgedeckt, mit nur einer Startbahn.
Tegel könnte zumindest eine Übergangslösung sein, bis eine reguläre BER-Erweiterung fertig wird. Warum denn nicht?
Es ist politisch entschieden worden, dass Tegel geschlossen wird. Das ist eine Entscheidung der Gesellschafterversammlung der FBB. Wir haben uns als Flughafen darum zu kümmern, dass alles an einem Standort konzentriert wird. Auch wirtschaftlich ist das sinnvoll.
Schon bringen Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und Sachsen regelmäßig einen Flughafen-Verbund Berlin-Leipzig ins Spiel. Kann Leipzig die Berliner Probleme entschärfen?
Grundsätzlich entscheidet nicht der Flughafen, von wo geflogen wird. Das entscheiden Passagiere und Airlines. Wir werden alles dafür tun, damit die Leute, die nach Berlin fliegen wollen, auch hierherfliegen können. Das letzte Wort hat am Ende ohnehin der Flughafenkoordinator des Bundes, der auf der Grundlage unserer Kapazitäten festlegen wird, wie viele Flüge noch nach Berlin fliegen können oder eben nicht.
Könnte es den BER entlasten, wenn wenigstens die Regierungsflüge weiter von Tegel aus abgewickelt würden?
Rein operativ gibt es mit dem Umzug kein Problem. Es sind ja nicht viele Flüge. Wir können mit zwei Startbahnen in Schönefeld den zivilen Verkehr und den Regierungsverkehr abdecken.
Auch die Berliner CDU fordert neuerdings, den Regierungsflughafen in Tegel zu lassen, um die 80-Millionen-Kosten für das nur für wenige Jahre benötigte Interimsterminal für Staatsgäste zu sparen. Wie stehen Sie dazu?
Der Flughafen hat eine Vorgabe, und wir werden uns an die Vorgabe halten.
Sie sollten nach einer Vorgabe des Aufsichtsrates noch 2016 die Verhandlungen mit dem Bund und der Baufirma Züblin für das Interims-Terminal perfekt machen. Ist alles unter Dach und Fach?
Den Zuschlag an Züblin für den Bau des Interimsregierungsterminals haben wir vor Weihnachten erteilt. Die Bauarbeiten werden nun umgehend beginnen.
Um das Regierungsterminal gab es zuletzt ein Gewitter im Aufsichtsrat, zwischen dem Berliner Regierenden Michael Müller und Ihnen hat es gekracht. Befürchten Sie Nachwirkungen?
Es war ein klärendes Gewitter. Und am Ende müssen alle das Ziel haben, diesen Flughafen fertig zu bekommen und dabei die Interessen der Beteiligten – das ist für mich auch der Bund – zu berücksichtigen. Wenn man so herangeht, müsste das Gewitter abgezogen sein.
Wie würden Sie das Verhältnis zwischen dem Aufsichtsratsvorsitzenden und Ihnen beschreiben?
Wir haben in unseren unterschiedlichen Funktionen natürlich auch gelegentlich unterschiedliche Interessen.
Eine sehr diplomatische Antwort!
Herr Müller hat gerade eine anstrengende Zeit. Wir wollen beide, dass der Flughafen fertig wird. Und dementsprechend werden wir zusammenarbeiten.
Treffen Sie sich eigentlich oft?
Oft ist eine unscharfe Größe. Wir sehen uns ausreichend, um die wichtigen Entscheidungen für diesen Flughafen treffen zu können.
Sie sind Diener dreier Herren, mit Berlin, Brandenburg und dem Bund. Wie bewegen Sie sich in dem politischen „Minenfeld“, wie es Hartmut Mehdorn mal formulierte?
Grundsätzlich versuche ich, sachorientiert Entscheidungen zu treffen, also dieses Unternehmen so zu führen, wie man eine GmbH führt, unter kaufmännischen und technischen Gesichtspunkten. Das ist in einem derart politischen Umfeld natürlich nicht immer so einfach, wie ich es gern hätte.
Müssten Berlin, Brandenburg und der Bund mehr an einem Strang ziehen?
Man muss mit der Realität der drei Gesellschafter umgehen. Wären es drei Investoren, könnten diese auch unterschiedliche Interessen haben. Entscheidend ist, dass alle wirklich dazu stehen, den Flughafen erfolgreich zu machen. Jeder hat daneben auch Partikularinteressen. Das ist normal.
