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Eine junge Frau schwenkt eine Europa-Fahne, im Hintergrund ist eine große Menschenmenge zu sehen.
© FERENC ISZA/AFP

Budapester CEU in Gefahr: EU droht Ungarn wegen Europa-Uni

Wegen der Lex-CEU drohen der ungarischen Regierung Konsequenzen aus Brüssel. Mit Strategien für ihre Zukunft kann die Budapester Uni aber nicht warten.

Die EU-Kommission droht Ungarn wegen des neuen Hochschulgesetzes und anderer Maßnahmen mit rechtlichen Schritten. Man werde auf die Sache Ende April zurückkommen, wenn es um die Eröffnung von Vertragsverletzungsverfahren gehe, sagte der erste Vizepräsident der Brüsseler Behörde, Frans Timmermans, am Mittwoch laut einem Bericht von Reuters.

Zuvor müsse die EU-Kommission die ungarischen Gesetze aber noch genau analysieren. Wenn mit Ungarn keine Lösung gefunden werde, müssten sich am Ende die Gerichte der Sache annehmen.

Die Unsicherheit könnte Studienbewerber abschrecken

Unterdessen bemüht sich die Central European University (CEU), Strategien für ihre unklare Lage zu entwickeln. „Die Gefahr ist, dass wir ausbluten“, sagt Wolfgang H. Reinicke, an der CEU Professor für Politische Ökonomie und Gründungsdekan der School of Public Policy (SPP), die an der CEU im Jahr 2011 ins Leben gerufen wurde. Die Unsicherheit könnte Studienbewerber verprellen und die Berufungen erschweren.

Andererseits will sich die CEU nicht voreilig ins Exil begeben. Sie kann hoffen, dass Orban die anschwellenden Proteste mit Blick auf seine Wiederwahl im nächsten Jahr fürchtet – ebenso wie Sanktionen der EU. Denkbar wäre aber auch, dass Ministerpräsident Viktor Orban unter dem Druck nur formal zurückrudern würde. Hinter den Kulissen könnte er das akademische Leben der CEU behindern.

Die Hertie-School hat der CEU ein Angebot gemacht

„Darum muss man mehrere Szenarien entwickeln. Und recht bald muss man eine Entscheidung für das nächste Jahr treffen“, sagt Reinicke. Diskutiert werden unter anderem die Option von Online-Kursen oder die Errichtung einer CEU-Dependance auf dem Campus einer US-Uni. In Frage käme aber auch, dass sich die 17 Fachbereiche und Schools der CEU vorübergehend auf mehrere Städte aufteilen. Das würde die enge Gemeinschaft der CEU zwar empfindlich stören, wie Reinicke sagt. Aber die aufnehmenden Städte könnten kleinere Zahlen von Emigranten vielleicht besser verkraften.

Zu bedenken sei dabei, dass in westeuropäischen Städten womöglich höhere Mieten und Brutto-Gehälter bezahlt werden müssten. Die School of Public Policy könnte sich Reinicke gut in Berlin vorstellen. Auch die Berliner Hertie School of Governance sei bereit, gegebenenfalls CEU-Studierende aufzunehmen.

Berlin ist mit der CEO über das Wissenschaftskolleg eng verbunden

In Berlin wird das Schicksal der CEU besonders aufmerksam verfolgt – nicht nur wegen des Vorschlags, sie notfalls auf dem Campus der FU anzusiedeln. Ideell eng mit der CEU und besonders mit ihrem Institute for Advanced Studies (IAS) verbunden ist das Wissenschaftskolleg zu Berlin. Das Wiko stehe in einem engen Austausch mit der Budapester Einrichtung und seiner Leiterin Nadja al-Baghdadi, sagt Wiko-Rektor Luca Giuliani. Das Berliner Kolleg lädt regelmäßig Fellows aus Ungarn für ein Jahr ein. Man berate sich etwa über deren Auswahl.

Die Kooperation hat eine lange Tradition, denn das ungarische Institut wurde 1992 auf Initiative des Wissenschaftskollegs als Collegium Budapest gegründet. Der damalige Rektor des Wissenschaftskollegs, Wolf Lepenies, rief ein Konsortium staatlicher und privater Stifter ins Leben und sicherte so für fast zwanzig Jahre die Finanzierung des Collegium Budapest.

Der ungarische Staat wollte schon am Collegium Budapest mitbestimmen

Die Mittel, die unter anderem vom Bundesforschungsministerium, vom Land Baden-Württemberg, vom Jubiläumsfonds der schwedischen Reichsbank und von der schweizerischen Landis und Gyr-Stiftung kamen, waren aber ursprünglich nur als Anschubfinanzierung gedacht. Als Sitz des Collegiums hatte die Stadt Budapest von Beginn an das alte Rathaus von Buda zur Verfügung gestellt, doch dann meldete die ungarische Akademie der Wissenschaften Ansprüche an der Immobilie an. Der Staat war schließlich bereit, finanziell einzusteigen – allerdings um den Preis der Federführung auch bei der Auswahl der Fellows und der Forschungsprogramme.

In dieser Situation schien die private Universität in Budapest, „ein Schutzschild“ für die wissenschaftliche und politische Unabhängigkeit des Collegiums zu sein, sagt Wiko-Rektor Giuliani. Für die CEU, die bislang nicht über ein Institute for Advanced Studies verfügte, war die Aufnahme hochattraktiv – zumal das Colleg sein mit Stiftungs-Mitteln saniertes Raoul Wallenberg-Gästehaus mitbrachte. Vollständig überschrieben wurde es der CEU aber erst im vorigen Jahr.

Wiko-Rektor Giuliani gegen eine Berliner Lösung

Diese ganze Konstruktion wird nun durch das drohende Aus der CEU infrage gestellt. „Das Institute for Advanced Studies steht und fällt mit der CEU“, sagt Giuliani. Einen Ausweg aus der Krise sehe er derzeit nicht – und schon gar keine Berliner Lösung. Sollte die CEU ins Exil gezwungen werden, müsse der neue Standort „in räumlicher Nähe bleiben“.

Ein schriftlicher Appell Giulianis an Viktor Orban, die CEU und das IAS als wertvolle „Brücke zwischen ungarischen und internationalen Universitäten“ in der derzeitigen Form zu erhalten, wurde zwar beantwortet. Aber der Premierminister warnte lediglich, Giuliani sei offenbar einer „internationalen Desinformationskampagne aufgesessen“.

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