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Fast vier Millionen Putzfrauen arbeiten in deutschen Privathaushalten - die meisten von ihnen schwarz.
© picture alliance / dpa

Viel Aufwand für wenig Geld: Warum so viele Putzfrauen schwarz arbeiten

Es gibt diverse legale Möglichkeiten, eine Putzhilfe anzustellen. Trotzdem sind rund 80 Prozent der Haushaltshilfen schwarz beschäftigt. Vier Auftraggeber berichten über ihre Erfahrungen.

Fenster putzen, Staub saugen, Wäsche zusammenlegen, bügeln, Kinder hüten: Fast vier Millionen Männer und Frauen arbeiten in Deutschland als Haushaltshilfen. Allerdings tun das nach einer neuen Studie des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) rund 80 Prozent der Beschäftigten und somit rund 3,6 Millionen Helfer im Verborgenen. 25 bis 30 Milliarden Euro werden Schätzungen zufolge durch haushaltsnahe Dienstleistungen allein in diesem Jahr unter der Hand verdient. Dabei sind die Auftraggeber von in Privathaushalten Beschäftigten eigentlich dazu verpflichtet, Reinigungskräfte und andere Helfer bei der Minijob-Zentrale anzumelden, sofern sie mit ihrer Arbeit pro Monat nur bis zu 450 Euro verdienen.

Minijobber sind über die Minijob-Zentrale versichert

Über die Minijob-Zentrale werden die Haushaltshilfen renten-, kranken- und unfallversichert. Die Versicherungsbeiträge trägt dabei größtenteils der Auftraggeber, den Rest der Dienstleister. Die Kosten für die Haushaltshelfer kann man steuerlich absetzen, allerdings maximal 510 Euro im Jahr. Auch Dienstleister wie das Unternehmen Helpling bieten die Möglichkeit, Haushaltshelfer legal zu beschäftigen. Gebucht werden können die Dienstleister über eine Webseite, wobei die Preise pro Stunde je nach Ort zwischen 13,90 Euro (Berlin) und 16,90 Euro (München) variieren. In Berlin verdient die Haushaltskraft dabei 12 Euro, 1,90 Euro bekommt Helpling. Über das Unternehmen sind die Mitarbeiter gegen durch sie entstandene Schäden und Arbeitsunfälle versichert. Obwohl es also diverse Möglichkeiten für die legale Beschäftigung von Putzfrauen und dergleichen gibt, entscheiden sich die meisten Auftraggeber für die illegale Variante. Warum? Zum Für und Wider hat der Tagesspiegel Erfahrungsberichte von verschiedenen Berliner Auftraggebern von Haushaltshilfen zusammengetragen. Sie wollen anonym bleiben, ihre Namen sind der Redaktion aber bekannt.

Angestellter, Mitte 30, ledig
„Ich wollte nie reich oder berühmt werden, ich hatte nur einen Traum: genug Geld zu verdienen, um nicht mehr selber putzen zu müssen. Ich habe das noch nie gern gemacht, umso mehr Respekt habe ich vor Leuten, die mir das abnehmen. Aber als ich im Internet die Stundensätze von Agenturen studierte, musste ich feststellen, dass sich die Träumerei mit meinem aktuellen Gehalt nicht vereinbaren lässt. Realistischer klangen da die Preise, die ich bei Ebay-Kleinanzeigen las. Weil ich einen Stundenlohn von acht Euro zu niedrig fand, bot ich von mir aus zehn. Und Kaffee gratis. Leider kamen die Damen oft zu spät oder gar nicht oder sprachen zu wenig Deutsch, um Absprachen zu treffen. Irgendwann hatte ich eine Deutsche. Ich bin selbst zur Hälfte Pole und fand die Idee lustig, die Verhältnisse umzukehren. Aber meine Putzhilfe wirkte dauergekränkt, als sei der Job unter ihrer Würde. Und dass sie alles verstand, hatte Nachteile. Als wir uns im Streit trennten, schrieb sie eine Mail mit intimen und beruflichen Details, die sie belauscht hatte. Gruselig. Heute bin ich glücklich mit einr Ukrainerin, Freunde haben uns zusammengebracht. Bei der Minijob-Zentrale angemeldet ist sie nicht. Dafür ist sie zuverlässig, diskret, gründlich, herzensgut. Meine Traum-Putzfrau.“

Angestellte, ledig, 58
„Es ist ja nicht so leicht, eine nette, vertrauenswürdige Putzfrau zu finden, zumal wenn es nur für wenige, kürzere Einsätze ist. Wedelt man da gleich am Anfang mit Formularen herum, in denen sie ihre Versicherungsnummer nennen und sich für oder gegen kompliziert klingende Sachen wie „Befreiung von der Rentenversicherungspflicht“ entscheiden muss, ist das dem erfolgreichen Abschluss eher abträglich. Allein die Lektüre des Merkblatts „Arbeitsrecht für Minijobber“ ist schon gut geeignet, dem potenziellen Arbeitgeber unwiderstehliche Lust auf das bisschen Hausputz als gesunde Bürokratie-Alternative zu machen. Dabei geht es doch vor allem darum, die private Putzhilfe im Falle eines Unfalls abzusichern. Wahrscheinlich würden viele dem entsprechenden Risiko sicher gern aus dem Weg gehen zum Preis von beispielsweise 30 Euro, einzuzahlen einmal jährlich an eine gesetzliche Unfallkasse. Wenn das ginge, ohne dass man noch alle möglichen Details nennen muss, würde die schwarze Beschäftigungsquote sicher beträchtlich sinken, und allen wäre geholfen."

