Schlaf: Faultiere sind gar nicht so faul
In der Wildbahn sind Faultiere nicht fauler als der durchschnittliche Teenager.
Der durchschnittliche Tag eines durchschnittlichen Faultiers unterscheidet sich anscheinend gar nicht so sehr von Ihrem und meinem: 8:00 Uhr aufstehen, 18:00 Abendessen, 23:00 Uhr schlafen gehen.
Auch wenn das nicht wirklich hektisch klingt, ist es doch deutlich mehr Aktivität als man bislang von Faultieren erwartet hat. Studien mit in Gefangenschaft lebenden Faultieren hatten die Annahme nahe gelegt, dass die Tiere beinahe 16 Stunden am Tag schlafen. Erste Aufzeichnungen der Hirnaktivität wild lebender Tiere zeigen jedoch, dass der tatsächliche Wert bei weniger als 10 Stunden liegt.
"Ich war erstaunt - ich hatte geringere Unterschiede erwartet, aber sechs Stunden pro Tag sind ein sehr großer Unterschied", sagt der Erstautor der Studie, Niels Rattenborg vom Max-Planck-Institut für Ornithologie in Starnberg.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Zeit, die ein Tier im Labor schläft, nicht reflektiert, wie oft es in freier Wildbahn ein Auge zu bekommt. Und sie lassen vermuten, dass der Vergleich der Schlafmuster verschiedener Spezies unterschiedliches Verhalten und Umweltfaktoren einbeziehen muss.
Rattenborg und seine Kollegen zeichneten mit einem adaptierten Minigerät die neurophysiologische Aktivität dreier weiblicher im Regenwald von Panama lebender Braunkehlfaultiere auf. Zusätzlich wurden den Tieren Radiotelemetrie-Sender und Beschleunigungsmesser um den Hals angelegt.
Auf den Füßen
3 bis 5 Tage später fingen die Wissenschaftler die Faultiere wieder ein und entfernten die Geräte. Anhand der Daten konnten sie leicht feststellen, wann die Tiere wach gewesen waren, wann sie geschlafen hatten sowie die REM-Schlafphase bestimmen, die bei Menschen mit Träumen verbunden ist. Die Resultate wurden in Biology Letters (1) veröffentlicht.
Der Bewegungssensor zeigte, dass die Tiere zumeist nach Sonnenuntergang kauten. Die Aufzeichnung der Gehirnströme ergab, dass die Faultiere nahezu unveränderlich zwischen 4:00 und 6:00 Uhr schliefen.
Die gesamte Schlafenszeit der Faultiere - von der etwa ein Fünftel auf die REM-Phase entfällt - entspricht grob dem, was man bei einem Tier dieser Größe erwartet, sagt Rattenborg. "Hinsichtlich ihrer Hirnfunktion sind Faultiere möglicherweise gar nicht so faul, wie wir vorher dachten", fügt er hinzu.
Wild lebende Faultiere sind möglicherweise wachsam, weil sie Futter finden und etwaige Bedrohungen vermeiden müssen, vermutet Rattenborg. Oder es gibt individuelle Unterschiede: Der 16-Stunden-Wert wurde 1983 in einer Studie ermittelt, die unspezifisch erwachsene und juvenile Tiere untersuchte. Jungtiere neigen dazu, mehr zu schlafen.
Häusliches Glück
Von Pferden und Kühen weiß man, dass sie im Stall länger schlafen als auf der Weide, sagt Schlafforscher Jim Horne von der Loughborough University in Großbritannien. Zootiere sind ebenfalls schläfrig - vielleicht weil sie sich sicher fühlen, vielleicht aber auch, weil sie gelangweilt sind. Haustiere könnten ganz einfach deshalb länger schlafen, um unproduktive Zeit zu überbrücken, vermutet Horne.
Die Zeit, die verschiede Spezies schlafen, variiert breit - das Riesengürteltier verbringt täglich 18 Stunden schlafend, die Giraffe dagegen weniger als 2. Um die Schlafgewohnheiten von Tieren gänzlich zu verstehen, müssen wir Schlaf in einen größeren Kontext stellen, sagt Horne, die Zeit und den Energiehaushalt der Tiere betrachten sowie die Bedrohungen, denen sie ausgesetzt sind.
Es könnte sein, dass die Schlafmuster in Städten lebender Menschen unsere beschützte Existenz widerspiegeln. "Sind wir hinsichtlich unseres Schlafs wild lebend oder in Gefangenschaft", fragt Horn. "Ich denke, irgendwo zwischen beiden Extremen."
(1) Rattenborg, N. C. et al. Biol. Lett. doi:10.1098/rsbl.2008.0203 (2008).
Dieser Artikel wurde erstmals am 13.5.2008 bei news@nature.com veröffentlicht. doi: 10.1038/news.2008.820. Übersetzung: Sonja Hinte. © 2007, Macmillan Publishers Ltd
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