Resistente Keime: Todbringendes Souvenir
Eine US-Amerikanerin brach sich in Indien ihr Bein, die Wunde infizierte sich. Der Keim war gegen alle in den USA erhältlichen Antibiotika resistent. Niemand konnte ihr helfen.
Dass alte Menschen stürzen und sich dabei die Knochen brechen können, gehört zum Alltag. Was jedoch im letzten Sommer einer über 70-jährigen Amerikanerin widerfahren ist, ist für viele Ärzte ein Albtraum. Ihre Wunde hatte sich mit einem äußerst widerspenstigen Keim infiziert, gegen den kein einziges in den USA erhältliches Mittel etwas ausrichten konnte. Die Frau starb im letzten September an einer Sepsis.
Ihr Leidensweg begann während einer Indienreise. Sie hatte sich den rechten Unterschenkel gebrochen, bald darauf entzündete sich das Knochenmark im Bein und in der Hüfte. Mehrfach musste die Frau in die Klinik. Als sie im Sommer 2016 nach Nevada zurückgekehrt war, sammelte sich zudem in ihrer Hüfte Flüssigkeit. Am 18. August wurde sie ins Krankenhaus in Reno eingeliefert.
Sehr selten, aber kein Einzelfall
Das Labor analysierte eine Probe aus der Wunde und entdeckte eine Variante von Klebsiella pneumoniae. Das Bakterium war gegen alle 14 in der Klinik verfügbaren Antibiotika resistent – einschließlich der Carbapeneme und dem Uralt-Mittel Colistin. Alarmiert isolierten die Ärzte die Frau und schickten eine weitere Probe an die Seuchenbehörde CDC. Von dort kamen ebenfalls beunruhigende Nachrichten. Im Erbgut des Keims fand sich unter anderem das berüchtigte Resistenzgen NDM-1 und die Klebsiellen waren unempfindlich gegen sämtliche 26 in den USA erhältlichen Antibiotika. Niemand konnte der Frau helfen.
Das sei sehr selten, aber kein Einzelfall, betont CDC-Forscher Alexander Kallen, der die Geschichte in der Wochenschrift der amerikanischen Seuchenbehörde zusammengefasst hat. Ähnliches könne sich jederzeit wiederholen. Ärzte sollten Patienten dringend nach Auslandsreisen und Klinikaufenthalten fragen.
Die Keime werden oft unbemerkt weitergetragen
Abgesehen von solch dramatischen Fällen gibt es unentdeckte Übertragungsketten, bei denen Klebsiellen und andere carbapenemresistente Keime von Mensch zu Mensch wandern, ohne je Symptome auszulösen. Das legt eine Untersuchung von 250 Patientenproben nahe, die Ärzte in drei Krankenhäusern in Boston und einer Klinik in Kalifornien gesammelt haben. Anders sei die enorme Vielfalt dieser Keime kaum zu erklären, schreiben Forscher um den Epidemiologen William Hanage von der Universität Harvard im Fachblatt „PNAS“. Sie tauschten zudem eine große Zahl von Resistenzmechanismen untereinander aus. Selbst in den 250 Proben fanden die Forscher eine Abwehrstrategie, die bisher noch nie beobachtet wurde. „Wenn wir diese Übertragungsketten unterbrechen wollen, müssen wir in Kliniken und Pflegeeinrichtungen viel genauer hinschauen“, sagt Hanage.