Hard-Candy-Fitnessstudios in Berlin: Was die Kunden jetzt wissen müssen
Nur noch ein Berliner Studio der Pleite-Kette ist geöffnet, die Verhandlungen über die Madonna-Clubs ziehen sich hin. Der Insolvenzverwalter schreibt jetzt alle an.
Rot-schwarze Luftballons schmücken das Hard Candy-Studio an der Bergmannstraße in Kreuzberg. Die Mitarbeiterinnen des Frauenstudios verbreiten Zuversicht. Ein Investor sei gefunden, heißt es, schon bald sei die Zeit der Unsicherheit vorbei. Dann werde aus dem Studio, das derzeit noch mit überlebensgroßen Madonna-Bildern einen Rest von Starflair in der Fitnessetage verbreitet, ein Kiez-Studio mit mütterfreundlichem Angebot, moderaten Preisen - und neuen Verträgen. Damit läuft auch im letzten, noch geöffneten Berliner Studio der Hard Candy-Kette die Zeit gegen die Kundinnen, von denen viele ihre Verträge bereits per Vorauskasse bezahlt haben und nun wohl einen Großteil ihres Geldes verlieren dürften.
Insolvenzverfahren läuft
Seit dem 1. September läuft das ordentliche Insolvenzverfahren über den Betreiber der Studios, die Jopp AG, und die Berliner Clubs, die in eigene Gesellschaften ausgegründet worden sind. Neun Hard Candy-Clubs gibt es in Berlin, alle in guten Lagen und mit guter Ausstattung. Doch die Brüder Jopp, die hinter der Fitnesskette stecken, haben sich verkalkuliert. Sie haben auf die Strahlkraft des Namens Madonna vertraut, die hinter dem Hard Candy-Prinzip steht und mit Lizenzgebühren von dem Geschäft profitiert. Doch das Konzept ist im hart umkämpften Berliner Fitnessmarkt nicht aufgegangen. Um frisches Geld aufzutreiben, hatten Ralf und Jürgen Jopp die Preise gesenkt und Mitgliedschaften zu Kampfpreisen angeboten - gegen Vorkasse. Und letztlich ohne Erfolg. Die Brüder haben ihre Schulden nicht zahlen können. Im Juni stellte Vattenfall den Strom ab, im Juli beantragten die Jopp-Brüder selbst, ein vorläufiges Insolvenzverfahren zu eröffnen. Torsten Martini von der Berliner Kanzlei Leonhardt Rattunde war zunächst vorläufiger Insolvenzverwalter und macht nun im ordentlichen Insolvenzverfahren weiter. Sein Ziel: Käufer für die Pleitestudios finden und Geld auftreiben, damit die Gläubiger nicht völlig auf dem Trockenen sitzen.
Clayallee und Schönhauser sind beliebt
"Mit zwei bis drei Ketten verhandele ich ernsthaft", sagte Martini dem Tagesspiegel. Beliebt sind vor allem die Studios in der Clayallee in Zehlendorf, in der Schönhauser Allee und in der Bismarckstraße. Für diese Standorte dürften sich in jedem Fall Käufer finden. Wer bislang am Kurfürstendamm trainiert hat, muss sich dagegen nach einer Alternative umsehen. "Der Vermieter will kein Fitnessstudio mehr", berichtet Martini. Im Europa-Center sucht der Vermieter auf eigene Faust nach einem Nachmieter, hier soll wieder ein Fitnessstudio aufmachen, heißt es. Das Hard Candy-Studio in dem Einkaufszentrum war der letzte Club, in dem auch Männer trainieren konnten. Seit dem 22. August ist aber auch dieses Studio geschlossen. Auch für die Kundinnen der Frauen-Fitnesskette Superwomen der Jopp AG sieht es schlecht aus. Alle vier Berliner Studios der preiswerteren Hard Candy-Schwester sind dicht. Für die Clubs gibt es einen Interessenten, hier zeichnet sich eine Paketlösung ab.
Viele Mitglieder springen ab
Wie lange sich die Hängepartie noch hinziehen wird, ist unklar. Es reicht nicht, wenn sich Martini mit den Investoren einigt, auch die Vermieter der jeweiligen Standorte müssen zustimmen. Die Zeit drängt: Denn immer mehr Hard Candy-Kunden suchen sich inzwischen neue Studios. "Mit jedem Tag wird die Chance für die Käufer schlechter, die bisherigen Kunden für sich zu gewinnen", warnt Martini.
Wer seinen Vertrag kündigen will oder einen Aufhebungsvertrag schließen möchte, kann das tun. "Ich werde jede Kündigung bestätigen", verspricht der Insolvenzverwalter. Allerdings bucht Martini seit längerem ohnedies keine Mitgliedsbeiträge mehr ab.
Insolvenzverwalter schreibt alle Kunden an
Kunden mit Prepaid-Verträgen, die ihr Geld zurück haben wollen, bittet Martini um Geduld. Zwar könnten die Kunden auch jetzt schon auf eigene Faust ihre Ansprüche anmelden, aber "Ende September werde ich alle Kundinnen und Kunden anschreiben", kündigt der Insolvenzverwalter an. Martini will bis dahin ausrechnen, wie hoch die Forderungen im einzelnen sind. Die Betroffenen sollen dann nur noch ankreuzen, ob sie mit der Rechnung einverstanden sind. Doch viel Geld dürften die Betroffenen nicht bekommen, wenn überhaupt. Denn andere werden eher entschädigt, etwa die Arbeitnehmer. Die Kunden stehen am Ende der Skala.