Familienvater, verheiratet, 73
„Seit polnischen Staatsbürgern in Deutschland die Arbeitsaufnahme erlaubt ist, haben wir unsere Haushaltshilfe über die Knappschaft angemeldet. Damit ist sie auch versichert für den Fall eines Arbeitsunfalls im Haus, ein ganz wichtiger Aspekt. Und natürlich bekommt sie Urlaubs- und Weihnachtsgeld, letzteres in Höhe eines Monatslohns. Die quasi illegale Beschäftigung in den Jahren zuvor hat uns nie gefallen, aber man wurde ja als Bürger direkt dazu gezwungen: Wir brauchten eine Haushaltshilfe, da wir beide berufstätig sind. Auf viele Anzeigen und Suchmeldungen an den schwarzen Brettern von Supermärkten hin meldet sich nie eine deutsche Staatsbürgerin, sondern immer nur Polen. Aus meiner Sicht hätte die erleichterte Arbeitsaufnahme für Polen gerade in Berlin schon viele Jahre früher kommen müssen. Jeder weiß doch, dass Zehntausende Polen von Montag bis Freitag hier in der Stadt sind und am Wochenende zu ihren Familien nach Polen, nach Hause fahren. Durch die Illegalität waren sie in Berlin auch Wohnungsvermietern ausgeliefert, die ihre Notsituation ausnutzten und kleine Räume zu unverschämten Preisen vermieteten. Jetzt kann unsere Haushaltshilfe auch völlig legal in Berlin wohnen - also ein für alle Seiten zufriedenstellender Zustand.“

Angestellter, verheiratet, 57
„Wenn vier von fünf Haushalten Hilfskräfte schwarz beschäftigen, so ist das nicht nur aus steuerlicher Hinsicht höchst unschön: Die Damen und Herren dürften nämlich gegen Unfälle an ihren Arbeitsstellen nicht versichert sein – und ein Strohmann oder eine Strohfrau helfen da auch nicht weiter: Risiko! Ich betreibe meine Ferienwohnung deshalb ohne SchwarzarbeiterInnnen. Aber ich kann die Arbeitgeber und Familien verstehen, die den Minijob in den Haushalten oder Ferienwohnungen nicht anmelden. Mit den Wünschen der Helferinnen und Helfer hat das meistens gar nichts zu tun: Die Verwaltung dieser Minijobs ist nämlich aufwändig. Wechselt die Stundenzahl nach Arbeitsaufwand von Monat zu Monat, so muss jeder Monat neu abgerechnet werden – eine Vielzahl von Positionen vom Mutterschaftsgeld, über Insolvenzgeldversicherung bis hin zur Pauschalsteuer sind abzuarbeiten und einzureichen. Und zwar pünktlich, bitte. Sonst kommt subito eine Zahlungsaufforderung auf der Grundlage eines Durchschnittsmonatslohns. Die Prozentpunkte der einzelnen Beiträge können sich von Jahr zu Jahr ändern. Das teilt die Knappschaft den Arbeitgebern aber nicht mehr mit. Sie müssen seit einigen Jahren detektivische Fähigkeiten entwickeln, um sich im Internet schlau zu machen ob sich Prozentzahlen verändert haben oder nicht. Mich nervt diese Arbeit deshalb Monat für Monat, Jahr für Jahr. Der Verwaltungsaufwand für eine Arbeitskraft, die wie bei mir vielleicht zwischen 150 und 200 Euro im Monat verdient, ist also immens. Am Ende des Jahres muss dann noch die genaue Zahl der Arbeitsstunden exakt benannt werden – für die Steuerbehörden, und damit die Unfallversicherung ihre Rechnung stellen kann. Bei den Stundenzahlen muss alles stimmen und bei den Überweisungen an die Knappschaft auch: Alle fünf Jahre findet nämlich eine Betriebsprüfung statt, da wird jede Position nachgerechnet - vorausgesetzt man hat alle Unterlagen ordentlich kopiert und eingereicht. Dreimal habe ich das bisher erlebt: Jedes Mal gab es mehr oder weniger kräftige Rüffel – es ging um Centbeträge. Im Zweifelsfalle müssen Kontoauszüge herausgesucht werden. Die Arbeitskraft muss sich natürlich auch erklären. Wehe, wenn da die Stundenzahlen in den einzelnen Monaten nicht stimmen: Nachfragen garantiert.“

Sarah Kramer

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