Energieversorgung in Coronavirus-Krise: Stadtwerke verzichten darauf, säumigen Kunden Strom und Gas abzustellen
Jährlich drehen die Energielieferer zehntausenden Kunden den Hahn zu, weil sie Rechnungen nicht zahlen. Wegen des Coronavirus werden diese Schritte unterlassen.
Der Stadtwerkeverband VKU hat mitgeteilt, dass seine Mitgliedsunternehmen "fast ausnahmslos" keine Unterbrechungen der Versorgung säumiger Kunden vornehmen. Große Versorger hatten das bereits angekündigt. Der Druck aus der Politik war jüngst gewachsen. Die deutschen Strom- und Gasversorger verzichten angesichts der Coronavirus-Krise darauf, säumigen Kunden die Energieversorgung abzustellen.
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Der Hauptgeschäftsführer des Stadtwerkeverbandes VKU, Michael Wübbels, sagte dem Entscheider-Briefing "Tagesspiegel Background Energie & Klima": "Eine Schnell-Abfrage bei VKU-Mitgliedsunternehmen zeigt: Fast ausnahmslos werden dort gegenwärtig bei Zahlungsrückständen keine Unterbrechungen der Strom-, Gas- und Wasserversorgung in Privathaushalten mehr vorgenommen."
Aus VKU-Sicht, sagte Wübbels weiter, sei es ein angemessenes Verhalten, "dass die kommunalen Unternehmen gerade in Zeiten einer Pandemie ihre Dienstleistungen der Daseinsvorsorge den Bürgerinnen und Bürgern ohne Unterbrechung zur Verfügung stellen." Im VKU sind zahlreiche örtliche Grundversorger organisiert, die in aller Regel die Energiesperrung vornehmen.
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Große Versorger wie Eon und die Tochter Innogy sowie EnBW hatten bereits angekündigt, Strom- und Gasanschlüsse auch bei Zahlungsrückständen nicht mehr abzudrehen. Dem jüngsten Bericht der Bundesnetzagentur zufolge wurden 2018 rund 296.000 Kunden der Strom abgestellt, Gassperren gab es bei rund 33.000 Anschlüssen. Die Zahl der Androhungen liegt um ein Vielfaches höher. Bundesweite Zahlen zu den Wassersperren sind offenbar nicht verfügbar.
Bund der Energieverbraucher: Sperrungen in Coronavirus-Krise unrechtmäßig
Wegen der Härte in der besonderen Situation der Corona-Krise hatten Julia Verlinden, Sprecherin für Energiepolitik der Grünen, und ihr Parteifreund Sven Lehmann, Sprecher für Sozialpolitik, am Donnerstag gefordert, bestehende Strom- und Gassperren für Privathaushalte unverzüglich aufzuheben und bis auf Weiteres keine neuen Sperren zu verhängen. Ob von Versorgern tatsächlich auch bestehende Sperren aufgehoben werden, ist unklar.
Der Bund der Energieverbraucher stellte sogar die Rechtmäßigkeit solcher Sperrungen infrage: "In Anbetracht der Covid-19-Pandemie in Deutschland sind Versorgungssperren derzeit ausnahmslos unverhältnismäßig und damit unrechtmäßig", hieß es in einer Mitteilung. Die Stromsperren sind im Jahr 2018 im Vergleich zum Vorjahr um zehn Prozent gesunken und lagen 2018 bei 330.000. Dies entspricht nach Angaben der Bundesnetzagentur etwa 0,6 Prozent aller Letztverbraucheranschlüsse. Die Zahl der Gassperren ging noch etwas deutlicher zurück. Energiesperren müssen bei Zahlungsverzug mindestens vier Wochen vorher vom Versorger angekündigt werden.