Schrittweise Schulöffnung in der Coronakrise: Alle Schüler bis zum Sommer wieder in die Schule – ein, zwei Mal die Woche
Homeschooling plus einzelne Präsenztage für alle: Die Kultusminister haben ihren Plan für die Öffnung der Schulen vorgelegt - als Vorschlag für die Kanzlerin.
Trotz Corona-Beschränkungen sollen alle Schüler vor den Sommerferien zumindest tageweise die Schule besuchen können. Das schlagen die Kultusminister der Länder den Ministerpräsidenten und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in einem Konzept vor, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
„Jede Schülerin und jeder Schüler soll bis zu dem Beginn der Sommerferien tage- oder wochenweise die Schule besuchen können“, steht in dem Papier, über das Bund und Länder an diesem Donnerstag beraten sollen.
Einen uneingeschränkten regulären Schulbetrieb für die rund elf Millionen Schüler in Deutschland wird es vor den Sommerferien laut Kultusministerkonferenz (KMK) aber nicht geben. Nach dem jetzigen Stand in der Corona-Krise sei dies aufgrund des Abstandsgebots von mindestens 1,50 Meter nicht möglich, hieß es in einem am Dienstag beschlossenen gemeinsamen Konzept.
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Ein Mix aus Präsenzunterricht und Lernen daheim solle ausgebaut, digitales Lehren und Lernen weiterentwickelt werden. Die KMK-Vorsitzende Stefanie Hubig (SPD) sagte in Mainz, beide Lernformen sollten eng miteinander verzahnt werden. Dazu seien konkrete Empfehlungen in den einzelnen Ländern geplant.
Ties Rabe, Schulsenator in Hamburg, sagte beim Sender „NDR Info“, dass bis zu den Sommerferien alle wieder in die Schule gehen sollten, „heißt nicht die ganze Woche, das heißt vermutlich auch nicht jeden zweiten Tag so wie jetzt bei den Abschlussklassen, aber so rund einmal in der Woche“.
Bei diesen Präsenzzeiten in ihren Klassen könnten die Schüler Tipps zum Lernen zuhause bekommen und Materialien sichten. Ob das realisierbar sei, hänge ab von der Entwicklung der Krankheit ab - und werde von der Kanzlerin und den 16 Ministerpräsidenten entschieden.
Diese wollen am Donnerstag dieser Woche mögliche weitere Lockerungsschritte beraten und bekannt geben und hatten die KMK zuvor um eine Empfehlung für die Schulen gebeten. „Wir haben unseren Auftrag jetzt erfüllt“, kommentierte Hubig.
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Unter welchen Bedingungen kann der Schulbetrieb nach dem Corona-Lockdown bundesweit weiter hochgefahren werden, ohne die Gesundheit von Schülerinnen, Schülern und Lehrkräften sowie ihrer Familien zu gefährden? Darüber hatten die Kultusministerinnen und Kultusminister der Länder am Montag und am Dienstag in Telefonkonferenzen verhandelt. Herausgekommen ist ein "Rahmenkonzept".
Erwartet worden war von der KMK, eine möglichst einheitliche Regelungen für den Unterrichtsbeginn ab dem 4. Mai zu finden. Dann sollen auch die älteren Grundschüler schrittweise wieder mit dem Schulbesuch starten. Offen ist, wie es in den kommenden Wochen für die Jüngeren weitergeht.
Die vorläufige Antwort ist mit der gemeinsamen KMK-Empfehlung für die Schulen bundesweit, alle Schüler sollten bis zu den Sommerferien zumindest tageweise in ihre Schulen zurückkehren, gefunden worden.
Gleichwohl hatten Gewerkschaften und Verbände noch weitergehende Forderungen an die KMK gerichtet. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) mahnte am Dienstagmorgen Vorrang für benachteiligte Schüler beim Präsenzunterricht an. Da ohnehin nicht alle Schüler zeitnah wieder zur Schule gehen könnten, "sollte der Aspekt der Bildungsgerechtigkeit in den Mittelpunkt gestellt werden", sagte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack der Nachrichtenagentur AFP.
Schüler ohne Computer und Rückzugsräume "sollten Präsenzangebote erhalten - und zwar unabhängig von der Frage, welche Klassenstufe sie besuchen". Eine ähnliche Initiative hat die SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus gestartet. Die Notbetreuung solle von den Grundschulen auf die Sekundarschulen ausweitet und ihr im Zweifelsfall den Vorrang vor dem regulären Unterricht gegeben werden, wie der Tagesspiegel exklusiv berichtet.
Die Lehrergewerkschaften VBE und GEW sowie der Bundeselternrat formulierten in einer am Montagvormittag verschickten gemeinsamen Erklärung, was von der KMK gefordert sei: „Der Gesundheits- und Infektionsschutz der Lehrenden und der Lernenden muss im Zentrum aller Entscheidungen stehen, wenn die Schulen wieder schrittweise öffnen.“
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„Statt eines Wettbewerbs, wer zuerst öffnet“, müsse den Schulen Zeit gegeben werden, autonom je nach ihren räumlichen Gegebenheiten und den Interessen der Eltern und Lehrkräfte zu entscheiden, wie sie ihren Präsenzbetrieb wieder hochfahren.
