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Wie viel können Verbraucher monatlich am Strom durch neue Technologie sparen?
© karlandreasgross - Fotolia/Montage: Tsp

Intelligente Stromzähler: Wie Smart Meter das Leben besser machen sollen

Ein Gesetz soll den Stromverbrauch besser steuern. Die Digitalisierung der Netze ist unverzichtbar für Metropolen wie Berlin, aber teuer für Verbraucher.

Nachts um halb eins schaltet sich die Waschmaschine ein. Und spart ihrem Besitzer bares Geld. Denn um diese Zeit ist der Strom besonders günstig. Thomas Rütting schmunzelt. Dieses Szenario hört der Geschäftsführer der Vattenfall Metering GmbH nicht zum ersten Mal. Doch bis es real ist, werden noch einige Jahre vergehen. Fünf mindestens, schätzt Rütting, der für den Berliner Energieversorger den Vertrieb rund um den intelligenten Stromzähler – Smart Meter genannt – organisiert.

Die Smart Meter ersetzen in immer mehr Haushalten die altbekannten schwarzen Stromzähler. Und sie sind eine der Voraussetzungen dafür, dass das Waschmaschinen-Szenario Wirklichkeit wird. Die digitalen Geräte können genau ermitteln, wann ein Haushalt viel Strom verbraucht und was die größten Stromfresser sind: die Elektroheizung, der Fernseher oder eben die Waschmaschine. Anhand von Apps für Smartphones oder Tablets können Verbraucher so sehen, wo die Spitzen ihres Stromverbrauchs liegen, wie viel Strom sie am gleichen Tag vor einem Jahr verbraucht haben oder wie viel Strom sie sparen müssen, um ihrer monatlichen Kosten spürbar zu senken.

Für Stromnetzbetreiber und Versorger hat die neue Technologie tatsächlich existenzielle Bedeutung. Nur durch intelligente Messgeräte ergeben auch intelligente Energienetze einen Sinn. Sie erfassen Schwankungen bei der Energiezufuhr aus dem immer weiter wachsenden Anteil von Solar- und Windkraft einerseits und anderseits das Nutzerverhalten der Endverbraucher. So lassen sich die Leistungen anpassen.

Es gibt noch keinen Markt

Bislang jedoch fehlt für beide Seiten – Versorger wie Verbraucher – der große Nutzen. „Der Markt hat den Kunden noch nicht erreicht“, sagt Frank Elstermann, Geschäftsführer der Gasag-Meteringtochter Umetriq. „Vereinfacht gesagt: Beim Smart Metering gibt es noch keine Produkte wie ein iPhone, die jeder haben will.“ Beide Berliner Gesellschaften haben in den vergangenen Jahren größere Modellversuche durchgeführt – die Gasag im brandenburgischen Forst, Vattenfall im Märkischen Viertel in Berlin. Mit überschaubarem Erfolg.

Anfangs hätten die Menschen ihren Verbrauch durchaus verfolgt, erinnert sich Kirsten Huthmann, von der Gesobau, die 2010 das Projekt im Märkischen Viertel gemeinsam mit Vattenfall durchführte. Das Interesse sei aber relativ rasch erlahmt. „Niemand setzt sich nachts vor den Fernseher, weil er weiß, dass der verbrauchte Strom dann günstiger ist als um 20:15 Uhr“, sagt Huthmann. Hinzu kommt, dass die finanzielle Ersparnis relativ gering ist. Eine monatliche Einsparung durch den Einsatz von Smart Metering von fünf bis neun Prozent, wie sie verschiedene Studien nahelegen, fallen bei einer Stromrechnung um die 35 Euro kaum ins Gewicht.

Zuerst sind Großverbraucher dran

Dieser Vorteil schrumpft noch, wenn gleichzeitig zusätzliche Kosten durch Einbau und höhere Miete der modernen Zähler auf den Mieter oder Hausbesitzer zukommen. Verbraucherschützer kritisieren deshalb ein geplantes Gesetz, das kommenden Freitag den Bundesrat passieren soll. Es sieht den schrittweisen Einbau so genannter intelligenter Messsysteme vor. Dazu gehören neben den elektronischen Zählern auch Gateways, über die Informationen an Netzbetreiber, Versorger und Nutzer verteilt werden können.

Die Geräte sollen ab 2017 bei einem Stromverbrauch ab 6000 Kilowattstunden (kWh) pro Jahr zur Pflicht werden. Bei Durchschnittshaushalten mit einem Energieverbrauch unter 4000 kWh soll darüber der Messstellenbetreiber, bei Mietwohnungen der Vermieter entscheiden. Die Einbaukosten von rund 40 Euro könnten ebenso beim Verbraucher landen wie die für Wartung, fürchtet der Verbraucherzentrale Bundesverband. Laut einer Umfrage würden in diesem Fall rund 70 Prozent der Nutzer die Umrüstung ablehnen.

Voraussetzung für Smart City

Die Versorger sehen das anders. Das Gesetz „beinhaltet mehrere Stufen über einen langen Zeitraum um die Kosten für die Verbraucher moderat zu gestalten und den Nutzen schrittweise zu entwickeln“, sagt Vattenfall-Manager Rütting. Für Firmen, die die erste Ausbaustufe hauptsächlich betreffe, lohne sich die neue Technologie bereits aktuell, sagt Gasag-Manager Elstermann. Umetriq arbeite mit unterschiedlichen Firmen im Energiemanagement zusammen.

Abgesehen von der gesetzlichen Notwendigkeit begreifen die Versorger die Umrüstung als unumgänglich für Berlin als Metropole der Zukunft. Wenn die Stadt zur Smart City werden wolle, müsse es eine moderne Strominfrastruktur haben. Es gebe viele erneuerbare Energieträger in der Region und gleichzeitig viele Menschen, die auf engem Raum zusammenlebten. „Beides sollten wir als Vorteile nutzen“, sagt Rütting.

Nicht nur deshalb wird Berlin dem Gesetz im Bundesrat wohl zustimmen. Für Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer spielt noch ein anderer Faktor eine Rolle. Die Bundeshauptstadt gehöre mit rund 5000 Unternehmen der Energietechnik und 30 großen Forschungseinrichtungen zu den stärksten Regionen in diesem Bereich. „Wir haben also auch als Wirtschaftsstandort ein hohes Interesse, dass innovative Energietechnologien zum Einsatz kommen und befürworten daher den EEG-Vorstoß zum verpflichtenden Einsatz von Messsystemen.“

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