Die nächste Exzellenzinitiative: Gesucht: Acht bis elf dauerhafte Exzellenzunis
Die neue Exzellenzinitiative: Universitäten, die im Jahr 2019 siegen, sollen dauerhaft vom Bund mitgefördert werden. Dafür gibt es Lob und Tadel.
Der Bund wird die zukünftigen acht bis elf „Exzellenzunis“ dauerhaft finanziell mitunterstützen. Zugleich wird die gesamte Exzellenzinitiative auf Dauer gestellt. So haben es Bund und Länder in der Sitzung ihrer Gemeinsamen Wissenschaftskommission (GWK) am Freitag in Berlin beschlossen. Nur Hamburg enthielt sich. Die deutsche Hochschullandschaft steht vor einer Wende. Die Auserwählten werden durch den Bundeszuschuss gegenüber allen anderen Universitäten privilegiert – selbst wenn es sich gemessen am Gesamtetat der Unis nicht um riesige Summen handelt: So verfügt die TU Berlin im Jahr 2016 über einen Etat von 310 Millionen Euro (Staatszuschuss ohne Drittmittel). Eine Exzellenzuni soll jährlich zehn bis 15 Millionen Euro zusätzlich bekommen, ein Exzellenzverbund aus mehreren Unis 15 bis 28 Millionen Euro.
Acht bis elf Exzellenzunis sind ein Kompromiss, sagt Wanka
Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) erklärte: "Das neue Exzellenzprogramm wird die Spitzenforschung an deutschen Universitäten weiter voranbringen und unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit und Sichtbarkeit als Wissenschaftsstandort stärken." Die zukünftigen Exzellenzuniversitäten erhielten Verlässlichkeit und müssten sich nicht immer mit neuen Anträgen bewerben. Die vereinbarte Zahl von acht bis elf Exzellenzuniversitäten - oder Exzellenzverbünden, sollten sich mehrere Universitäten gemeinsam bewerben - sei ein Kompromiss, sagte Wanka: „Wir haben lange darüber gestritten.“ Die Unionsfraktion hatte eine kleinere Zahl von drei bis fünf Exzellenzunis ins Spiel gebracht. Die Expertenkommission um den Schweizer Dieter Imboden hält jedoch eine Zahl von zehn Exzellenzunis für plausibel. Das war auch der Standpunkt der SPD-Fraktion im Bundestag.
Unis, die alleine antreten, brauchen zwei neue Cluster
Wie hoch die dauerhafte Förderung pro Uni genau ausfällt, wird festgelegt, wenn die Exzellenzunis ausgewählt werden: nämlich im Juli 2019. Die Entscheidung fällt die „Exzellenzkommission“, der Bund, Länder und 39 Wissenschaftler angehören. Unter den Bewerberinnen dürfen überhaupt nur solche Universitäten sein, die vorher in der neuen Runde des Wettbewerbs zwei Cluster eingeworben haben. Bislang reichten ein Cluster und eine Graduiertenschule, um sich für die Bewerbung zu qualifizieren.
Neu ist, dass auch gemeinsame Bewerbungen mehrerer Unis möglich sein sollen. Für dieses Format hatte sich Berlins Wissenschaftssenatorin Sandra Scheeres (SPD) stark gemacht. Erwartet wird, dass FU, HU und TU sich gemeinsam bewerben. Ein Verbund soll mindestens drei Cluster eingeworben haben, um in die Auswahl als Exzellenzuni zu kommen. Insgesamt sollen 45 bis 50 Cluster über zweimal sieben Jahre gefördert werden, ihr jährliches Finanzvolumen soll zwischen drei und zehn Millionen Euro liegen. Die Entscheidung über die Cluster fällt im September 2018.