Dazu bräuchten sie aber einen klaren Rahmen – auf der Grundlage von Empfehlungen, die das Robert-Koch-Institut am 23. April „zur Wiedereröffnung von Bildungseinrichtungen“ gegeben hatte. Seitens der KMK müssten dabei „Gesundheitsschutz, Pädagogik und Organisation des Schulweges abgestimmt werden“, fordern die Verbände.
Sportunterricht findet bis auf Weiteres nicht statt
Wie der Gesundheitsschutz konkret aussehen kann, zeigen die Hygienepläne, die die Länder bereits veröffentlicht haben und die den RKI-Empfehlungen weitgehend entsprechen. Auf diese Hygienepläne verwies auch KMK-Chefin Hubig am Dienstag.
Standards sind hier der Abstand von 1,5 Metern, den alle in der Schule einhalten sollen, der Mund-Nasen-Schutz „zumindest in den Pausen und bei der Schülerbeförderung“, wie es etwa in Rheinland-Pfalz heißt, und häufiges intensives Händewaschen.
Je nach Größe des Klassenraums sollen jeweils maximal 15 Kinder und Jugendliche gemeinsam unterrichtet werden.
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Hinzu kommen strenge Hygienevorschriften für die tägliche Reinigung und teilweise auch der Desinfektion von Sanitärräumen, von Tischen, Treppenläufen, Lichtschaltern und Tastaturen. Zu den Berliner Besonderheiten gehört, dass die Bildungsverwaltung ihren Beschäftigten in der Schule die Anschaffung von zwei waschbaren Alltagsmasken mit einem Pauschalbetrag erstattet.
Rheinland-Pfalz regelt den „Hygieneplan-Corona“ in einem zehnseitigen Papier besonders detailliert. So wird festgehalten, dass Sportunterricht „aus Gründen des Infektionsschutzes“ bis auf Weiteres nicht stattfindet. Die üblichen Pausenaufsichten müssten verstärkt werden, um Auseinandersetzungen zwischen Schülerinnen und Schülern zu unterbinden und Raucherecken sowie „tote Ecken“ des Schulhofs im Blick zu behalten.
GEW, VBE und Elternverband erwarten auch, dass die Kultusminister sich auf pädagogische Maßnahmen einigen. „Schülerinnen und Schüler können aufgrund der Schulschließungen nicht den durch die curricularen Vorgaben vorgesehenen Lernstoff beherrschen. Darauf muss entsprechend flexibel reagiert werden“, forderte die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe.
Verbände fordern, Leihgeräte für Schulen finanzieren
Das gelte insbesondere für Kinder und Jugendliche, „die ohnehin Lernschwierigkeiten haben oder denen zu Hause aufgrund fehlender Unterstützungsmöglichkeiten nicht ausreichend geholfen werden kann“.
Der VBE-Bundesvorsitzende Udo Beckmann mahnte außerdem ein Konzept zur Bereitstellung digitaler Endgeräte für Bildungsbenachteiligte an. Das Geld hierfür sollte nicht den einzelnen Schülerinnen und Schülern (beziehungsweise ihren Eltern) ausgezahlt werden, sondern der Schule, um Geräte für die Ausleihe anzuschaffen.
Aus der KMK waren die Erwartungen im Vorfeld gedämpft worden. In dem „Rahmenkonzept“ werde es um Hygienepläne, den Transport der Schüler – auch im ÖPNV – und um Pausenregelungen gehen, hieß es.
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Wohl kein Zeitplan für die Rückkehr der Jüngsten
Nicht zu erwarten sei dagegen eine Stellungnahme zum „Schichtbetrieb“. Ein solches Stufenmodell für die Wiedereröffnung der Schulen hatten am Sonntag der Deutsche Lehrerverband und der Deutsche Philologenverband empfohlen. Die Lehrkräfte sollten die Hälfte der Schülerinnen und Schüler einer Klasse im Wochenwechsel im Klassenzimmer beziehungsweise digital unterrichten.
Auch Katja Suding, die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende und Bildungsexpertin ihrer Partei, forderte die KMK auf, schnell und zielgerichtet zu handeln – „damit aus der Corona-Krise keine Bildungskrise wird“.
Angesichts der detaillierten Verordnungen, die sich die einzelnen Länder bereits selber gegeben haben – in Berlin beispielsweise auch zur flexiblen Notenvergabe in der Zeit des coronabedingten Notbetriebs – , ist allerdings fraglich, ob sie überhaupt auf einen gemeinsamen Beschluss ihrer Minister und Senatorinnen gewartet haben.
Der KMK-Vorschlag für den Schulbesuch bis zu den Sommerferien ist aber eine wichtige Richtschnur für bislang ungelöste Fragen - falls er am Donnerstag von den Ministerpräsidenten und der Kanzlerin angenommen wird. (mit dpa)
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