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Studierende halten ein Transparent mit der Aufschrift Studihilfe jetzt!
© Swen Pförtner/dpa
Update

Überbrückungshilfen für Studierende: Karliczek will Studierende in finanzieller Not wieder unterstützen

Durch den erneuten Lockdown fallen auch Nebenjobs für Studierende weg. Deshalb kommt die Nothilfe des Bundes zurück, die aber vielfach kritisiert wurde.

Das Wintersemester beginnt am Montag - und damit auch wieder die finanziellen Überbrückungshilfen für Studierende in der Coronakrise. Das erklärte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) am Freitag auf Anfrage des Tagesspiegels.

„Das BMBF beabsichtigt die Wiedereinsetzung der Überbrückungshilfe für Studierende in pandemiebedingter Notlage für den Monat November vorzunehmen", teilte ein Ministeriumssprecher mit. Dieses Instrument habe sich bereits in den Monaten von Juni bis September bewährt - "und sollte aufgrund der aktuellen Entwicklung wieder aktiviert werden".

Damit reagiert das BMBF auf entsprechende Forderungen von Studierendenverbänden, Gewerkschaften und Parteien angesichts des ebenfalls am 2. November startenden Wellenbrecher-Lockdowns mit harten Einschnitten für die Gastronomie, Hotels und das Veranstaltungsgewerbe.

Überbrückungshilfe verbessern, fordert die GEW

„Die Bundesregierung muss die Überbrückungshilfe für in Not geratene Studierende umgehend wieder auflegen und verbessern", erklärte GEW-Vorstand Andreas Keller am Freitag. "Weil gastronomische Einrichtungen schließen und Veranstaltungen abgesagt werden müssen, verlieren viele Studierende erneut ihre Jobs." Dabei seien zwei Drittel der Studierenden auf Nebenjobs angewiesen.

Auch der Studierendenverband fzs hat die Bundesregierung "zum unverzüglichen Handeln hinsichtlich der ökonomischen Not der Studierenden" aufgefordert. Die Überbrückungshilfen müssen sofort reaktiviert werden, "bis ein verbessertes Tool entwickelt ist".

[Lesen Sie auch unseren Bericht über den zwischenzeitlichen Stopp des Programms: "Überbrückungshilfe hat Zweck erfüllt"]

Einen konkreten Zeitplan und Modalitäten für den Neustart des Ende September beendeten Programms nannte das BMBF am Freitag nicht. "Die möglichen Auswirkungen der Beschlüsse von Bund und Ländern zur Bekämpfung der SARS-CoV-2-Pandemie auf Studierende sind derzeit Gegenstand von Gesprächen mit dem Deutschen Studentenwerk und den Studierenden- bzw. Studentenwerken", hieß es aus dem Ministerium.

Der Agentur Reuters zufolge kündigte eine Sprecherin des Bundesbildungsministeriums am Freitag zudem an, die Hilfen sollten "möglichst schnell" wieder fließen.

Die studentischen Bafögberater*innen an der Humboldt-Universität zu Berlin reagierten enttäuscht auf die Ankündigung des BMBF, dass die Nothilfe zunächst befristet im November wieder fließen soll. Wer jetzt Lockdown-bedingt den Job verliert, dem oder der fehle das Geld erst Ende November - und dann heiße es wieder warten.

Wegen entspannter Wirtschaftslage gestoppt

Den zwischenzeitlichen Stopp der Überbrückungshilfen hatte das Ministerium von Anja Karliczek (CDU) im September damit begründet, dass sich die Wirtschaftslage "erfreulicherweise wieder entspannt" habe. Damit verbessere sich auch wieder das Beschäftigungsangebot für Studierende, hatte Karliczeks Staatssekretär Michael Meister erklärt.

Die verbesserte Wirtschafts- und Beschäftigungslage habe bereits dazu geführt, dass die Zahl der Anträge zurückgegangen sei oder die pandemiebedingte Notlage bei Antragsstellung in immer weniger Fällen nachgewiesen werden könne. "Die von Beginn an befristet angelegte Überbrückungshilfe hat damit ihren Zweck erfüllt“, erklärte Meister.

