Biosicherheit: USA stoppen Experimente an Grippeviren
Forscher frisieren die Gene von Viren und Bakterien, um herauszufinden, welche Mutationen sie gefährlich für den Menschen machen. Die USA finanzieren solche Experimente vorerst nicht mehr.
Das Wissenschafts- und Technologiebüro des Weißen Hauses und das US-Gesundheitsministerium haben eine Untersuchung und einen Finanzierungsstopp von Forschungsvorhaben angeordnet, bei denen durch gezielte Erbgutveränderungen Viren mit neuen Eigenschaften entstehen. Solche „gain-of-function“-Experimente werden seit 2011 diskutiert, als Forscher in den Niederlanden und den USA Vogelgrippeviren so veränderten, dass die Viren über die Atemwege Frettchen infizierten, die als besonders menschenähnliches Tiermodell gelten.
Sinnvolle Experimente oder unnötiges Risiko?
Forscher verändern das Erbgut von Viren, um besser zu verstehen, welche Genmutationen einen Erreger aggressiver oder infektiöser machen. Die Sorge ist aber, dass solche Experimente ein Sicherheitsrisiko darstellen, falls die Viren versehentlich freigesetzt werden oder wenn das Wissen darüber, wie sich die Krankheitserreger verschärfen lassen, in falsche, bioterroristische Hände gerät. Zwischen Januar 2012 und Januar 2013 hatten Grippevirusforscher in einem freiwilligen Moratorium zunächst auf „gain-of-function“-Experimente verzichtet, um eine gesellschaftliche Debatte zu ermöglichen. Seitdem sind in den USA eine Reihe neuer Richtlinien erlassen worden für die Durchführung und Veröffentlichung von Forschungsvorhaben, die Fragen der Biosicherheit aufwerfen (Dual Use Research of Concern, DURC). Auch in Deutschland hat sich der Nationale Ethikrat mit DURC beschäftigt und Gesetzesänderungen vorgeschlagen.
Das neue Moratorium kommt nun nicht mehr von den Forschern selbst, sondern von Regierungsseite – nachdem im Juni dieses Jahres versehentlich Anthrax-Bakterien in einem Labor der US-Gesundheitszentren CDC freigesetzt wurden, und kurz darauf in Vergessenheit geratene Behälter mit Pockenviren in der gleichen Behörde gefunden wurden.
Keine Experimente, die Erreger verschärfen
Die Nationalen Gesundheitsinstitute (NIH) sind nun angehalten, vorerst keine Experimente mehr zu finanzieren, „von denen anzunehmen ist, dass sie zu neuen Eigenschaften bei Influenza-, MERS- oder SARS-Viren führen, die die Aggressivität und/oder Übertragbarkeit über die Atemwege in Säugetieren erhöhen“, so das Weiße Haus in einer Erklärung. Darüber hinaus werden Forscher aufgefordert, bereits begonnene Experimente dieser Art einzustellen, bis Nutzen und Risiken neu bewertet wurden.
Sascha Karberg
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