Auch vergangene Verdienste sollen zählen
Um „Exzellenzuni“ zu werden, muss eine Uni sich im weiteren Verlauf in zwei Kriterienkatalogen beweisen. Der eine bewertet ihre bisherige Forschungsleistung („past merits“), zum Beispiel auf der Basis von Drittmitteln, Preisen, dem DFG-Förderatlas sowie Leistungen aus den bisherigen Runden der Exzellenzinitiativen. Die Parameter und wie sie untereinander gewichtet werden sind mit dem Beschluss nicht festgelegt. Dem Vernehmen nach wird erwartet, dass der Wissenschaftsrat, der das Verfahren durchführt, die Indikatoren konkretisiert.
Die Kommission um den Umweltphysiker Dieter Imboden hatte im Januar vorgeschlagen, die past merits zur alleinigen Messlatte der Auswahl von „Exzellenzunis“ zu machen. Auch Baden-Württembergs Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) wünschte sich dies.
Der nun gefundene Kompromiss sieht aber vor, dass die Unis auch nach ihren Zukunftsplänen beurteilt werden. In „strategischen Gesamtkonzepten“ sollen sie sich Unis etwa zu ihrer „Governance“, zu ihrer Berufungsstrategie oder zu ihrem „institutionellen Reifegrad“ äußern. Hinter den Kulissen heißt es, das Zukunftskonzept werde den Ausschlag bei der Kür der Unis geben. Die past merits würden als Nebenkriterium herangezogen, weshalb sich gegenüber dem bisherigen Verfahren wenig ändere.
Ohne eine Ländermehrheit geht es nicht
Bei der Schlussabstimmung über die nächsten „Exzellenzunis“ können Entscheidungen nicht mehr ohne den Bund und ohne eine Mehrheit von neun Ländern fallen. Ursache ist die Tragweite der Entscheidung: Immerhin geht es um die dauerhafte Finanzierung von Exzellenzunis. Im bisherigen Verfahren wäre es theoretisch möglich gewesen, dass die Wissenschaftler gemeinsam mit dem Bund und ohne die Länder oder gemeinsam mit den Ländern und ohne den Bund zu einer Entscheidung kommen. Nun sollen die Wissenschaftler getrennt von Bund und Ländern abstimmen, eine einfache Mehrheit reicht. Bund und Länder müssen ihrerseits 25 Stimmen zusammenbringen. Der Bund hat 16 Stimmen, die Länder je eine Stimme.
Die Politiker würden nur eingreifen, wenn die Wissenschaftler Politik machen wollen
Allerdings werden die Wissenschaftler die Entscheidungen trotzdem faktisch unter sich ausmachen. Denn in ihrer „Expertenkommission“ bereiten sie die folgende Schlussentscheidung mit den Politikern in der „Exzellenzkommission“ vor. Erwartet wird, dass die Wissenschaftler Bund und Ländern eine fertige Liste von Exzellenzunis präsentieren, die die Politik im Paket verabschiedet.
Eingreifen würden die Politiker aber, sollten die Wissenschaftler massiv politisch agieren wollen, indem sie etwa nur fünf statt der möglichen acht bis elf Unis vorschlagen, sagt ein Insider. Bei der ersten Runde der Exzellenzinitiative im Jahr 2006 war es zum Eklat gekommen, als die Wissenschaft der Politik nur drei Exzellenzunis präsentierte. Politiker warfen den Wissenschaftlern daraufhin vor, mit der extrem kleinen Auslese eine (elitäre) Politik machen zu wollen. Der damalige DFG-Präsident Ernst-Ludwig Winnacker erklärte hingegen, es seien „nicht mehr gute Anträge“ eingereicht worden.
