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Der Noch-Bank-Chef gilt als intellektuell und als scharfer Analytiker.
© dpa

Commerzbank: Versöhnlicher Abschied von Martin Blessing

Martin Blessing spricht am Mittwoch zum letzten Mal als Chef der Commerzbank zu den Aktionären. Eine Bilanz seiner Ära.

Bei der Konkurrenz, ein paar Banktürme weiter, hat er etliche Chefs kommen und gehen gesehen. Er selbst aber blieb trotz erheblicher Probleme und einer Beinahe-Pleite acht Jahre an der Spitze. Bis Martin Blessing im November für sich entschied, dass Schluss sein soll. Auf der Hauptversammlung am Mittwoch spricht der 52-Jährige nun zum letzten Mal als Chef der Commerzbank in Halle 11 der Frankfurter Messe zu den Aktionären. Zehn Tage später wird er den Job an Martin Zielke übergeben.

Donnernden Applaus wird es wohl nicht geben. Auch wenn die Bank erstmals seit sieben Jahren wieder eine Dividende zahlt, nachdem der Gewinn im vergangenen Jahr bei rund einer Milliarde lag. Vier Mal mehr als 2014. Es wird aber auch kein Gewitter über den großgewachsenen, hageren, gebürtigen Bremer aufziehen – wie nicht selten in den vergangenen Jahren, als erboste Aktionäre angesichts dramatischer Verluste nur Hohn und Schott für ihn übrig hatten und laut die Abberufung von Blessing verlangten. Als Totengräber, Hütchenspieler und Totalversager titulierten sie ihn.

Eine zwiespältige Bilanz

Die Bilanz, die Blessing nach acht Jahren als Vorstandsvorsitzender ziehen wird, ist zwiespältig und keine wirkliche Erfolgsgeschichte. „Wir hatten gute und weniger gute Momente“, hat er im Februar auf seiner letzten Bilanz-Pressekonferenz gesagt. „Wir haben viel Stoff geliefert. Mit uns wurde es nie langweilig“.

Die weniger guten Momente gab es wenige Wochen nach der Übernahme der Dresdner Bank im Herbst 2008. Was drei Monate nach seinem seinem Amtsantritt erst als genialer Coup ausgesehen hatte, entpuppte sich fast als Sargnagel für das traditionsreiche Geldhaus. Der Ausbruch der weltweiten Finanzkrise durch die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers im September zog auch die Commerzbank nach unten. Letztlich konnte sie die Übernahme allein nicht mehr stemmen. Der Bund und damit der Steuerzahler mussten Blessing und die Commerzbank retten – mit einer Geldspritze von 18 Milliarden Euro und dem Einstieg bei der Commerzbank. „Strategisch richtig, Timing schlecht“, sagt Blessing zur Übernahme der Dresdner Bank heute.

Kritisch an der Ära Blessing ist auch die dramatische Talfahrt der Aktie. Mehr als 90 Prozent an Wert hat sie verloren. Im Mai 2008 kostete das Papier rund 120 Euro, mittlerweile sind es gerade einmal rund 8,30 Euro. Und eine Dividende gab es in der Amtszeit des Banker-Sohnes Blessing nur einmal. Für 2015.

Häme mit Geduld ertragen

Zu den guten Momenten gehört, dass die Commerzbank die Steuermilliarden längst zurückgezahlt hat, und dass die Bank heute stabil dasteht. Wenn auch der Bund mit knapp 16 Prozent immer noch größter Anteilseigner ist. Weshalb sich Blessing immer noch mitunter als Staatsbanker titulieren lassen muss und unter anderem von den Sparkassen kritisiert wurde, weil er neue Kunden mit ansehnlichen Geldprämien lockt. Staatsgeld sei das, sagen Sparkassen-Vertreter.

Blessing hat Kritik und Häme mit Geduld ertragen, auch gestützt durch Aufsichtsratschef Klaus-Peter Müller. Und er hat seine Strategie konsequent durchgezogen. Das Privatkundengeschäft und der Mittelstand waren die Prioritäten des Vorstandschefs. Seit 2012 hat das Geldhaus netto mehr als 80000 neue Kunden gewonnen und steht in den Augen von Experten im Privatkundengeschäft besser da als die Deutsche Bank. Auch im Mittelstandsgeschäft kann das „gelbe“ Institut dem von Rechtsstreitigkeiten, Prozessen und Milliarden-Verlusten gebeutelten „blauen“ Konkurrenten das Wasser reichen. Blessing lässt das Fußball-Nationalteam der Männer und Frauen für sein Haus trommeln. Offensichtlich mit Erfolg.

Mit 45 auf dem Chefsessel

Der Noch-Bank-Chef gilt als intellektuell und als scharfer Analytiker. Nicht umsonst saß er nach einer steilen Karriere schon mit 45 auf dem Chefsessel der Commerzbank. Trotzdem eilt ihm nicht der Ruf vieler anderer Banker voraus, überheblich und hochnäsig zu sein. Blessing ist umgänglich, schottet sich in der Commerzbankzentrale nicht ab, schlendert durch die Gänge und die große Empfangshalle, trinkt auch mal einen Kaffee in der Cafeteria. Zumindest bis Ende April.

Dann ist Schluss für ihn. Was auf die Commerzbank folgt, hat er bislang nicht verraten. Im Sommer will Blessing zunächst eine Pause einlegen, dann geht es weiter. Irgendwo an der Spitze. Mit einem Job in der zweiten Reihe wird sich Blessing nicht zufrieden geben.

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