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Jungen Menschen stehen am Rand einer Straße und halten Schilder mit der Aufschrift I stand with CEU hoch.
© Tilmann Warnecke

Central European University in Ungarn: Budapester Rektor bittet in Brüssel um Hilfe

"Lasst uns, zum Teufel, in Ruhe": Diese Botschaft richtete CEU-Rektor Michael Ignatieff an die ungarische Regierung, als er jetzt in Brüssel war. Dort suchte er Verbündete.

Michael Ignatieff kämpft. Der Rektor der von der ungarischen Regierung drangsalierten Central European University (CEU) mit Sitz in Budapest traf sich am Montag in Brüssel mit dem Vize der EU-Kommission, Frans Timmermans, und führte Gespräche mit Abgeordneten des Europaparlaments. Danach zeigte sich Ignatieff „vorsichtig optimistisch“. Am Abend kam es dann bei einer Veranstaltung an der Freien Universität von Brüssel zu einem Schlagabtausch mit dem ungarischen Botschafter Zoltan Nagy.

Ignatieff, Geisteswissenschaftler, ehemaliger Harvard-Professor, gebürtiger Kanadier, verheiratet mit einer Ungarin, hatte zuvor schwere Vorwürfe gegen die ungarische Regierung erhoben. „Es ist das erste Mal in der Geschichte Europas seit dem Zweiten Weltkrieg, dass sich ein EU-Mitgliedsland anschickt, eine freie wissenschaftliche Einrichtung zu schließen.“ Das Vorgehen stelle die Rolle Ungarns als EU-Mitgliedsland infrage. „Ich setze darauf, dass die Europäische Volkspartei (EVP) und die EU-Kommission dem Treiben ein Ende setzen.“

Orban hat Soros den Kampf angesagt

Die EVP ist die größte Fraktion im Europaparlament, in ihren Reihen sitzen die deutschen Abgeordneten von CDU und CSU. Die Fraktion wird von dem Deutschen Manfred Weber (CSU) geführt. Ignatieff forderte, Budapest müsse wieder auf das richtige Gleis gesetzt werden. Er richtete einen emotionalen Appell an die ungarische Regierung: „Lasst uns, zum Teufel, in Ruhe. Lasst uns machen, was alle Universitäten tun: lehren, forschen, Akademiker ausbilden.“

CEU-Rektor Michael Ignatieff kündigte am Montag an, die Uni nach Wien überzusiedeln.
CEU-Rektor Michael Ignatieff kündigte am Montag an, die Uni nach Wien überzusiedeln.
© AFP

Die hoch angesehene ungarisch-amerikanische Universität, die 1991 mit einer Stiftung des Investors George Soros gegründet wurde und 1400 Studenten aus 110 Ländern hat, ist von der Schließung bedroht. Hintergrund ist ein Gesetz, das das ungarische Parlament vor wenigen Wochen beschlossen hat. Es sieht vor, dass internationale Universitäten nur dann ihren Lehrbetrieb in Ungarn aufrechterhalten können, wenn sie auch in ihrem Herkunftsland, also in diesem Fall in den USA, einen Sitz haben. Beobachter glauben, dass Ungarns Regierungschef Viktor Orban das Gesetz maßgeschneidert hat, um der mit Soros verbunden Uni den Garaus zu machen. Orban hat Soros, der aus Ungarn stammt und in die USA emigriert ist, den Kampf angesagt.

Stiftungskapital stammt von Soros, Uni agiert unabhängig

Ignatieff warnte davor, den Streit zwischen der CEU und Orban als akademische Frage zu sehen. „Es geht hier nicht um die Freiheit von ein paar Professoren. Vielmehr steht die Freiheit der Gesellschaft an sich auf dem Spiel.“ Er erinnerte daran, dass die ältesten Universitäten Europas wie etwa in Oxford und Bologna stets über ihre Geschicke selbst entscheiden konnten. Niemand mischt sich ein, „solange sie sich an die Gesetze des Landes halten“. Diese Tradition von freiheitlichen Gesellschaften werde nun von der ungarischen Regierung gebrochen. Die Pläne der Regierung Orban liefen darauf hinaus, dass die CEU künftig Arbeits-Visa für Gastprofessoren besorgen müsse. „Das ist ein direkter Angriff auf unsere akademische Freiheit.“ Die ungarische Regierung wolle sich das Recht vorbehalten, auszuwählen, wer an der CEU liest.

Ignatieff ging auch auf die Rolle des Investors Soros ein. Die ungarische Regierung verweise im Zusammenhang mit dem Vorgehen gegen die CEU stets auf Soros. Orban verkenne aber, dass die Universität keinerlei Weisungen von Soros unterliege. „Ich bekomme keine Aufträge von Soros.“ Die akademische Freiheit bestehe darin, dass Soros zwar mit seiner Stiftung die Gründung ermöglichte, die Uni aber seit jeher unabhängig agiere.

Ungarns Botschafter weist Vorwurf des "Kreuzzugs" zurück

Dann meldete sich der ungarische Botschafter in Belgien zu Wort. Zoltan Nagy war bemüht, die Wogen zu glätten. Es könne keine Rede davon sein, dass Ungarn einen „Kreuzzug“ gegen die CEU unternehme. Schon gar nicht gehe es um Rache. Im Ton freundlich, in der Sache aber unerbittlich fuhr er fort: „Eine Untersuchung hat ergeben, dass die CEU für eine Reihe von ernsthaften Unregelmäßigkeiten verantwortlich ist.“ Dabei gehe es aber nicht um Gesetzesverstöße. In den Niederlanden sei ein ähnliches Gesetz verabschiedet worden, ohne dass jemand daran Anstoß nehme. Seine Regierung verfolge auch keineswegs die Absicht, die CEU zu schließen. Die ungarische Regierung sei im Übrigen gesprächsbereit.

Dies bezweifelt Ignatieff. In seiner Antwort auf den Botschafter hob er hervor, dass der CEU gerade erst mitgeteilt worden sei, dass „niemand mit uns sprechen will“. Zudem sei die Behauptung diffamierend, die CEU verletze Regeln: „Die Regierung in Budapest ist bis heute nicht dazu in der Lage, zu sagen, wo wir etwas falsch gemacht haben.“

Warum die Freie Universität Berlin der CEU Asyl auf ihrem Campus angeboten hat, lesen Sie hier.

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