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Klassiker wie Gutscheine und Socken gehören zu den unbeliebtesten Geschenken.
© Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Versteigerungen: Weihnachten unterm Hammer

Exklusive Geschenke lassen sich schwer kaufen, aber leicht ersteigern. Wie wäre es mit einer Auktion?

Von Laurin Meyer

Ob Gutschein, ein Küchenmixer oder Wollsocken: Einer dieser Klassiker findet sich an Heiligabend unter nahezu jedem Weihnachtsbaum. Blöd nur, dass ausgerechnet die naheliegenden Dinge in Umfragen regelmäßig zu den unbeliebtesten Geschenken gewählt werden. Dabei muss Kreativität bei der Bescherung gar nicht schwer sein: Wer für seine Liebsten etwas Exklusives will, der könnte auf Auktionen zuschlagen. Denn dort lässt sich mit Glück manches Unikat ergattern – und das zum Schnäppchenpreis.

Große Auswahl an Fundsachen

Das geht zum Beispiel bei der Deutschen Bahn. Jeden Donnerstag versteigert der Konzern in Wuppertal alles, was Fahrgäste in den Zügen liegen lassen. Pro Jahr finden Bahnmitarbeiter rund eine Viertelmillion Gegenstände. Mehr als die Hälfte geht zwar zum ursprünglichen Eigentümer zurück. Bei wertvollen Dingen wie Notebooks sind es sogar 90 Prozent. Der Rest kommt aber, sofern sich nach drei Monaten niemand gemeldet hat, unter den Hammer.

Die Auswahl ist riesig: Kameras, Skateboards, Designer-Handtaschen oder Armbänder gehören häufig zu den Auktionsstücken. Beliebt sind außerdem Versteigerungen von zurückgelassenen Reisekoffern. Ob der Meistbietende eine hochwertige Abendgarderobe oder doch nur Unterwäsche bekommt, bleibt nämlich bis zuletzt eine Überraschung. Manch ein Koffer geht für 60 Euro weg, für andere berappen die Teilnehmer auch schon mal 200 Euro. Das hängt davon ab, ob der Auktionator vorher einen Tipp gibt, welche Kostbarkeiten sich in den Koffern verstecken könnten. Auch ein ganzes Sortiment an Kuscheltieren hält die Bahn bereit, ganz zum Leid der kleinen Zugreisenden, die ihren Teddy nie wiederfanden.

Bundesverdienstkreuz zu versteigern

Was Fahrgäste so alles vergessen im Abteil, erstaunt die Bahnmitarbeiter manchmal selbst: Es gingen schon Brustimplantate über den Auktionstisch, eine Beinprothese, oder aber eine Stradivari-Geige. Modelle dieser Art gehören zu den teuersten Instrumenten der Welt. Und wer Glück hat, der kann sogar zum Träger des Bundesverdienstkreuzes werden – zumindest inoffiziell. Denn auch ein liegengelassener Verdienstorden wechselte schon den Besitzer, berichtet die Bahn. Ganz egal wie speziell die Gegenstände waren: Losgeworden ist die Bahn früher oder später immer alles, heißt es in dem Konzern.

Wer hier nur professionelle Schnäppchenjäger erwartet, liegt übrigens falsch. Auch Spaßbieter, Freundes-Cliquen und Familien ziehen die Auktionen an. „Einige bieten recht eifrig, andere sind zurückhaltender“, sagt ein Bahn-Sprecher. Manche schlagen wiederum ganz gezielt zu. Zwischen 50 und 70 Bieter nehmen in der Regel teil, gelegentlich sogar 300.

Im zentralen Fundbüro in Wuppertal, 1300 Quadratmeter groß, lagern die verlorenen Schätze in hohen Metallregalen wie in einem gut sortierten Warenhaus. 14 Mitarbeiter sind hier beschäftigt. Um den Wert oder die Echtheit etwa von Schmuckstücken festzustellen, kommen noch Sachverständige hinzu. Die nächste Versteigerung findet am Donnerstag vor Heiligabend statt. Regelmäßig versteigert die Bahn ihre Fundsachen aber auch in Bahnhöfen anderer Großstädte, zuletzt etwa in Düsseldorf.

