Fitnesskette Hard Candy: Viele Mitglieder dürften ihr Geld verlieren
Der Insolvenzverwalter will die Fitnessstudios verkaufen. Das Problem: Die Vorauskasse der Kunden ist dann wahrscheinlich verloren.
Neue Hiobsbotschaft für die Kunden der insolventen Fitnesskette Hard Candy: Der vorläufige Insolvenzverwalter Torsten Martini rechnet nicht mehr mit dem Weiterbetrieb der neun Berliner Studios durch die Jopp AG. "Es ist nach dem jetzigen Stand nicht realistisch, dass die derzeit geschlossenen Filialen wieder eröffnet werden", sagte Martini dem Tagesspiegel. Vielmehr verhandelt der Insolvenzverwalter, der für die Berliner Kanzlei Leonhardt Rattunde arbeitet, derzeit mit möglichen Käufern über eine Übernahme mehrerer oder einzelner Studios. Das Problem: Das Geld vieler Kunden dürfte damit verloren sein.
Vorauskasse dürfte verloren sein
Viele haben langlaufende Verträge, die sie im voraus bezahlt haben. Darunter sind auch zahlreiche Verträge mit lebenslanger Laufzeit. "Das Geld ist wahrscheinlich weg", befürchtet Martini. Denn von der Vorauskasse haben nur die Brüder Jürgen und Ralf Jopp, die bisherigen Betreiber der Studios, profitiert. Zwar will sich Martini im Gespräch mit den möglichen Käufern für die Kunden einsetzen, doch die Erfolgsaussichten sind gering. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Erwerber Kunden noch jahrelang kostenfrei trainieren lassen", sagt der Verwalter. Betroffene hätten dann nur die Möglichkeit, ihre Vorauszahlungen beziehungsweise einen Teil davon im Insolvenzverfahren zurückzufordern.
Doch die Aussichten, aus der Insolvenzmasse ausgezahlt zu werden, sind eher schlecht. Die Jopp AG hat erhebliche Schulden. Vattenfall schuldet man einen sechsstelligen Betrag für unbezahlte Stromrechnungen, die Vermieter der Studios warten auf ihre Mieten. Auch die Reinigungsfirma Salja Blitz Gebäudereinigung, die im Frühjahr vier Hard Candy-Studios geputzt hat, hat nach eigenen Angaben noch Außenstände von 35.000 Euro. "Das hätte uns beinahe selbst in die Insolvenz getrieben", sagte Mitarbeiterin Nicole Aethner dem Tagesspiegel. Dagegen sind die vorhandenen Vermögenswerte übersichtlich. Viele der Geräte sind geleast, zudem dürfen zunächst die Vermieter auf die Gerätschaften zugreifen. Auch die Arbeitnehmer der Jopp AG werden bevorzugt ausgezahlt, die Kunden stehen am Ende der Skala.
Zwei Studios sind noch geöffnet
Die Brüder Jürgen und Ralf Jopp betreiben in Berlin neun Hard Candy- und vier Superwomen-Studios. Die Unternehmer haben Anfang Juli selber Insolvenzanträge gestellt, das Verfahren ist derzeit noch vorläufig, voraussichtlich am 1. September soll das endgültige Insolvenzverfahren eröffnet werden. Von den Hard Candy-Studios sind derzeit in Berlin nur zwei geöffnet, ein Frauenstudio in der Bergmannstraße in Kreuzberg und ein gemischter Club im Europa-Center. Beide Clubs sollen nach Möglichkeit weiterhin offen bleiben, sagt Martini.
