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Susanne Eisenmann, Baden-Württembergs Kultusministerin, ist nicht konfliktscheu.
© dpa

Die neue KMK-Präsidentin: "Auch einer leserlichen Handschrift messe ich große Bedeutung zu"

Susanne Eisenmann, Schulministerin im Südwesten (CDU), eckt an. Jetzt wird sie Präsidentin der Kultusministerkonferenz

„Mit eisernem CDU-Besen“ fegt Baden-Württembergs neue Schulministerin durch das Land, viele seien schon „irritiert und verärgert“, stellte der „Südkurier“ aus Konstanz unlängst fest. Tatsächlich hat Susanne Eisenmann, seit Mai im Kabinett von Winfried Kretschmann, schon allerlei Lehrerverbände und Professoren gegen sich aufgebracht – und wohl auch den Ministerpräsidenten selbst. Die CDU-Politikerin ist jedenfalls nicht konfliktscheu und will etwas bewegen. Das macht auch ihren im Januar anstehenden turnusgemäßen Wechsel an die Spitze der Kultusministerkonferenz (KMK) interessanter als sonst. Plant Eisenmann etwa, auch durch die KMK zu fegen?

Aufsehen erregt hat vor allem Eisenmanns Auftreten während der Haushaltsberatungen des Landes im Herbst. Gerade hatte sich die grün-schwarze Koalition für ihr ausgewogenes Paket öffentlich gelobt, da platzte Eisenmann im Alleingang dazwischen: Angesichts der Sparvorgaben für ihr Ressort werde sie zentrale Pläne der Regierung nicht umsetzen können: nämlich den Ausbau der Ganztagsschule, die Inklusion und die Einführung des Informatik-Unterrichts ab Klasse sieben, erklärte sie. Ministerpräsident Kretschmann soll erbost gewesen sein. Schließlich kam man der Schulministerin mit zusätzlichen Lehrerstellen entgegen – ein Erfolg für Eisenmann. Doch sparen muss sie trotzdem: Tausend Lehrerstellen sind als Beitrag zur Konsolidierung des Landeshaushalts zu streichen.

Lautorientiertes Schreiben führt häufig zu Rechtschreibfehlern, meint Eisenmann

Seit Dezember gibt es neuen Streit. In einem Rundschreiben erklärte Eisenmann den Lehrerinnen und Lehrern des Landes, bestimmte Methoden beim Schrifterwerb in der Grundschule seien untauglich und sollten nicht mehr angewendet werden: Würde Kindern am Anfang erlaubt, nach Gehör zu schreiben („lautorientiertes Schreiben“), führe dies häufig zu Fehlern in der Rechtschreibung: „Deshalb ist es aus meiner Sicht zwingend erforderlich, dass orthografische Fehler von Anfang an konsequent korrigiert werden“, ließ die promovierte Altgermanistin die Lehrkräfte wissen. Und: „Auch dem Erlernen einer leserlichen Handschrift messe ich große Bedeutung bei.“ Mit dem gleichen Brief erklärte sie die Regelung aus dem gerade erst in Kraft getretenen Bildungsplan für hinfällig, wonach das Ziel beim Schreibenlernen ausgehend von der Druckschrift eine verbundene Schrift sein soll. Eisenmann stellte fest, es habe sich bei dieser verbundenen Schrift entweder um Lateinische Ausgangsschrift oder Vereinfachte Ausgangsschrift zu handeln.

In der Stadthalle Bad Saulgau gab es Applaus

Eisenmanns Brief spaltet das Land. Applaus bekam sie für ihren Hieb gegen das „Schreiben nach Gehör“ bei einem Auftritt in der Stadthalle Bad Saulgau, doch der Grundschulverband, die GEW und die Pädagogischen Hochschulen sind verärgert. Die Pädagogischen Hochschulen erklärten, beim Schriftspracherwerb kämen stets mehrere Methoden parallel zum Einsatz, da es keine empirische Forschung gebe, die die Bevorzugung einer einzelnen Methode ratsam erscheinen ließe – auch nicht der von Eisenmann wenig geschätzten des lautorientierten Schreibens. Der neue Bildungsplan sei von „zahlreichen Fachleuten“ erstellt worden und solle nicht „freihändig“ verändert werden. Die schlechten Ergebnisse Baden-Württembergs beim IQB-Ländervergleich seien jedenfalls nicht auf den neuen Bildungsplan zurückzuführen (der alte galt von 2004 bis 2016).

