Leopoldina-Gutachten zum sicheren Schulbetrieb: Wissenschaftler empfehlen Maskenpflicht im Unterricht
Die schulischen Hygienekonzepte der Bundesländer sind uneinheitlich. Die Wissenschaftsakademie Leopoldina empfiehlt nun ganz klar eine Maskenpflicht.
Wenn die Abstandsregelungen nicht eingehalten werden können, sollte es ab Jahrgangsstufe Fünf auch während des Unterrichts Maskenpflicht geben. Das empfiehlt die Nationale Wissenschaftsakademie Leopoldina in ihrer aktuellen Stellungnahme zu notwendigen Maßnahmen für ein „krisenresistentes Bildungssystem".
Während die Pläne der einzelnen Bundesländer für die Aufnahme des Schulbetriebs im Ausgang der Sommerferien, wie berichtet, stark variieren, präsentiert die Leopoldina einen neuen Katalog mit Empfehlungen für eine allgemeine Vorgehensweise – und ergänzt damit den absichtlich vage formulieren Muster-Hygieneplan der Kultusminister.
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Im April hatte die Nationale Akademie der Politik bereits zu einer schrittweisen Öffnung der Schulen geraten – seinerzeit wurden die Empfehlungen der beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die aus unterschiedlichen Disziplinen stammen, von mehreren Seiten als wenig hilfreich oder unpraktikabel kritisiert. Auch die stark männerlastige Zusammensetzung wurde beanstandet.
Persönlicher Kontakt ist für Kinder essentiell
In der aktuellen Arbeitsgruppe befinden sich neben dem Virologen Christian Drosten etwa auch die Bildungsforscherinnen Cordula Artelt und Gisela Kammermeyer.
Die Bildungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen seien durch die bisherigen seuchenpolitischen Maßnahmen stark eingeschränkt worden, erklären die Leopoldianer in ihrem inzwischen fünften Statement zu adäquatem Pandemie-Verhalten. Durch die Schulschließungen sei das Menschenrecht auf Bildung vielfach nicht mehr gewährleistet worden, was nun dringend korrigiert werden müsse.
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Deshalb sei es geboten, einen Besuch von Kindertageseinrichtungen und Schulen so durchgängig wie möglich zu erlauben, da der persönliche Kontakt der Kinder und Jugendlichen und der Umgang mit Erziehern und Lehrerinnen für jene besonders essentiell sei. Da sich auch junge Menschen nach aktuellem Kenntnisstand mit dem Virus infizieren und es weitergeben können, seien „Anpassungen im Bildungssystem“ aber noch immer erforderlich.
Um die Schließung ganzer Einrichtungen möglichst zu umgehen, setzt die Leopoldina – ebenso wie mehrere Bundesländer – auf epidemiologische Verbände, also kleine, stabile Kontaktgruppen. Diese sollten untereinander möglichst keine Berührungspunkte haben, um etwaige Infektionsherde schnell lokalisieren und anschließend wirksam eindämmen zu können.
„Dabei ist ein niedrigschwelliges Angebot zur symptombasierten Testung entscheidend für die Früherkennung“, erklären die Autorinnen und Autoren der Empfehlung. Das obligatorische Lüften – bisher die einzige Maßnahme bei der sich alle Bundesländer einig sind – wird natürlich ebenfalls genannt. Wenn die gängigen Abstände von mindestens 1,5 Metern nicht eingehalten werden können, sollten Schülerinnen und Schüler ab Jahrgangsstufe Fünf auch innerhalb ihres Gruppenverbandes durchgehend einen Mund-Nasen-Schutz tragen, fordern die Forschenden der Leopoldina.
Verzahnung von Präsenz- und Digitalunterricht
Dass die Maske auch während des Unterrichts zu tragen ist, hat aktuell nur Nordrhein-Westfalen geplant, wo die Infektionszahlen seit Beginn der Pandemie vergleichsweise durchgängig hoch sind. In anderen Bundesländern ist die Maskenpflicht an Schulen weniger strikt formuliert. Fünf Bundesländer, darunter Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt, verpflichten momentan gar nicht zur Maske.
Sollte ein permanenter Besuch von Bildungseinrichtungen aufgrund der zweiten Welle nicht möglich sein, empfiehlt die Leopoldina eine Verzahnung von Präsenz- und Distanzunterricht. Der Ausbau digitaler Lehr- und Lernmöglichkeiten sei dabei unbedingt geboten. Den pädagogischen Fachkräften müssten eine entsprechende technische Ausstattung, digitale Lehrmittel sowie Fortbildungskonzepte offeriert werden. Aufgrund ihrer im Verlauf der Pandemie gestiegenen Belastung müsse es für Familien regelmäßige Sprechstunden und pädagogische Coachingangebote geben – sowie Materialien für den Heimunterricht.
Einrichtung zentraler Unterstützungsstrukturen
Um die Empfehlungen schließlich umsetzen zu können, pochen die Wissenschaftler auf zentrale Unterstützungsstrukturen – koordiniert etwa durch Landesinstitute und Ministerien – und eine gleichzeitige Flexibilität, die örtliche Bedarfe in Rechnung stellt.
„Zur Einrichtung der notwendigen digitalen Infrastruktur für die Bildungseinrichtungen wird empfohlen, einen länderübergreifenden Beirat einzusetzen, der die hierfür notwendigen Maßnahmen definiert und deren Umsetzung koordiniert“, heißt es in der Stellungnahme der Akademie. Auch weil sich die Anforderungen permanent ändern können, müssten alle angewandten Maßnahmen weiterhin wissenschaftlich ausgewertet werden.
Christoph David Piorkowski
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