Behörden betreiben Online-Auktionsplattform

Wem die Zeit für den Besuch einer Auktion in Wuppertal fehlt, der kann sich an Online-Versteigerungen wie etwa „Zoll-Auktion.de“ beteiligen. Betreiber des virtuellen Auktionshauses sind Bund, Länder und Kommunen. Dort steht zum Gebot, was Behörden nicht mehr brauchen oder der Zoll in die Finger bekommt – von Uhren über Modelleisenbahnen bis hin zu Antiquitäten wie einem 100 Jahre alten Knopfakkordeon. Der Startpreis für das Instrument liegt bei 100 Euro.

Auch erlesene Spirituosen und Weine sind regelmäßig auf dem Portal zu finden. Zuletzt ersteigerte ein Whiskey-Liebhaber eine Flasche Macallan Scotch aus dem Jahr 1976, die das Hauptzollamt in Rosenheim gepfändet hatte. Den Zuschlag gab es für 1650 Euro. Darüber hinaus hält Zoll-Auktion aber auch ein breites Angebot von deutlich günstigeren Tropfen bereit. „Hier ist immer auch mal ein Schnäppchen zu machen“, sagt Michael Bender vom zuständigen Hauptzollamt in Gießen.

Fast 5000 Behörden und Kommunen machen mit, sie starten pro Monat insgesamt rund 4000 Auktionen. In die Staatskassen flossen dadurch im vergangenen Jahr rund 86 Millionen Euro. Einen beachtlichen Teil davon machten Fahrzeuge aus. Der Zoll verkauft über die Plattform beschlagnahmte Pkw, die Behörden ausgemusterte Autos aus ihrem Fuhrpark.

Wer seinem volljährigen Enkelkind also eine große Freude machen will, kann hier einen kleinen Flitzer finden. Und auch für Menschen mit besonderen Vorlieben ist etwas dabei: So stehen alte Gefängnisbusse oder Löschfahrzeuge der Feuerwehr zum Gebot. Ab 1000 Euro geht es los. Einziger Wehrmutstropfen: Aus einer schnellen Blaulicht-Fahrt durch die Stadt wird vermutlich nichts. Um eine Straßenzulassung zu bekommen, muss die Warnanlage in der Regel abmontiert werden.

Anfänger sollten aufpassen

Bei Fahrzeugen sollten sich Bieter aber ihres Risikos bewusst sein, sagt der ADAC, denn bei öffentlichen Versteigerungen kann die Sachmängelhaftung ausgeschlossen werden. Damit unterscheidet sich ein ersteigertes Auto vom Wagen eines Gebrauchtwagenhändlers. Dieser kann die Haftung nämlich nicht ausschließen. „Man ersteigert die sprichwörtliche Katze im Sack“, gibt der ADAC zu bedenken. Außerdem sollten sich Anfänger vor den ausgeklügelten Strategien der Profis in Acht nehmen. „Professionelle Bieter beteiligen sich oft so, dass man sich als Exot dann schwertut, tatsächlich ein Schnäppchen zu machen“, sagt eine ADAC-Sprecherin. Hinzu komme, dass gerade Behördenfahrzeuge oft bereits die Grenze des Fahrzeuglebens erreicht haben. „Es ist also schwierig, einen tatsächlichen Treffer zu landen.“

Wem für seine Liebsten aber auch gar nichts zu teuer ist, der könnte auch ein Schloss, eine Insel oder gleich ein ganzes Dorf ersteigern. Das Berliner Auktionshaus Karhausen ist bekannt für kuriose Immobilien, im vergangenen Jahr versteigerte es zur Weihnachtszeit den brandenburgischen 15-Seelen-Ort Alwine. Für Genügsame hat Karhausen auch kleine Wald- und Wiesenstücke oder Garten-Parzellen im Angebot.

Die letzte Auktion vor Weihnachten haben verzweifelte Geschenkesucher indes schon verpasst. Die nächsten Immobilien kommen hier erst wieder im März kommenden Jahres unter den Hammer. Wie wäre es dann mit einem Gutschein für die nächste Auktion?

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