In Berlin werden künftig neben dem Regierenden Müller wohl auch zwei Senatoren der Linken und der Grünen im Aufsichtsrat vertreten sein. Freuen Sie sich schon auf BER-Senatssitzungen?
Am Ende werden es keine Senatssitzungen sein. Es bleibt ein Aufsichtsgremium, das dazu da ist, die Geschäftsführung zu kontrollieren. Und ich weiß auch noch gar nicht, wer da für Berlin reinkommt. Also freue ich mich erst einmal darauf, dass die leeren Plätze der letzten Zeit endlich besetzt werden. Vielleicht bringen die Neuen ja auch frische Ideen mit.
Bislang hat allein Brandenburg auf ein erweitertes Nachtflugverbot gedrängt, jetzt will auch das rot-rot-grüne Berlin da Zugeständnisse. Bleiben Sie beim Nein?
Der Flughafen muss wirtschaftlich arbeiten. Die Öffnungszeiten, die dafür wichtig sind, müssen wir behalten. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes wurde klar als Kompromiss zwischen den Interessen von Anwohnern und Flughafen tituliert.
Aus Brandenburg kam der Vorschlag, auf Flüge zwischen 5 und 6 Uhr zu verzichten.
Ich kann verstehen, dass man über diese Morgenstunde nachdenken möchte. Für mich als Geschäftsführer ist die Wirtschaftlichkeit des Flughafens oberstes Gebot. Wenn zu diesem Zeitpunkt kein oder geringer Bedarf für Flugbewegungen existiert, dann können sicherlich Lösungen gefunden werden, die einen Kompromiss zwischen den Wünschen der Anwohner und den Bedürfnissen des Flughafens darstellen.
In dieser Stunde fliegt kein Flugzeug ab.
Derzeit. Und man sollte auch berücksichtigen, dass wir bislang in Berlin mehrere Startbahnen haben, wir uns künftig auf zwei konzentrieren müssen. Wir sind klug beraten, uns auch Optionen für das weitere Wachstum offenzuhalten.
Warum gibt es beim Schallschutz für die BER-Anwohner wie eh und je wenig Fortschritte, aber viel Ärger?
Ich finde, wir waren in diesem Jahr mit dem Schallschutzprogramm sehr erfolgreich. Wir haben zusätzliche Module zum Schallschutz entwickelt, die den Bürgern neue Optionen für verbesserten Schallschutz liefern, und wir haben fast alle Anträge bearbeitet. Wir müssen uns an die gesetzlichen Vorgaben halten, auch an die Bauordnungen. Und was nicht genehmigt ist, kann nicht mit Schallschutz versehen werden. Wir haben uns bewegt, wo wir uns bewegen konnten.
Warten Sie eigentlich immer noch auf den Tag, an dem die Bundespolitiker mit der S-Bahn nach Schönefeld fahren, weil man anders nicht hinkommen wird?
Ich korrigiere mich: Mit der Regionalbahn. Geht schneller.
Was muss, was sollte noch kurzfristig getan werden, um das absehbare Chaos auf der Stadtautobahn im Süden zum BER zu lindern?
Auf der Schiene ist die Anbindung besser als bei vielen anderen Flughäfen. Mit dem Auto ist es schwierig. Die Straßen sind voll, Umgehungsmöglichkeiten begrenzt. Ich denke, dass man sich gemeinsam mit dem neuen Senat noch einmal Gedanken machen sollte, ob zum Beispiel intelligentere Verkehrssteuerungen möglich wären. Das Dialogforum der BER-Anrainer hat Anstöße für die Anpassung der Infrastruktur gegeben.
Vom Flughafen selbst gibt es eine Liste mit konkreten Vorschlägen. Der alte Senat hat gemauert. Bewegt sich jetzt etwas?
Ich denke, da müssen wir noch zwei, drei Monate warten. Berlin hat eine neue Verkehrssenatorin, die sich erst noch einarbeiten muss. Wir werden mit ihr diese Diskussion führen. Wir müssen gemeinsam Lösungen finden, damit es eben nicht ständig Stau auf der Stadtautobahn gibt. Wir wollen schließlich, dass die Berliner und Brandenburger ihren Flughafen auch verlässlich erreichen.
Das Interview mit Karsten Mühlenfeld führte Thorsten Metzner.