Kinder verlieren in der Corona-Krise am meisten: Packt für die Kleinen die Bazooka aus!
Für die Wirtschaft werden Hunderte Milliarden an Hilfe mobilisiert. Es ist Zeit, die Energie auf Schulen und Kindertagesstätten umzuleiten. Ein Kommentar.
Während dieser Text entsteht, schaut mein Sechsjähriger Netflix. Bei den Videokonferenzen am Vormittag hat er allein Lego-Raumschiffe gebaut. Aber als ein besonders ausgefeiltes wieder in die Brüche geht, verliert er die Nerven. Man könnte ihn trösten und gemeinsam ein neues bauen. Aber der Text muss fertig werden. Also die Fernsehlösung.
So wie meinem Sohn geht es in diesen Tagen vielen Kindern: Sie verbringen viele Stunden medial sediert. Manche gehen in die Notbetreuung seltsam leerer Schulen oder Kitas. Ein Mädchen hier in der Straße verbringt den ganzen Tag im Laden ihrer Mama, seit die Geschäfte wieder geöffnet sind. Und dann sind da die Eltern mit Existenzängsten oder in zu engen Wohnungen, die nicht liebevoll sein können oder schlagen und schreien.
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Ab Montag nun sind die Notbetreuungsregelungen deutlich ausgeweitet, bald dürfen einige Schüler zurück in die Schule – in Berlin ab dem 4. Mai. Familien bringt das in neue Gewissenszwänge. Weiter zu viel Netflix? Oder das Kind in der Kita mit der Tochter der Krankenschwester spielen lassen, die auch Covid-19-Patienten betreut – obwohl es im Familienumfeld Risikopatienten gibt?
Kinder und Jugendliche bringen ein Opfer
Kinder und Jugendliche haben in der Krise am meisten verloren: am meisten Normalität und am meisten Chancen. Und das, man muss es so klar sagen, ist kein schicksalhafter Nebeneffekt. Es wurde politisch so entschieden. Kinder und Jugendliche haben selbst nur ein sehr geringes Risiko, schwer zu erkranken. Sie bringen dieses Opfer für ihre Großeltern. Wir schützen die Älteren. Und fordern von den Jungen.
Aus dieser politischen Setzung einen harten intergenerationellen Verteilungskonflikt um Rechte und Freiheiten zu machen, wäre ein Leichtes. Die „Fridays for Future“-Bewegung hat den Boden dafür bereitet. Doch so leicht es wäre, so falsch wäre es auch. Angela Merkel hat recht, wenn sie mit der Lebensleistung der Nachkriegsgenerationen argumentiert und mit der Humanität dieser Gesellschaft. Den Älteren bleibt nur die Gegenwart. Das gibt ihrem Recht auf ein zumutbares Jetzt besonderes Gewicht, sogar gegenüber der Zukunft aller.
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Dennoch darf sich die Bundesregierung in der Krise nicht zur reinen Senioren- und Wirtschaftsvertretung machen. Gerade weil Kinder keine Lobby haben, müssten Politiker auf allen Ebenen für sie kämpfen. Bevor also jetzt die nächsten Fantastilliarden mobilisiert werden, um womöglich auch noch die Mehrwertsteuer auf Restaurantessen zu senken, muss die politische Energie auf Schulen und Kindertagesstätten umgeleitet werden.
Es geht nicht nur um die Zeit bis zu den Ferien
Jetzt ist der Zeitpunkt für die ewig diskutierten „Jedem Kind ein Computer“-Programme. 150 Euro Computerzuschuss für bedürftige Familien, wie ihn die Bundesregierung plant, sind ein Witz für Hartz-IV-Familien – und auch für manche Mittelschichtfamilie auf Kurzarbeit. Ein halbes Tablet heißt gar kein Tablet.
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Könnte auch hier bitte auch mal jemand die Bazooka auspacken? Auch Schul- und Kita-Leiterinnen bräuchten Budgets und mehr Spielraum (und politischen Druck), um ihre Einrichtungen an Epidemiezeiten anzupassen.
Wie Angela Merkel selbst in dieser Woche sagte: Wir stehen erst am Anfang. Schulen werden auf absehbare Zeit in Teilen „remote“ arbeiten müssen. Es geht nicht nur um ein paar Monate bis zu den Ferien! Das Dringlichkeitsgefühl aber, das beim Ausbau der Intensivbetten zu spüren war, ist auf dem Weg zu den Belangen von Kindern und Jugendlichen versickert. Richtig, es geht hier nicht um Leben und Tod. Um lebenslange Folgewirkungen aber schon.
Ab 1. Juli erhöht sich übrigens die Rente für 21 Millionen deutsche Seniorinnen um 3,45 (West) beziehungsweise 4,2 Prozent (Ost). Eine Westrentnerin mit 1000 Euro bekommt zwischen Juli 2020 und Juli 2021 also insgesamt 414 Euro mehr. Dafür könnte man, nur mal so als Beispiel, einem Kind aus Marzahn ein iPad kaufen.
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