Nach sieben Jahren wird evaluiert
Trotz seines neuen dauerhaften finanziellen Engagements soll der Bund keinen Einfluss auf die Exzellenzunis nehmen, wenn es um ihre Verfasstheit oder um ihre Steuerung geht, heißt es in dem Beschluss. Allerdings soll es regelmäßige „Statusgespräche“ zwischen Bund und Sitzland geben, in denen „der inhaltliche Fortschritt, der Einsatz der zusätzlichen Mittel und die weitere Planung erörtert“ wird. Alle sieben Jahre sollen die Exzellenzunis evaluiert werden. Dabei soll „insbesondere“ geprüft werden, „ob die Voraussetzungen einer gemeinsamen Förderung … weiterhin gegeben sind“. Unis, die nicht mehr als förderungswürdig gelten, sollen über drei Jahre einen degressiven Zuschuss bekommen.
Vom 1. November 2017 an sollen 80 Millionen Euro für die Übergangsfinanzierung der jetzigen Exzellenzrunde fließen, vom Jahr 2018 dann jährlich 533 Millionen Euro in die neue Runde.
Lob und Tadel aus Politik und Wissenschaft
Horst Hippler, der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, lobte zwar die neue Planungssicherheit. Allerdings privilegiere der Wettbewerb große Unis, da nur jene Unis den Exzellenzstatus erlangen können, die vorher zwei Cluster eingeworben haben: "Die erfolgreichsten Universitäten sind keineswegs die größten. Insofern wird der Wettbewerb von vorneherein stark eingeschränkt."
Berlins Wissenschaftssenatorin Sandra Scheeres (SPD) nannte das Ergebnis der Verhandlungen von Bund und Ländern "ausgewogen". Berlin habe "die besten Möglichkeiten", erneut "hervorragend" abzuschneiden. Scheeres lobte die Möglichkeit, auch als Verbund ins Rennen zu gehen und sprach sich indirekt für einen Verbundantrag der Berliner Universitäten aus: "Die Berliner Einrichtungen kooperieren bereits in sehr hohem Maße. Gerade auch bei der letzten Runde der Exzellenzinitiative war dies ein Schlüssel zum Erfolg."
"Eine historische Zäsur"
Lob für den Beschluss kam auch von der Unionsfraktion im Bundestag. Albert Rupprecht (CSU) erklärte, es handle sich um "eine historische Zäsur in der Wissenschaftspolitik." Über die dauerhafte Förderung werde es möglich, die Unis "langfristig in der internationalen Champions League ganz nach vorne" zu bringen. Alexandra Dinges-Dierig (CDU) teilte mit, die neue Initiative werde "entscheidende Impulse für die Stärkung unseres Wissenschaftssystems insgesamt geben." Hubertus Heil, Vizechef der SPD-Fraktion im Bundestag, nannte den Beschluss von Bund und Ländern, gemeinsam in die dauerhafte Uni-Förderung einzusteigen, einen "Meilenstein": "Und wir sehen, was auch im Schulbereich möglich wäre, wenn die Union nicht weiter halsstarrig am Kooperationsverbot festhalten würde." Die SPD werden nun auf eine dauerhafte Lösung für den Hochschulpakt hinwirken, "um allen die gleiche Chance auf einen Studienplatz und ein gutes Studium dauerhaft zu sichern."
"Bundesliga mit Ewigkeitsperspektive"
Kai Gehring von der Bundestagsfraktion der Grünen erklärte: "Zum Glück sind die Förderphantasien der Union von drei bis fünf "'deutschen Harvards' vom Tisch." Allerdings seien die Voraussetzungen für die Bewerbung als Exzellenzuni mit zwei Clustern "eine hohe Hürde, die es kleinen, mittelgroßen und aufholenden Universitäten unnötig schwer macht." Vor allem sei es "widersinnig", "eine exklusive Bundesliga mit Ewigkeitsperspektive" zu schaffen, die der Exzellenzinitiative ihren wettbewerblichen Charakter und ihre Dynamik nehme. Besser solle der Bund den Hochschulpakt für Studienplätze verstetigen.
Das letzte Wort über die neue Exzellenzinitiative haben die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten am 16. Juni.
- Eine Debatte über die Zukunft der Exzellenzinitiative und "Bundesunis" finden Sie auf unserem Debattenportal Causa.