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Studierende mit und ohne ausländische Wurzeln sitzen in einem Hörsaal.
© picture alliance / dpa

Ausländische Studienbewerber vor Hürden: In der Warteschleife bei Uni-assist

Viele ausländische Bewerber scheitern auf dem Weg an eine deutsche Hochschule. Dabei gibt es immer wieder Beschwerden über die Service-Stelle Uni-assist, die für die Vorprüfung der Bewerbungen zuständig ist.

Von einem Bachelorabschluss im Iran zu einem Masterstudium in Deutschland ist es ein großer Schritt. Das weiß die 25-jährige Mahsa, seit sie sich im Februar dieses Jahres um einen Platz im Masterprogramm „English Studies“ an der Freien Universität Berlin (FU) beworben hat. Wie alle Studienbewerber, die Schule und Grundstudium im Ausland absolviert haben, muss sie ihre Unterlagen an Uni-assist schicken. Die Arbeits- und Servicestelle für Internationale Studienbewerber mit Sitz in Berlin-Charlottenburg prüft für die Berliner Unis und insgesamt 150 deutsche Hochschulen zentral ausländische Zeugnisse und andere Dokumente internationaler Bewerber. Die Ergebnisse übermittelt Uni-assist dann in einer Datenbank an die Unis.

Vor zehn Jahren wurde die Servicestelle als Verein von deutschen Hochschulen in Kooperation mit der Hochschulrektorenkonferenz und dem Deutschen Akademischen Austauschdienst gegründet. Sie soll geeignete Bewerber und Hochschulen möglichst unkompliziert zueinanderbringen. Doch bei Mahsa ist der Kontakt zu Uni-assist von Anfang an kompliziert.

Sieben Wochen braucht es allein, bis ihr Uni-assist den Eingang eines Paketes mit Unterlagen bestätigt, das laut Zusteller schon längst aus Teheran angekommen ist. Nach zwei Wochen fragt sie per Mail nach, so, wie es auf der Website von Uni-assist empfohlen wird. Sie bekommt eine vertröstende Standardantwort. Nach einer weiteren E-Mail lässt ein Mitarbeiter die Unterlagen suchen. Sie waren bereits eingeordnet, aber nicht elektronisch erfasst, stellt sich heraus. Dann moniert Uni-assist aber wieder ein fehlendes Formular. Mahsa ist kurz davor zu verzweifeln. „Du verschwendest nur Zeit und Geld“, sagt sie.

Dass Mahsas Ärger mit Uni-assist kein Einzelfall ist, zeigt ein Blick in das Internetforum Studis online, eine Art interaktiver Kummerkasten für Studienplatzbewerber. Auch Studierenden-Vertreter sind auf die Servicestelle nicht gut zu sprechen. „Die Sprechstunden sind voll mit Leuten, die sich über Uni-assist beschweren“, heißt es beim Referat für Lehre und Studium im „Referent_innen-Rat“ der Humboldt-Universität: Unterlagen würden angenommen, aber dann nicht bearbeitet. Oder sie seien laut Uni-assist vollständig, würden dann aber von der Uni als unvollständig abgelehnt.

Uni-assist wehrt sich gegen die Vorwürfe

Schon die Informationen auf der zentralen Website von Uni-assist verwirrten die Bewerber, kritisiert eine Beraterin für Internationale Studierende an der Technischen Universität. Die Online-Anmeldung sei durch die vielen verschiedenen Formulare der Unis, die zum Herunterladen einfach untereinander gereiht sind, unübersichtlich. Unklar sei häufig auch die Beziehung zwischen den Unis und Uni-assist. Bewerber aus dem Ausland, die beim Bewerbungsverfahren Hilfe brauchen, würden von der Studienberatung der Hochschulen häufig zu Uni-assist geschickt – und von dort aber wieder zurück zu den Hochschulen.

Uni-assist wehrt sich gegen die Vorwürfe, eine bürokratische Hürde für Bewerber aus dem Ausland zu sein. Man habe immer wieder mit Gerüchten zu kämpfen, dabei sei der Verein um Transparenz bemüht, erklärt Geschäftsführer Thomas Liljeberg auf Anfrage. Der Fall der iranischen Bewerberin sei ein „nachweislich unglücklicher Einzelfall“. Bei der Registrierung der Unterlagen habe es Probleme gegeben, weil die Bewerberin sich online für das falsche Semester angemeldet und ein Formular nicht mitgeschickt hatte. Verzögerte Reaktionen auf E-Mail-Anfragen seien „Fälle menschlichen Versagens, die nicht der üblichen Arbeitsweise von Uni-assist entsprechen“. Der Bewerberin sei daraus kein unmittelbarer Schaden entstanden.

