Nach dem Aufschub für die EU: Wie es im Handelsstreit jetzt weiter geht
Zunächst einmal nur für 40 Tage hat Donald Trump die EU-Staaten von den Strafzöllen verschont. In Berlin wie Brüssel fragt man sich, was er damit erreichen will.
Der Zeitplan ist eng. Gerade einmal 40 Tage lässt US-Präsident Donald Trump den Europäern Zeit, um zu reagieren. Sonst gilt auch für die EU-Staaten ab 1. Mai der Strafzoll auf Stahl und Aluminium. Am Freitag fragten sich in Berlin und Brüssel viele, was das soll. In so kurzer Zeit Handelsgespräche abzuschließen, das sei unrealistisch, meinte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Die EU-Staaten forderten den US-Präsidenten deshalb dazu auf, europäische Unternehmen dauerhaft von den Schutzzöllen auszunehmen.
Das zeigt: Mit Trumps Aufschub ist der Handelskonflikt nicht beigelegt, sondern allenfalls aufgeschoben. Deshalb bleibt die EU auch dabei, Gegenmaßnahmen vorzubereiten. Die Klage der EU bei der WTO gegen die aus EU-Sicht ungerechtfertigten Zölle ist ebenfalls noch nicht vom Tisch. Auch die Liste von Zöllen, die die EU bei der WTO im Gegenzug auf US-Produkte einreichen würde, bleibt aktuell. Besonders deutlich wurde Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Freitag. Auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zum Abschluss des EU-Gipfels in Brüssel sagte er, es dürfe bei den Gesprächen mit den USA nun nicht zugehen wie unter Teppichhändlern: „Wir reden mit Ländern, die die Regeln der WTO respektieren. Wir reden nicht mit Ländern, die uns die Pistole auf die Brust setzen.“
Ein neues Freihandelsabkommen gilt als unwahrscheinlich
Offiziell hat ohnehin noch keiner der Staats- und Regierungschefs neue Verhandlungen mit den USA über ein Freihandelsabkommen gefordert. Von einem neuen Anlauf für TTIP ist noch keine Rede. Unternehmern käme das zwar entgegen – damit wäre das „leidige Thema der bilateralen Zölle ein für alle Mal vom Tisch“, hieß es beim deutschen Maschinenbau-Verband VDMA. Gleichzeitig deutet aber bislang nichts darauf hin, dass Trump überhaupt auch ein Freihandelsabkommen mit der EU anpeilt. Im Gegenteil, er ist erklärter Gegner von Handelsabkommen.
Gerade deshalb aber ist der Aufschub für die Europäer bei den Strafzöllen so überraschend. Ob die Gespräche eine Rolle gespielt haben, die der deutsche Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) in Washington geführt hat? Ob der Besuch von EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström den Ausschlag gegeben hat? Merkel dankte Malmström: Ihrem Einsatz sei zu verdanken, „dass wir nun weitere Gespräche mit den Amerikanern führen können“. Spekuliert wird, ob die EU der US-Regierung etwas angeboten hat, damit Washington sie verschont – höhere Rüstungsausgaben zum Beispiel. In Berlin wünscht sich die Opposition deshalb Klarheit. „Die Ausnahme der EU von US-Zöllen ist zwar erfreulich, die Bundesregierung muss jedoch aufklären, was sie und die EU-Kommission Trump im Gegenzug versprochen haben“, sagte die Grünen-Bundestagsabgeordnete Katharina Dröge. Einen Deal „Freihandel gegen Aufrüstung“ dürfe es genauso wenig geben wie ein Turbo-Freihandelsabkommen TTIP, bei dem Trump Gentechnik und Schiedsgerichte als Bedingungen diktiere.
EU-Handelskommissarin Malmström selbst machte deutlich, dass die EU bereit sei, mit den USA gegen die vor allem von China verursachten Überkapazitäten vorzugehen. Für solche Diskussionen sollte es aber keine Fristen geben. Dabei ist auch das umstritten. Ifo-Experte Gabriel Felbermayr warnte die EU-Staaten davor, sich in einen Handelskrieg mit den USA hineinziehen lassen. Vielmehr sollten sie die Handelsorganisation WTO stärken. „Mehr als 85 Prozent des Außenhandels der EU finden nicht mit den USA, sondern mit anderen WTO-Ländern statt“, sagte er. „Die langfristigen Kosten der Schwächung der WTO könnten die kurzfristigen Vorteile der vorläufigen Verhinderung eines Handelskrieges mit den USA aufwiegen.“ Europa drohe ansonsten auch ein Konflikt mit China.
China hat bereits Gegenmaßnahmen angekündigt
Zumal die Chinesen anders als die EU-Staaten keinen Aufschub bei den US-Zöllen bekommen haben – im Gegenteil. Trump verabschiedete am Donnerstagabend sogar weitere Strafabgaben auf Produkte aus der Volksrepublik. Peking bereitet bereits Gegenmaßnahmen vor. Trockenfrüchte, Wein, Stahlrohre, Aluminiumschrott und Schweinefleisch – auf all das sollen die Amerikaner bald eine Strafabgabe zahlen müssen, wenn sie es nach China verkaufen wollen. Damit scheint sich die Regierung in Peking aber bewusst noch Luft nach oben zu lassen. Sehr viel härter würde es die Amerikaner treffen, wenn China Strafzölle auf Autos und Sojabohnen aus den USA einführen würde.