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Strafzölle als neues Wunderwort, das Aufmerksamkeit verschafft? Donald Trumps Ankündigung hat die Welt in Aufregung versetzt.
© REUTERS

Strafzölle der USA: Schauspiel mit Symbolhandlungen

Die Aufregung ist groß und Donald Trump glücklich. Was wirklich aus seinen wilden Handelskrieg-Drohungen wird, entscheiden - wieder mal - andere. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Man kann unvernünftig handeln und doch politisch gewinnen. Mit rationalen Argumenten ist der Unvernunft nicht beizukommen. Das sind die Lehren aus dem Streit um Donald Trumps Strafzölle auf Stahl und Aluminium.

Die Ankündigung, das haben US-Medien nachgezeichnet, war das Ergebnis von schlechter Laune und schlechter Organisation. Trump trägt zwar schon lange den Ärger mit sich herum, dass das Welthandelssystem angeblich zu Ungunsten der USA manipuliert sei – was man allein daran ablesen könne, dass die USA ein Handelsdefizit gegenüber den meisten Staaten habe. Aber einen in der Regierung abgestimmten Plan für Strafzölle gab es nicht. Trump verkündete die 25 Prozent auf Stahleinfuhren und zehn Prozent auf Aluminiumimporte aus dem Bauch heraus, als ein Journalist nach dem Treffen mit Metallproduzenten nach Ergebnissen fragte.

Seither versucht das Weiße Haus, die Folgen der spontanen Ansage einzufangen. Sein oberster Wirtschaftsberater trat nun sogar zurück. Trump hingegen freut sich diebisch, dass er wieder im Mittelpunkt steht. Zuvor handelten die Schlagzeilen von der für ihn unvorteilhaften Aussage seiner engen Vertrauten Hope Hicks in der Russland-Untersuchung, ihrem Entschluss, das Weiße Haus zu verlassen, und der Degradierung seines Schwiegersohns Jared Kushner beim Zugang zu Geheimpapieren.

Kommen die Strafzölle also vielleicht doch nicht, wenn sie ein Zufallsprodukt waren? Das weiß niemand. Für Trump ist es egal. Aus Sicht seiner Anhänger hat er erneut den Ruf bestätigt: Der traut sich was. Der steht für uns ein. Und wenn die halbe Welt ruft, wie unvernünftig das alles sei und dass er einen Handelskrieg riskiere, bestätigt das seine Anhänger nur.

Die Republikaner sind gegen Strafzölle, die Demokraten dafür. Und nun?

Alles Weitere ist viel zu kompliziert. Das beginnt mit der innenpolitischen Gemengelage. Trumps Partei, die Republikaner, sind gegen Strafzölle. Die Gewerkschaften und viele oppositionelle Demokraten sind dafür. Verwirrend sind auch die Wirkungsmechanismen. Rhetorisch hatte Trump China angeprangert, doch von dort kommen nur zwei Prozent der Stahlimporte. Hart getroffen würde Kanada, ein enger Verbündeter und zudem ein Land, mit dem die USA Handelsüberschüsse haben. Zweifel wecken auch die düsteren Warnungen vor den Folgen der Strafzölle. Der US-Verbraucher zahle die Zeche. Doch ein Sixpack Aluminiumgetränkedosen würde nur ein paar Cent teurer, ein Auto 60 bis 80 Dollar. Und das soll Auswirkungen auf die Konjunktur haben?

Bleibt der drohende Handelskrieg. Trump wettet, dass China und Europa den nicht riskieren, sondern nur symbolisch reagieren. Er droht, doppelt zurückzuschlagen, zum Beispiel gegen deutsche Autobauer. Erneut ein Beispiel für Unwissen und Unvernunft. Deutsche Konzerne bauen mehr Autos in den USA, als sie dort verkaufen. BMW ist größter Nettoexporteur.

All die guten Argumente zählen nicht. Da wird ein Schauspiel mit Symbolhandlungen aufgeführt. Trump wird am Ende als Sieger dastehen. Er darf darauf vertrauen, dass Europa und China vernünftig handeln, auch wenn er es nicht tut.

Christoph von Marschall ist erster Helmut-Schmidt-Fellow der ZEIT-Stiftung und des German Marshall Fund of the United States (GMFUS) und arbeitet derzeit in Washington an einer Studie über die Zukunft der Transatlantischen Beziehungen.

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