Eisenmann ist eine Überzeugungstäterin. Dabei vertritt sie keineswegs durchgängig eine konservative Schulpolitik. Vielmehr irritierte sie ihre Parteifreunde damit, dass sie als langjährige Stuttgarter Bürgermeisterin für Kultur, Bildung und Sport unter der grün-roten Regierung drei Gemeinschaftsschulen einrichtete, also Schulen, in denen Schüler auf dem Niveau von Hauptschule, Realschule und Gymnasium unterrichtet werden. Auch der Ganztagsschule, traditionell kein Lieblingskind der CDU, steht Eisenmann offen gegenüber. Welchen Weg Baden-Württemberg hier gehen soll – wie viele Tage der Betrieb ganztags laufen soll und mit welcher Verbindlichkeit –, ließ sie auf einem Kongress mit 500 Teilnehmern diskutieren.

Nur ein Jahr bleibt Eisenmann Zeit, um sich als Präsidentin der Kultusministerkonferenz zu profilieren

Die 52-jährige Eisenmann, früher Referentin des damaligen Ministerpräsidenten Günther Oettinger, will die CDU wieder attraktiver für Wähler in Städten machen, indem sie pragmatisch auf deren Bedürfnisse eingeht. Die Landbevölkerung soll dabei aber nicht überfahren werden, und traditionelle CDU-Schulpolitik bleibt erkennbar: Zu viele Schüler gehen aufs Gymnasium, meint Eisenmann. Das schade dem Niveau. Der Elternwille, durch den Grün-Rot die verbindliche Grundschulempfehlung ersetzt hatte, wird unter CDU-Einfluss relativiert: Weicht die Empfehlung der Grundschule vom Elternwillen ab, soll die Wunschschule ein Gespräch anbieten können.

Als Präsidentin der Kultusministerkonferenz hat Eisenmann nur ein Jahr Zeit, sich zu profilieren. Ihr Stil der forschen Ansage wird ihr dabei wohl kaum helfen. Wollte Eisenmann etwa den Ländern vorschreiben wollen, wie sie Grundschülern das Schreiben zu vermitteln haben, würde sie ausgelacht werden: Die Länder lassen sich in ihre Kulturhoheit nicht hineinreden. So sind bahnbrechende KMK-Beschlüsse selten, der letzte ist fast zwanzig Jahre alt: In Konstanz einigten sich die Schulminister 1997 darauf, dass alle Länder fortan an internationalen Schulleistungsstudien teilnehmen.

Es geht nur in kleinen Schritten voran

Seitdem geht es nur in kleinen Schritten voran, für Eisenmanns Temperament sicher zu langsam. So kündigte der damalige KMK-Präsident Ties Rabe, Schulsenator in Hamburg, vor vier Jahren an, die KMK werde sich mehr um die Förderung leistungsstarker Schüler kümmern. Aber erst vor wenigen Wochen beschloss die KMK dazu ein kleines Pilotprojekt.

In Eisenmanns Amtszeit als KMK-Präsidentin sollen neue Maßnahmen in der beruflichen Bildung fallen, besonders geht es um die Übergänge in eine Ausbildung. Außerdem soll Eisenmann die Digitalisierungsstrategie, die die KMK erst vor drei Wochen beschlossen hat, vorantreiben. Alle ab 2018/2019 Eingeschulten sollen den Umgang mit digitalen Medien bis zum Ende ihrer Schullaufbahn lernen. Ob das klappt, hängt von jedem einzelnen Land ab. Ein energisches Rundschreiben von Susanne Eisenmann wird daran wenig ändern.

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