Gamestop-Anhörung in den USA: Wer hat verhindert, dass die Rechnung der Kleinanleger aufgeht?
Bei der Anhörung im US-Repräsentantenhaus streiten alle Beteiligten jeden Vorwurf ab. Robinhood steht aber weiter in der Kritik.
Nach den Börsenturbulenzen um die Aktie des Computerspielhändlers Gamestop in den USA haben mehrere der Beteiligten Manipulationen der Märkte vehement bestritten – und die Forderung einiger Politiker nach schärferen Regeln damit zurückgewiesen. Vor dem Finanzausschuss des Repräsentantenhauses sagten unter anderen die Chef des Online-Finanzdienstleisters Robinhood und der Online-Handelsplattform Reddit sowie die Chefs der Hedgefonds Citadel und Melvin Capital aus. Weitere Termine etwa mit Vertretern von Aufsichtsbehörden sollen folgen.
Die stundenlange Anhörung vor dem Ausschuss am Donnerstag trug den Titel „Spiel beendet? Wer gewinnt und wer verliert, wenn Short Seller, Social Media und Investoren aufeinandertreffen?“ Über das Internet hatten sich kürzlich zahlreiche Kleinanleger organisiert, um massenhaft Papiere des durch wachsende Online-Konkurrenz und die Corona-Krise in die Bredouille geratenen Computerspielhändlers Gamestop zu kaufen. Damit bereiteten sie Hedgefonds massive Probleme, die auf sinkende Gamestop-Kurse gewettet hatten.
Aufsichtsbehörden ermitteln derzeit, ob die Aktivitäten mit Investorenschutz sowie fairen und effizienten Märkten vereinbar waren. Der Aktienkurs von Gamestop war drastisch in die Höhe geschossen – von knapp sechs auf fast 483 Dollar. Danach ging es allerdings wieder steil nach unten.
Wie kam es zum Kurseinbruch?
Mehrere Experten sagen, dass nur die Tatsache, dass Kleinanleger massiv im Handel eingeschränkt wurden, einen weiteren Anstieg und damit weitere Verluste für die Hedgefonds verhindert hat. Sie fordern Aufklärung darüber, worin diese Einschränkungen begründet waren.
Der Mitgründer und Chef des Online-Finanzdienstleisters Robinhood, Vladimir Tenev, versicherte, sein Unternehmen habe sich „an die Vorschriften gehalten“. Er versuche nicht, „jemanden unter den Bus zu schubsen“. Robinhood ist eine besonders für Kleinanleger gedachte Handelsplattform.
Auch der Gründer und Chef des Hedgefonds Melvin Capital, Gabriel Plotkin, wies jegliche Marktmanipulation von sich. Melvin hatte gegen Gamestop gewettet und „bedeutende Verluste“ gemacht.
Soziale Medien wie "Gespräche in der Bar"
Die Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez von den Demokraten kritisierte das Geschäftsmodell von Robinhood. Der Online-Broker nimmt keine Gebühren, sondern verdient daran, dass er die Kundenaufträge an einen großen Akteur verkauft, der damit eigene Aufträge ausführt. Vielen Kleinanleger-Kunden dürfte das oft nicht klar sein, wie Abgeordnete kritisierten. Im Fall Gamestop ist der ausführende Händler für Robinhood Citadel Securities.
Den Vorwurf wiederum, dass die Marktmanipulation eher auf Seiten der Kleinanleger zu suchen sei, wehrte Keith Gill, ein als "Roaring Kitty" bekannter YouTube-Star und Investor mit einer entscheidenden Rolle bei den Börsenturbulenzen ab. Er sagte: "Die Vorstellung, ich hätte die sozialen Medien benutzt, um die Gamestop-Aktie bei ahnungslosen Investoren anzupreisen und den Markt zu beeinflussen, ist grotesk."
Gill hatte als erster die Gamestop-Aktie angepriesen. Seine Chats darüber in den sozialen Medien seien "wie Gespräche über Aktien in der Bar, auf dem Golfplatz oder Zuhause", sagte er. (AFP)