Handelsstreit: USA verschonen EU von Strafzöllen
Wie Kanada und Mexiko soll auch die EU zunächst von den Strafzöllen auf Stahl und Aluminium ausgenommen werden. Die Gefahr eines Handelskriegs ist trotzdem noch nicht gebannt.
Das war knapp. Kurz bevor die US-Strafzölle auf Stahl und Aluminium an diesem Freitag in Kraft treten, kam die erleichternde Nachricht aus Washington: Die EU-Staaten werden vorerst verschont. Das hat der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer am Donnerstag bei einer Anhörung im Kongress angekündigt. Auch Kanada, Mexiko, Argentinien, Brasilien, Australien und Südkorea müssen erst einmal nicht mit Strafzöllen auf Stahl und Aluminium rechnen. Lighthizer sprach von einer „Pause“ für all diejenigen Länder, mit denen die USA derzeit noch verhandelten.
Auf ein solches Umschwenken haben Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström seit Anfang der Woche in Washington hingearbeitet. Dass sie aber die Amerikaner tatsächlich umstimmen könnten, für die EU eine Ausnahme zu machen, damit hatten hierzulande nur wenige gerechnet. Weder Altmaier noch Malmström hatten US-Präsident Donald Trump persönlich treffen können. Sie saßen lediglich Handelsminister Wilbur Ross gegenüber, der keinerlei Versprechen abgeben wollte. Das werde ein „Nervenkrimi bis zur letzten Sekunde“, hatte Altmaier deshalb angekündigt – und recht behalten.
Die Wirtschaft ist erleichtert
Entsprechend erleichtert haben Politiker und Unternehmensvertreter am Donnerstagabend auf die Nachricht reagiert. „Uns fällt ein großer Stein vom Herzen“, sagte zum Beispiel Holger Bingmann, der Präsident des Außenhandelsverbandes BGA. „Die Ausnahme der EU von den unsinnigen US-Strafzöllen ist ein Sieg der Vernunft, zumindest vorläufig.“ Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hob derweil hervor, es habe sich ausgezahlt, dass die EU in Washington mit einer Stimme gesprochen habe. Schließlich hätte auch jedes Mitgliedsland für sich in den USA kämpfen können, um vom Strafzoll ausgenommen zu werden. Die FDP betrachtet das etwas nüchterner. „Deutschland und Bundeskanzlerin Merkel sind erst einmal mit einem blauen Auge davon gekommen“, sagte Fraktionsvize Michael Theurer. Er wünschte sich, dass Merkel der Handelspolitik künftig noch mehr Priorität einräumt.
Auch wenn die Ausnahme eine gute Nachricht für die deutsche Wirtschaft ist, so heißt das noch lange nicht, dass der Handelskrieg damit beendet ist. Zwar können die deutschen Stahlkonzerne wie ThyssenKrupp und Salzgitter jetzt erstmal weiter Stahl in die USA verkaufen, ohne darauf Strafzölle zahlen zu müssen. Allerdings bleibt die Sorge, die Chinesen könnten nun versuchen, mehr billigen Stahl in Europa statt in den USA loszuwerden. Das könnte deutsche Stahlkocher durchaus unter Druck setzen.
Die USA führen neue Strafzölle gegen China ein
Gleichzeitig droht der Handelskonflikt zwischen den USA und China zu eskalieren. Am Donnerstag hat Trump wie erwartet entschieden, auf sehr viel mehr Produkte aus China Strafzölle einzuführen. Er wolle damit verhindern, dass die Chinesen amerikanische Technologie und geistiges Eigentum abgreifen, hieß es. Treffen werden die Zölle aber längst nicht nur die Techindustrie in der Volksrepublik. Vielmehr sollen rund 100 chinesische Erzeugnisse mit Strafzöllen belegt werden. Darunter ist zum Beispiel auch Kleidung, die die Chinesen in die USA verkaufen. Das Paket soll insgesamt einen Umfang von 50 bis 60 Milliarden Dollar haben.
China trifft das hart. Schließlich war die Volksrepublik noch im vergangenen Jahr der wichtigste Handelspartner der USA waren. Und als wäre das noch nicht genug, sollen die Vereinigten Staaten einem Bericht des „Wall Street Journals“ zufolge zusätzlich auch noch erwägen, China wegen Verstößen gegen Handelspraktiken vor der Welthandelsorganisation (WTO) zu verklagen.
China kündigt Gegenmaßnahmen an
Für Peking ist das eine Provokation, die die Regierung von Xi Jinping kaum auf sich sitzen lassen dürfte. Das chinesische Handelsministerium hat bereits Gegenmaßnahmen in Aussicht gestellt. So könnte Peking zum Beispiel Strafzölle auf Agrarprodukte einführen, die die Amerikaner in die Volksrepublik verkaufen. Gleichzeitig könnte auch Peking Klage gegen die US-Strafzölle vor der WTO einreichen. Sollte der Streit zwischen den USA und China eskalieren, träfe das auch Deutschland. „Zölle und Protektionismus zwischen diesen Wirtschaftsgiganten ziehen uns automatisch mit rein“, sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer.