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Tchibo bietet seine Kleinkindermode nicht nur zum Kauf, sondern auch zur Miete an.
© Waltraud Grubitzsch / dpa

Sharing-Economy: Wann Leihen sich lohnt

Vom Strampler bis zum Betonmischer können Kunden sich fast alles teilen. Das kann viel Geld sparen. Aber nicht in jedem Bereich lohnt sich die Miete.

Von Laurin Meyer

Eltern kennen es: Die Freude über den neuen Strampler für das Kleinkind währt oft nur kurz. Denn gerade gekauft, ist das Baby auch schon wieder aus dem schönen Teil herausgewachsen. Was tun? Tchibo bietet Eltern eine Lösung an. Der Einzelhändler vermietet seine Babykleidung und Umstandsmode.

Das Konzept: Eltern wählen online wie sonst auch ihre Lieblingsstücke aus. Doch statt des Kaufpreises zahlen sie eine monatliche Leihgebühr. Eine Kindermütze gibt es für 60 Cent pro Monat, die Miete für eine Jacke kostet bis zu 6,60 Euro. Nach einem Monat Mindestleihdauer rechnet Tchibo dann tagesgenau ab. Kunden zahlen dabei aber maximal nur den Kaufpreis. Wer diesen mit seiner Miete erreicht hat, muss nichts mehr zahlen und darf das Kleidungsstück behalten.

Ein weiterer Vorteil: Lassen sich Flecken nicht mehr entfernen oder geht ein Teil kaputt, müssen die Mieter nichts extra zahlen. Die Kosten übernimmt Tchibo. Rückläufe mit Schäden kämen sehr selten vor, sagt Sprecherin Sandra Coy. „Bislang haben wir erst einen Langarmbody zurückbekommen, aus dem die Tomatenflecken definitiv nicht zu entfernen waren.“ Geht aber eines der Leihstücke verloren, muss der Kunde dafür aufkommen und den Kaufpreis abzüglich gezahlter Mieten erstatten.

Eltern können sogar Spielzeug leihen

Begonnen hat Tchibo im Januar mit etwa 80 Kleidungsstücken, in der vergangenen Woche kamen noch einmal rund 60 aus den Bereichen Outdoor- und Festtagskleidung sowie Spielzeug dazu. Wie viele Verbraucher das Angebot schon genutzt haben, will der Einzelhändler nicht verraten.

Nur so viel: „Wir sind mit der Klickrate der Seite und den Besucherzahlen sehr zufrieden“, sagt Coy. Neben der Ausleihe verkauft Tchibo aber auch weiterhin seine Babykleidung ganz regulär. Ob das Mietangebot die Verkaufszahlen schmälert, könne man noch nicht absehen. „Wir sind gespannt“, sagt Coy.

Für Verbraucherexperten liegen die Vorteile solcher Leihangebote auf der Hand. „Verbraucher können mit Mietdiensten wie dem von Tchibo Geld sparen“, sagt Christian Gollner von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Kunden müssten allerdings kritisch nachrechnen und müssten bereit sein, regelmäßig Pakete zu empfangen.

Car-Sharing lohnt sich für Gelegenheitsfahrer

Das Konzept der Klamottenleihe ist relativ neu. Beschwerden über den Dienst von Tchibo habe es bisher noch keine gegeben, sagt Gollner. In anderen Bereichen konnten sich Mietmodelle schon etablieren – etwa auf der Straße. Anfang des Jahres nutzten mehr als zwei Millionen Menschen hierzulande Carsharing.

Zu den größten Anbietern gehören Car2Go von Daimler und DriveNow von BMW. Der Kunde zahlt hier pro gefahrener Minute. Benzin, Parken und Versicherung sind darin enthalten. Für einen Smart verlangt Car2Go minütlich mindestens 29 Cent, bei DriveNow werden für einen Mini 33 Cent fällig.

Für Gelegenheitsfahrer in Großstädten kann sich das auszahlen. Denn sie sparen die Fixkosten für die Kfz-Versicherung, Wartung oder Steuern. Der Verkehrsclub Deutschland rechnet vor: Bei einem VW Golf mit einer jährlichen Kilometerleistung von 12 000 gehen allein drei Viertel aller Kosten für Fixkosten drauf.

Einige Anbieter möchten vor allem Daten sammeln

Auch die Zahl von Leihfahrrädern hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Allein in Berlin gibt es nach Angaben des Senats mittlerweile bis zu 16 000 Stück. Zu den großen Anbietern wie Lidl-Bike oder Nextbike sind zuletzt einige Konkurrenten aus Fernost hinzugekommen. Verbraucherschützer wie Gollner warnen aber vor manchen Billigangeboten. Sei das Mietfahrrad nämlich außerordentlich günstig, könne dahinter auch eine Masche zum Abgreifen persönlicher Daten stecken.

Wie beim Carsharing funktioniert auch die Radleihe häufig nur durch vorherige Anmeldung über eine Handy-App. Der Anbieter kommt so nicht nur an Namen und Kontaktdaten seiner Kunden. Er weiß auch, welche Strecken die Nutzer wann und wie oft fahren – wertvolle Informationen für passgenaue Werbung. Die Nutzer sollten deshalb immer einen Blick auf die Datenschutzbestimmungen und die Einstellungsmöglichkeiten auf der Webseite oder in der App werfen, rät Gollner.

Elektronik mieten kann teuer werden

Auch die Elektronikbranche mischt auf dem Mietmarkt mit. Seit etwas mehr als einem Jahr bietet etwa Media Markt einige seiner Smartphones, Notebooks oder Kameras auch zur Miete an. Der Elektronikriese kooperiert dabei mit dem Start-up Grover, das die Abwicklung übernimmt. Und auch die Fachhändler Conrad oder Euronics arbeiten mit dem Dienstleister zusammen.

Verbraucher sollten aber ganz genau rechnen, ob sich eine Miete lohnt. Ein Beispiel: Für ein neues iPhone 8 verlangen Media Markt und Grover eine Monatsmiete von knapp 65 Euro. Nach nur einem Jahr hätte der Kunde also bereits den Kaufpreis erreicht. Behalten darf er das Gerät dann aber noch nicht. Erst wenn er drei weitere Monate zahlt, gehört das Gerät ihm. Und will der Kunde das Gerät vorher kaufen, rechnet ihm Grover nur 30 Prozent seiner bereits gezahlten Mieten an.

Gollner warnt: Bei hochpreisigen Produkten aus dem Mobilfunk und der Unterhaltungselektronik seien die Monatsraten oft so hoch, dass man besser einen Kredit aufnimmt und das Gerät kauft.

Bloß nichts kaputt machen

Auch einige Baumärkte haben das Potenzial der Leihwirtschaft erkannt. Sie wollen vor allem Heimwerker anlocken, für die sich der Kauf von teuren Maschinen nicht lohnt. Die Geräte lassen sich meist stunden- oder tageweise mieten, müssen allerdings vor Ort abgeholt werden.

Hier ist Zeitmanagement gefragt: Denn die Mietdauer beginnt, sobald der Kunde das Gerät in den Händen hält. Bringt der Heimwerker das Gerät zu spät zurück, drohen teils saftige Aufschläge. Gerade dem ungeübten Heimwerker kann auch mal etwas kaputtgehen. Manche Baumärkte bieten eine sogenannte Haftungsfreizeichnungsgebühr an. Gegen einen Aufpreis muss der Heimwerker nicht für Schäden aufkommen.

Sonst gilt: „Wer die gemietete Sache beschädigt oder verliert, ist zum Schadensersatz verpflichtet“, sagt Gollner. Auch die privaten Haftpflichtversicherungen helfen nicht immer aus. Schäden an geliehenen oder gemieteten Gegenständen sind nämlich nicht in allen Tarifen enthalten.

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