Kein Geldgeber in Sicht
Eigentlich wollten die Jopp-Brüder alle Studios wieder öffnen, doch die Suche nach einem Geldgeber scheint sich schwerer zu gestalten als gedacht. Wahrscheinlicher ist es daher, dass die Studios von Dritten übernommen werden. Die Gespräche laufen. Martini geht davon aus, dass sich für alle Studios bis zum 1. September Interessenten finden. Auch die meisten Vermieter dürften ein Interesse daran haben, dass die Clubs weiterlaufen. Viele der Studios sind neu, die Räumlichkeiten sind von vorneherein als Fitnessstudios konzipiert worden. Eine alternative Nutzung ist problematisch, vor allem in den Clubs, die mit Pools ausgestattet sind. In der Hard Candy-Kette sind das einige. Gemessen an der Ausstattung und dem Angebot waren die Preise zuletzt sehr niedrig. Mitgliedschaften wurden ab 29 Euro monatlich angeboten, vergleichbare Angebote anderer Wettbewerber beginnen etwa bei dem Doppelten. Alle Hard Candy-Studios liegen verkehrsgünstig, in teuren Gegenden wie der Friedrichstraße, der Mall of Berlin oder dem Kurfürstendamm.
Die Brüder Jopp hatten auf die Strahlkraft der Hard Candy-Erfinderin Madonna gesetzt. Der Popstar wirbt für die Studios, die ihren Namen von einem Madonna-Album haben. 2013, als das erste Hard Candy-Studio in Berlin eröffnet wurde, war Madonna da. Ansonsten hat sich die Sängerin rar gemacht. Zwar kassiert Madonna monatlich Lizenzgebühren, lässt sich vor Ort aber nicht blicken. "Wir hatten uns ehrlich gesagt schon ein bisschen mehr Engagement gewünscht", hatten die Jopp-Brüder unlängst im Tagesspiegel-Interview beklagt. Auch die weltweite Expansion von Hard Candy Fitness sei nicht so gelaufen, wie gedacht. "Außer unseren Studios hat nur noch ein Club in Toronto aufgemacht, und der ist schon wieder zu. Wir haben gehofft und sind davon ausgegangen, dass Hard Candy Fitness eine weltweite Marke mit hunderten Studios wird und die Mitglieder überall auf der Welt trainieren können, aber das ist leider nicht passiert", sagten die Brüder.
Seit Juni sind die Studios zu
Die Mitglieder bangen schon seit langem um ihre Verträge. Im Juni machten von einem Tag auf den anderen zahlreiche Studios dicht, weil Vattenfall den Strom abgestellt hatte. Trainierende wurden davon kalt überrascht. "Mitten im Kurs war plötzlich Schluss", erzählt eine Kundin. "Ich hatte Mühe, überhaupt das Schließfach aufzubekommen". Seitdem retten sich die Nutzer über die Runden. Viele machen eine Trainingspause, andere gehen in die geöffneten Clubs. Das Studio im Europa-Center ist riesengroß, die Geräte funktionieren. Allerdings häuft sich dort am Wochenende der Müll, weil Papierkörbe nicht geleert werden. Inzwischen greifen sogar die Besucher zur Selbsthilfe. "Ich gehöre zu denen, die sich zwei Mal in der Woche den Schlauch schnappen, um zumindest Toiletten, Sauna, Wellness-Vorraum und Duschen auszuspritzen, Sagrotan und Küchenrolle für Geräte", berichtete ein Hard Candy-Mitglied dem Tagesspiegel. In der Bergmannstraße sind die Duschen renovierungsbedürftig, Wellnessbereich und Schwimmbad sind gesperrt.
Insolvenzverwalter bucht nicht ab
Viele Nutzer haben in den vergangenen Wochen gekündigt, zahlreiche Trainierende hoffen aber darauf, dass ihre Verträge weiterlaufen - wahrscheinlich vergeblich. Insolvenzverwalter Martini verzichtet derzeit auf Abbuchungen - auch bei denen, die nicht gekündigt haben. Die Verwaltung habe derzeit keinen Überblick, "ich will verhindern, dass bei Kunden abgebucht wird, die gekündigt haben", sagt Martini. Das Problem: Frisches Geld kommt derzeit nicht mehr herein.
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