Harte Bedingungen, viele Ablehnungen

Diese Aussage ist spätestens mit dem nun beginnenden und zunächst auf einen Monat terminierten Lockdown light überholt. Dass auch das BMBF das so sieht, zeigt die Ankündigung, das Programm nun doch zu verlängern. Allerdings war die Überbrückungshilfe in den vergangenen Monaten von vielen Seiten als unzulänglich kritisiert worden.

Studierende mussten in einer verschärften Notlage sein, um die Hilfe zu bekommen: Nur wer weniger als 100 Euro auf dem Konto hatte, bekam den vollen monatlichen Zuschuss von 500 Euro im Monat. Wer zwischen 100 Euro und 199,99 Euro hatte, erhielt 400 Euro. Waren es bis zu 499,99 Euro, gab es lediglich 100 Euro vom Bund.

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Diese von den Studierendenwerken ausgezahlten Beträge reichten aus der Sicht von Verbänden, Gewerkschaften und der Opposition nicht zur Existenzsicherung. Zudem wurden zahlreiche Anträge abgelehnt - und das Programm des BMBF am Ende gar nicht ausgeschöpft.

25 Millionen Euro sollen nach Aussage der Grünen im Bundestag ans Bundesfinanzministerium zurückgeflossen sein. In Berlin war das vorhandene Budget bis Mitte September sogar nur zur Hälfte ausgezahlt worden.

Grüne sehen BMBF-Nothilfe als "Schrott"

"Wir halten die Überbrückungshilfe für Schrott", sagte Kai Gehring, der hochschulpolitische Sprecher der Grünen, bei einem Pressegespräch am Morgen. Die Nothilfe sei ebenso unzulänglich wie die KfW-Studienkredite, die in der Coronakrise zu Sonderkonditionen angeboten werden. Letztere führten Studierende in die Schuldenfalle.

Als "neuen Aufschlag" für die Studienfinanzierung haben die Grünen am Freitag erneut ihr Modell einer "Grundsicherung" vorgestellt. Damit solle das Bafög zusammen mit dem Kindergeld in ein neues Modell für junge Menschen in Ausbildung umgewandelt werden.

Symbolbild, auf dem ein fiktiver Studierender einen Bafög-Antrag ausfüllt.
Vorschläge zum (vorübergehenden) Umbau des Bafög kommen auch von der FPD und der SPD.
© Marcus Brandt/dpa

Garantiebetrag statt Kindergeld

Die von den Grünen vorgeschlagene Grundsicherung für Studierende besteht aus zwei Bausteinen: Ein monatlicher Garantiebetrag von 290 Euro soll als Ersatz für das Kindergeld an alle Studierenden bis zum 25. Geburtstag ausgezahlt werden. Hinzu kommt ein Bedarfszuschuss, der vom Einkommen und der Vermögenssituation der Eltern abhängig ist.

Zusammen mit zusätzlich anrechenbaren Kosten für Wohnung und Versicherung könnten die Begünstigten so auf bis zu 1062 Euro im Monat kommen. Zum Vergleich: Der bisherige Bafög-Höchstsatz beträgt 861 Euro monatlich. Anders als das Bafög, das zur Hälfte als zinsfreies Darlehen ausgezahlt wird, soll der Bedarfszuschuss ein Vollzuschuss sein, erklären die Grünen.

[So soll die Antragstellung beim Bafög digitalisiert werden: Schneller ans Bafög kommen]

Die Kosten für diese "Grundsicherung" bezifferte Gehring auf "insgesamt 2,7 Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich". Das Modell zur Studienfinanzierung sei "eine ambitionierte Alternative zum Bafög".

Katrin Göring-Eckardt, die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, erklärte, die Grundsicherung sei in der Coronakrise "eine Absicherung für Studierende in einer Phase, in der ihnen viel weggebrochen ist und ihre Eltern teilweise auch nicht mehr einspringen können".

Jens Brandenburg, hochschulpolitischerSprecher der FDP-Bundestagsfraktion, erneuerte eine Forderung aus dem Frühjahr: Das Bafög-Volldarlehen müsse für alle Studierenden, die ihren Nebenjob verloren haben, geöffnet werden. Darin sieht er auch eine Alternative zu den KfW-Krediten, weil damit die zinsfreie Rückzahlung erst nach dem Studium einkommensabhängig fällig wäre.

Die SPD-Fraktion schlägt dagegen einen Notfallmechanismus im Bafög vor, "um die Studierenden bei der Finanzierung von Lebenshaltungskosten und Miete zu unterstützen".

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