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Spuren im "White Sands National Monument", einem Nationalpark in New Mexico, zeugen wohl von einem Kampf Mensch gegen Riesenfaultier.
© Matthew Bennett, Bournemouth University

Halali aus der Steinzeit: Fossile Spuren legen Jagd von Menschen auf Riesenfaultiere nah

Riesenfaultiere sind lange ausgestorben. Jetzt haben Forscher menschliche Spuren in prähistorischen Fußabdrücken der Steinzeit-Tiere entdeckt.

Irgendwann vor 15.600 bis vor 10.000 Jahren hinterließen Mammuts, Raubkatzen und Riesenfaultiere im schlammigen Boden am Ufer eines Sees in New Mexico ihre Spuren. Bald bildeten sich Gipskristalle, die zusammen mit den Hinterlassenschaften von Algen die Fußabdrücke der Tierwelt der Steinzeit zementierten. Heute erfahren Paläontologen aus den fossilen Fährten im „White Sands National Monument“ viel über das Leben längst ausgestorbener Tiere. So fanden Matthew Bennett von der Bournemouth University im englischen Poole und seinen Kollegen deutliche Hinweise, wer damals den Riesenfaultieren nachgestellt haben könnte. In den Abdrücken der Faultierpfoten fanden sie die Spuren menschlicher Füße, berichten die Forscher in der Zeitschrift "Science Advances".

Die steinzeitlichen Jäger waren dem Faultier dicht auf den Fersen

„Auf gute Absichten der Menschen deuten solche Spuren wohl kaum hin“, vermutet Michael Hofreiter von der Universität Potsdam. „Schließlich könnten Riesenfaultiere als Beute durchaus interessant gewesen sein“, erklärt der Paläogenetiker, der das Erbgut der Riesenfaultiere erforscht.

Auch Matthew Bennett und seine Kollegen haben Indizien gefunden, die eine Jagd vermuten lassen: So waren die Steinzeitmenschen jeweils genau in die Spuren der Tiere getreten. Dabei mussten die damals wohl nur 1,40 Meter großen Jäger ihre normalerweise 60 Zentimeter langen Schritte an die deutlich weiteren Abstände der Tierspuren anpassen, die immerhin zwischen 80 Zentimetern und 1,10 Metern auseinanderlagen. Die Zehen der Menschen zeigten dabei in die Laufrichtung der Faultiere. Offensichtlich folgten die Steinzeitjäger also den Tieren und liefen nicht etwa in die entgegengesetzte Richtung. Obendrein hatten die Fährtensucher keine kalte Spur entdeckt, sondern liefen gleich hinter den Tieren, genauso wie es eben Jäger tun. Die Forscher fanden nämlich keinerlei Hinweise auf Wasser oder Schlamm, der unter den Menschenfüßen weggespritzt war. Daher sollte der zeitliche Abstand so kurz gewesen sein, dass die vom Riesenfaultier-Fuß hinterlassene Vertiefung sich noch nicht wieder mit Wasser gefüllt hatte. Die Jäger waren ihrer potentiellen Beute also dicht auf den Fersen.

So schnell wie Elefanten

Das war vermutlich schwieriger als es sich anhört. Schließlich dürften sich die Faultiere damals anders verhalten haben als ihre Verwandtschaft, die bis heute in den Regenwäldern Süd- und Zentralamerikas überlebt hat. Heute hangeln sich die Tiere sehr gemächlich durch das Geäst. Die mehrere hundert Kilogramm schweren Riesenfaultiere lebten dagegen auf dem Boden. „Sie waren einfach zu schwer, um sich im Kronendach des Waldes aufzuhalten“, vermutet Hofreiter Vermutlich konnten sich die Tiere notfalls im Tempo von Elefanten bewegen.

Ein solcher Notfall könnte bei den Riesenfaultieren im Süden Nordamerikas durchaus vorgelegen haben. Fehlen die Abdrücke menschlicher Füße, laufen die Fährten der Faultiere meist schnurstracks geradeaus. Folgten ihnen aber Jäger, änderten die Tiere manchmal abrupt die Richtung - ähnlich hakenschlagender Hasen.

Menschen trugen zum Aussterben der Faultiere bei

Manchmal standen die Riesenfaultiere offensichtlich auch auf der Stelle und richteten sich auf die Hinterfüße auf. So bekamen sie ihre Vorderbeine frei und konnten sich mit den scharfen Klauen effektiv verteidigen. An einer solchen Stelle fanden die Forscher sogar Fußabdrücke von Menschen, deren Zehen genau auf die Tierspuren zeigten. Dieser Zweibeiner könnte eventuell die Riesenfaultiere mit ihren gefährlichen Klauen abgelenkt haben, während ein weiterer Jäger mit relativ geringem Risiko die Beute von hinten mit einem Speer angreifen konnte.

Da die Forscher nicht nur eine, sondern mehrere solcher Spuren von verschiedenen Tieren fanden, deutet vieles darauf hin, dass die Menschen zum Zeitpunkt der Entstehung der Fährten auf der Jagd waren. Das wäre ein weiteres Indiz für die Theorie, dass große Säugetiere wie das Riesenfaultier zwar die Eiszeit in Amerika ohne größere Probleme überstanden, aber kurz nach der Ankunft der ersten Menschen auf dem Kontinent auch deshalb ausstarben, weil sie von Homo sapiens bejagt wurden.

Roland Knauer

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