Berliner Hochschulen: Flüchtlinge an die Unis? In Berlin möglich, aber schwierig
Berlin hat sich anfangs schwer damit getan, seine Hochschulen für Flüchtlinge zu öffnen. Jetzt ist der Weg im Prinzip frei, doch nicht nur aus der Sicht der Unis bleiben noch viele Fragen offen.
„Die Aufnahme eines Studiums soll zukünftig nicht mehr aufenthaltsrechtlich untersagt werden.“ Mit dieser Formulierung im neuen Berliner Flüchtlingskonzept sollen sich die Türen der Hochschulen für Geflüchtete öffnen. Vor zwei Wochen hatte Innensenator Frank Henkel (CDU) eine entsprechende Bitte von Wissenschaftssenatorin Sandra Scheeres und Sozialsenatorin Dilek Kolat (beide SPD) wie berichtet noch abgelehnt. Jetzt freut sich Scheeres über die „wichtige Klärung“. Sie gehe davon aus, dass die Innenverwaltung nun die bislang restriktive Praxis der Ausländerbehörde ändere, die Asylbewerbern in die Papiere schreibt: „Studium nicht gestattet“.
Flüchtlinge, die die Zugangsvoraussetzungen erfüllen, bekämen „die faire Möglichkeit, ein Studium aufzunehmen“, sagte Scheeres am Mittwoch. Doch über den einen Satz im Senatskonzept hinaus ist bislang wenig geklärt. Auf Anfrage heißt es aus der Wissenschaftsverwaltung, die Regelung solle für alle Asylbewerber gelten, also auch für solche, die aus einem sogenannten sicheren Drittland kommen und voraussichtlich Deutschland bald wieder verlassen müssen. Ein Studienplatz würde sie nicht vor der Abschiebung bewahren.
Willkommenskurse soll es in Berlin nicht geben
Ansonsten würden für Flüchtlinge selbstverständlich die üblichen Bewerbungskriterien gelten. Sie konkurrieren also mit anderen Bewerbern aus dem Nicht-EU-Ausland, für die in der Regel fünf bis acht Prozent der Studienplätze reserviert sind. Spezielle Willkommenskurse soll es nicht geben, ist zu hören.
Überhaupt wird es für Flüchtlinge keinesfalls leicht sein, einen Studienplatz zu ergattern. Problematisch kann es schon bei der Vorlage der Zeugnisse werden, die in Berlin die Service-Agentur Uni-Assist prüft. Viele können ihre Qualifikationen nicht schriftlich nachweisen – sei es, dass Dokumente in der Heimat zurückgelassen werden mussten oder auf der Flucht verloren gegangen sind. Die Landesrektorenkonferenz will bei der Anerkennung von Zeugnissen „kulanter“ sein. Was genau das bedeutet, ist unklar. Aus den Unis heißt es, im Einzelfall könnten einfache Kopien oder Scans statt der erforderlichen Originaldokumente oder beglaubigten Kopien ausreichen. Sollten aber nicht einmal einfache Kopien vorliegen, könne man Bewerber eigentlich nicht zulassen, heißt es.
Ohne Zeugnisse zur Eignungsprüfung im Studienkolleg?
Ein Weg für Geflüchtete ohne Zeugnisse könnte über die sogenannte Feststellungsprüfung an den Studienkollegs der Hochschulen führen, erklärt die Wissenschaftsverwaltung. Diese bereiten ausländische Bewerber, denen formale Voraussetzungen fehlen, in einjährigen Sprach- und Fachkursen auf ein Studium vor. Möglich sind aber auch externe Prüfungen ohne vorherige Kurse. Die Unis könnten auch „Einzelgespräche“ führen, heißt es.
Eine weitere Hürde sind die Sprachkenntnisse, die internationale Bewerber brauchen – mindestens auf dem Niveau C1. Studierwillige müssen die „Deutsche Sprachprüfung für den Hochschulzugang ausländischer Studienbewerber“ (DSH) oder den Test Deutsch als Fremdsprache auf Niveaustufe 4 absolvieren. Die DSH-Prüfung wird in der Regel an den Sprachenzentren der Unis abgenommen.
Bleibt die Frage nach der Finanzierung des Studiums. Üblicherweise müssen internationale Studierende nachweisen, dass ihr Lebensunterhalt etwa durch Zahlungen der Eltern oder ein Stipendium gesichert ist. Dies gilt aus der Sicht der Wissenschaftsverwaltung nicht für Flüchtlinge. Doch obwohl keine Studiengebühren erhoben werden, ist ein Studium keineswegs kostenfrei. Schon auf Bewerber kommt eine Vielzahl von Bearbeitungsgebühren zu, angefangen mit mindestens 75 Euro für Uni-Assist und bis zu 130 Euro für die Abnahme der DSH-Prüfung. Dazu kommen die Semestergebühren für die Uni-Verwaltung, das Studentenwerk und das BVG-Ticket – in Berlin derzeit 296,57 Euro. Studierende in finanziellen Notlagen können hier – in Einzelfällen, wie es heißt – Ermäßigungen über die Sozialfonds der Unis bekommen.
Die TU überlegt, ihr Orientierungsstudium MintGrün zu öffnen
Hochschulen und Senat sollten in den nächsten Monaten erst einmal „ihre Hausaufgaben lösen“, fordert Michael Kämper-van den Boogaart, Vizepräsident für Studium an der HU. Dabei müsse es etwa um die Frage gehen, wer die Uni-Assist-Gebühren übernimmt. Lösungen müssten gerichtsfest gestaltet werden, falls andere Bewerber dagegen klagen. Auch die TU will die Bemühungen unterstützen, wie deren Präsident Christian Thomsen sagt. Für Flüchtlinge könnte etwa das zweisemestrige Orientierungsstudium „MintGrün“ der TU interessant sein.
Einfacher wird es immerhin künftig für Geflüchtete, Bafög zu beziehen. Als Geduldete und mit einigen Aufenthaltstiteln haben sie Anspruch auf Bafög, wenn sie sich in Ausbildung befinden – an der Uni, in der Schule oder im Beruf. Bisher mussten sie vier Jahre im Land sein, um Unterstützung zu erhalten. Die Frist wird ab Anfang 2016 auf 15 Monate gesenkt, teilte das Bildungsministerium mit.