zum Hauptinhalt
Auf dem Weg an die Börse. Das Management-Team von Rocket Internet: Johannes Bruder, Oliver Samwer, Peter Kimpel und Alexander Kudlich (von links).
© Reuters

Rocket Internet vor dem Börsengang: „Wir werden Europas Alibaba“

Oliver Samwer und sein Team werben um Anleger für den Börsengang von Rocket Internet. Nun wurden die genauen Pläne vorgestellt. Und schon jetzt deutet sich an, dass die Aktie überzeichnet sein könnte.

Im 21. Stock des Frankfurter Interconti-Hotels schwebt Oliver Samwer schon in höheren Sphären. Mit Blick auf die Bankentürme der deutschen Finanzmetropole schwärmt der 41-jährige Unternehmer von einer neuen Rakete, die bald an die deutsche Börse kommen wird. Für alle knapp 33 Millionen Aktien, die sein Berliner Unternehmen Rocket Internet beim Börsengang ausgegeben will, lägen schon Gebote vor, sagt Samwer. Und er deutet an, dass die Emission überzeichnet sein dürfte, wenn die Aktien am 9. Oktober erstmals an der Frankfurter Börse gehandelt werden sollen.

Am Mittwoch stellten Samwer und sein Team ihre genauen Börsenpläne vor. 35,50 bis 42,50 Euro soll eine Aktie kosten. Die Zeichnungsfrist läuft noch bis 7. Oktober. Vorbörslich wird das Papier schon mit bis zu 48 Euro bewertet. 1,5 Milliarden Euro will das Unternehmen über die Kapitalerhöhung einsammeln. Mit knapp 6,2 Milliarden Euro wird Rocket Internet bewertet und ist damit teurer als die Lufthansa, obwohl es noch Jahre dauern wird, bis Gewinne erwirtschaftet werden. Rocket Internet soll nach den Worten Samwers „das Alibaba außerhalb der USA und Chinas“ werden. Die chinesische Internet-Plattform Alibaba hatte in der vergangenen Woche mit 25 Milliarden Euro den größten Börsengang aller Zeiten hingelegt.

Der größte Börsengang in Deutschland in diesem Jahr

Rocket wiederum wird der größte Börsengang in Deutschland in diesem Jahr sein. Aktien in Wert von fast 600 Millionen Euro hat Rocket bereits an große Investoren verkauft, berichten Samwer und Finanzchef Peter Kimpel, ein früherer Banker von Goldman Sachs. Derzeit halten Oliver Samwer und seine beiden Brüder Marc und Alexander gut 52 Prozent an Rocket Internet, nach dem Börsengang werden es noch rund 40 Prozent sein. Rund 21 Prozent der Aktien sollen dann breit gestreut sein.

Firmengründer Samwer, der wie seine Kollegen ohne Krawatte mit offenem Hemd auftrat, präsentierte reihenweise dreistellige Wachstumsraten der rund 66 Internetfirmen, die Rocket in Asien, Lateinamerika und Afrika aufgebaut oder gekauft hat. Umsatzzahlen nannte er nicht, auch wenn er höchste Transparenz versprach. Der 41-Jährige, der mit seinen Brüdern seit dem Jahr 2000 mehrere Internet-Firmen gegründet und mit hohen Gewinnen verkauft hat, räumte aber ein, dass es noch fünf bis neun Jahre dauern wird, bis die Rocket-Firmen und damit Rocket selbst schwarze Zahlen schreiben werden. „Unsere Aktie ist nichts für Anleger, die in drei Monaten auf hohe Gewinne hoffen. Sie eignet sich für Investoren mit langem Atem, die auf die Entwicklung des Internets in Lateinamerika oder in Afrika warten.“

Die Rocket-Firmen machen "bedeutende Verluste"

Das 2007 gegründete Berliner Unternehmen betreibt heute in 116 Ländern in Europa, Asien, Lateinamerika und Afrika 66 Internet-Unternehmen, die Mode, Möbel oder Schuhe verkaufen, Taxidienste anbieten, Pizza und Lebensmittel liefern, Bezahldienste anbieten, Online-Kredite vermitteln oder als Auktionshaus fungieren. Alle machen allerdings „bedeutende Verluste“, wie es im Börsenprospekt heißt. Die größten Firmen seien in ihren Ländern gleichwohl Marktführer oder zumindest auf Platz zwei, sagte Samwer. Die Chancen seien gigantisch. „Die Durchdringung von E-Commerce im Handel in diesen Ländern liegt nur bei zwei Prozent. Das geht auf 30 und mehr Prozent hoch. Wir sehen gerade erst die Spitze eines Eisbergs.“ Aus dem bei der Gründung vor sieben Jahren eingesetzten Kapital von 169 Millionen Euro seien bis heute Unternehmenswerte von 4,2 Milliarden Euro geschaffen worden, sagte er. Davon entfallen aber nur 1,26 Milliarden auf Rocket Internet, weil die Berliner bei den meisten der von ihnen gegründeten Firmen nicht mehr die Mehrheit halten.

Mit den 1,5 Milliarden Euro, die Rocket Internet über den Börsengang einnehmen will, sollen vor allem neue Internet-Firmen gegründet werden, an denen die Berliner die Mehrheit halten wollen. Wegen der wachsenden Mittelschicht und der jüngeren Bevölkerung sieht Samwer in Ländern wie Brasilien oder Indonesien hervorragende Wachstumschancen.

"Wir sind ein sehr deutsches Unternehmen", sagt Oliver Samwer

Dass Rocket Internet trotz seiner Aktivitäten im Ausland an die Frankfurter Börse geht, ist für Samwer nur logisch. „Wir sind ein sehr deutsches Unternehmen, tief in der Kultur und den Werten des Landes verankert.“ Zunächst einmal soll die Aktie im Entry Standard für junge Unternehmen notiert werden, bevor spätestens nach 24 Monaten der Wechsel in den Prime Standard angestrebt wird. Gemessen am Umsatz ist Rocket noch ein kleines Unternehmen. Der Umsatz im ersten Halbjahr lag bei 47 Millionen Euro bei einem Verlust von gut 13 Millionen Euro. Im gesamten Jahr 2013 hatte Rocket 72,5 Millionen Euro umgesetzt. Der Gewinn lag damals bei 174 Millionen Euro – bedingt allein durch die Abspaltung des Online-Modehändlers Zalando und den Verkauf weiterer Unternehmen. Kurz vor dem Börsengang hat Rocket im Übrigen knapp 324 Millionen Euro in Form einer Dividende an bisherige Aktionäre ausgeschüttet.

Rolf Obertreis

Zur Startseite