Berlin-Wahl: 110.000 Berliner haben schon gewählt
Die Briefwahl hat begonnen. Im Vergleich zu früheren Wahlen ist das Interesse aber noch gering. Das könnte an den Sommerferien liegen.
Im Rathaus Zehlendorf ist der Andrang groß. Dort haben in dieser Woche schon viele Berliner die amtlichen Kuverts, in denen angekreuzte Stimmzettel stecken, persönlich abgegeben. Stadtweit gesehen ist das Interesse an der Briefwahl aber noch gering. Bis einschließlich Freitag wurden für die Abgeordnetenhaus- und Bezirkswahlen in Berlin, die am 18. September stattfinden, erst 110.988 Wahlscheine ausgestellt. Das hört sich viel an, ist es aber – im Vergleich zu früheren Wahlen in der Hauptstadt – nicht.
So wurden bei der Bundestagswahl 2013, ebenfalls 30 Tage vor dem Wahltermin, schon mehr als 200.000 Briefwahlanträge in Berlin gestellt. Und bei der Abgeordnetenhauswahl 2011 wurden, im gleichen Zeitabstand zur Wahl, fast 190.000 Briefwähler gezählt. Der Geschäftsführer der Landeswahlleiterin, Geert Baasen, bestätigt das bisher mäßige Interesse an der Briefwahl.
Noch im Urlaubsmodus
Er erklärt dies damit, dass sich die Berliner noch voll im Urlaubsmodus befinden. Die Schulferien enden erst am 4. September, zwei Wochen vor dem Wahltermin. Außerdem hätten die bezirklichen Wahlämter, im Vergleich zur vorigen Abgeordnetenhauswahl, drei Tage später mit der Zustellung der Wahlbenachrichtigungen begonnen. Baasen warnt deshalb davor, die bislang geringe Resonanz auf eine allgemeine Wahlmüdigkeit in Berlin zurückzuführen. Es bleibt also abzuwarten, ob es in den nächsten ein, zwei Wochen noch eine Aufholjagd gibt.
Allerdings bestätigt sich jetzt schon, dass in einigen Bezirken die Möglichkeit der Briefwahl häufiger genutzt wird als in anderen. Momentan liegen Steglitz-Zehlendorf, Tempelhof-Schöneberg, Reinickendorf und Charlottenburg- Wilmersdorf deutlich vorn. Am wenigsten Briefwähler sind es bisher in Marzahn-Hellersdorf und Lichtenberg. Während in Steglitz-Zehlendorf bereits 8,7 Prozent der Wahlberechtigten die Unterlagen für eine Briefwahl beantragt haben, sind es in Marzahn-Hellersdorf erst 0,6 Prozent.
Briefwahl in Instrument
Das bestätigt den Trend früherer Wahlen in Berlin. Auch wenn der Ostteil der Stadt in Sachen Briefwahl aufgeholt hat, bleibt der Westen Berlins, vor allem in den bürgerlichen Stadtregionen, deutlich Spitzenreiter. So lag bei der Abgeordnetenhauswahl 2011 die Briefwahlquote (Anteil an den Wählern) in Steglitz-Zehlendorf, Charlottenburg-Wilmersdorf und Tempelhof-Schöneberg mit mehr als 30 Prozent deutlich über dem Landesdurchschnitt von 27,6 Prozent. Wobei die Faustregel gilt: Je höher der Anteil der Briefwähler, desto höher die Wahlbeteiligung.
Die Briefwahl ist also auch ein Instrument der Parteien, um ihre Anhänger zu mobilisieren. Entsprechend offensiv wird für die Möglichkeit geworben, lange vor dem Wahltag die Stimme abzugeben. Wer profitiert von der Wahl per Brief? In Berlin bisher vor allem CDU und Grüne. Der Trend zur Briefwahl ist übrigens ungebrochen. Bei der Abgeordnetenhauswahl stieg die Quote seit 1990 stetig an – von 9,3 Prozent bis 27,6 Prozent der Wähler vor fünf Jahren.