Eine Absage muss nicht das Aus bedeuten

„Wenn wir Fehler machen, gehen wir diesen in jedem Fall nach und finden, falls erforderlich, gemeinsam mit den Hochschulen Lösungen“, sagt Liljeberg. Die Bewerberin habe in Absprache mit der FU das fehlende Dokument nachreichen können. Der damit vollständige Antrag sei an die FU weitergeleitet worden.

Dass bei Weitem nicht alle Bewerbungen über Uni-assist reibungslos verlaufen, streitet Liljeberg nicht ab. Viele Bewerber machten aber Fehler, läsen offenbar die Informationsseite nicht gründlich, vergäßen etwa die Unterschrift auf einem Formular oder füllten eine Zeile im Online-Lebenslauf nicht aus. Eine Absage von Uni-assist müsse nicht das Aus für die Bewerbung bedeuten. Die Studierwilligen könnten gegen die Entscheidung Widerspruch einlegen.

Schriftliche Anfragen werden mit Textbausteinen beantwortet

Der Beschwerdeweg ist klar geregelt: Wer sich zwei Mal bei Uni-assist über das Verfahren beschwert, hat einen Anspruch darauf, dass die Bewerbung an die Uni weitergeleitet und im Einzelfall geprüft wird. Dort würden dann häufig unbürokratische Lösungen gefunden, heißt es. Denn nur die Unis, die die formalen Kriterien vorgeben, könnten in Einzelfällen auch von ihnen abweichen.

Gleichwohl bleibt der Eindruck, dass Uni-assist überfordert ist, wenn es um den persönlichen Kontakt mit den Bewerbern geht. Die Sprechzeiten im Berliner Büro wurden im April dieses Jahres abgeschafft. Ein Telefonservice zur Auskunft über laufende Bewerbungen ist chronisch überlastet. Um in die Warteschleife zu kommen, braucht es mehrere Versuche, in Hochphasen kommt man gar nicht durch. Als Alternative bleiben nur schriftliche Anfragen. Diese werden angesichts der Masse oft mit Textbausteinen beantwortet, wie Liljeberg bestätigt. Für Uni-assist seien derzeit 35 feste und 90 freie Mitarbeiter tätig, die 2012 mit rund 95 000 Anträgen befasst waren.

Jeder vierte Bewerber scheitert in der Vorprüfung

Die Berliner Hochschulen verteidigen die Servicestelle gegen Kritik. Den Leiter der Abteilung Studierendenservice an der TU, Horst Henrici, erreichen zwar pro Semester rund ein Dutzend Beschwerden. Bewerber fürchten, ihre Unterlagen seien bei Uni-assist verloren gegangen oder das Ergebnis der Vorprüfung komme nicht rechtzeitig. Die Probleme würden aber stets „individuell, schnell und verlässlich“ gelöst, beteuert Henrici. Und nach jeder Bewerbungsphase gebe es strukturiertes Feedback an Uni-assist, an welchen Stellen nachgebessert werden müsse.

Henrici glaubt nicht, dass der TU internationale Bewerber verloren gehen, weil sie das Uni-assist-Verfahren abschreckt. Die jungen Leute seien vielmehr sehr hartnäckig und durchsetzungsfähig. FU-Sprecher Goran Krstin erklärt auf Anfrage lapidar, „die Kooperation der Freien Universität Berlin mit Uni-assist ist ohne Beanstandungen“.

Doch tatsächlich scheitert fast jeder vierte Bewerber in der Vorprüfung durch Uni-assist. 2012 seien es 23 Prozent der 48 000 Studienbewerber gewesen, erklärt der Verein. Häufigster Ablehnungsgrund seien unvollständige Unterlagen. Der „Referent_innen-Rat“ der HU schätzt dagegen, dass jeder Zweite in der Vorprüfung ausscheidet. Die Zahlen beziehen sich allerdings nicht ausschließlich auf internationale Studierende, denn mittlerweile bearbeitet Uni-assist für manche Unis auch die Master-Bewerbungen von Deutschen.

Mahsas Bewerbung wurde schließlich von der Freien Universität abgelehnt. Ihr Englisch-Grundstudium sei für den Masterstudiengang „English Studies“ nicht ausreichend. Mahsa will sich im nächsten Jahr wieder bewerben, wahrscheinlich für einen Bachelor.

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