Weniger Risikokredite: Commerzbank erfolgreich im Privatkundengeschäft
Die Commerzbank kann auf ein erfolgreiches Jahr zurückblicken: unter dem Strich verdiente die zweitgrößte Bank Deutschlands rund eine Milliarde Euro. Veränderungen an der Spitze deuten sich dennoch an.
Rollentausch in der deutschen Finanzbranche: Während die Deutsche Bank mit tiefgreifenden Schwierigkeiten kämpft und 2015 einen Rekordverlust verbuchte, steht das ehemalige Kriseninstitut Commerzbank wieder gut da. Im vergangenen Jahr verdiente Deutschlands zweitgrößte Bank unter dem Strich 1,06 Milliarden Euro.
"2015 war ein ganz ordentliches Jahr", sagte der scheidende Commerzbank-Chef Martin Blessing bei der Präsentation seiner letzten Jahresbilanz. Seine Bank habe "frühzeitig die richtige Strategie eingeleitet". Die Commerzbank sei "wetterfester" geworden.
Mehr Aufwendungen für Risikovorsorge
Den Anteil an Risikokrediten konnte die gelbe Bank, wie das Geldhaus auch genannt wird, deutlich verringern. Ihre Portfolios im Bereich Non-Core-Assets, in den die Bank beispielsweise sehr problematische Kredite zur Schiffsfinanzierung ausgelagert hat, reduzierten sich auf 63 Milliarden Euro. 2012 hatten die Portfolios noch bei 160 Milliarden Euro gelegen.
Mit einem Anteil von 1,6 Prozent problematischer Kredite an den Gesamtkrediten schneide die Commerzbank im Branchenvergleich sehr gut ab, sagte Finanzvorstand Stephan Engels.
Auch die Aufwendungen der Bank für die Risikovorsorge waren 2015 mit 696 Millionen Euro um 40 Prozent niedriger als im Vorjahr. Vergleichszahlungen an US-Behörden hat die Bank im ersten Halbjahr 2015 abgeschlossen. Zum Vergleich: Die Deutsche Bank stellte 2015 für Rechtsstreitigkeiten 5,2 Milliarden Euro zurück.
Commerzbank stärkt Privatkundengeschäft
Ein wichtiger Faktor für das gute Ergebnis der Bank war das Privatkundengeschäft: Die Investitionen, die die Bank in den vergangenen Jahren in diese Sparte steckte, zahlen sich offenbar aus. Das operative Ergebnis stieg gegenüber dem Vorjahr deutlich um 65 Prozent auf 751 Millionen Euro. Rund 286.000 Neukunden konnte die Commerzbank 2015 gewinnen - seit Ende 2012 stieg die Zahl demnach um 819.000.
Im Gegensatz zur Commerzbank schraubt die Deutsche Bank ihr Privatkundengeschäft zurück: Die Bank versucht derzeit unter anderem ihre Privatkundentochter, die Postbank, zu veräußern. Die Commerzbank kommt zumindest unter Blessing nicht als Käufer in Frage: Blessing erteilte Spekulationen um eine mögliche Postbank-Übernahme eine Abfuhr.
"Moderates Wachstum" erwartet
Von den derzeitigen Turbulenzen an den Kapitalmärkten - weltweit sind davon insbesondere die Wertpapiere der Banken betroffen - will sich die Commerzbank nicht aus der Ruhe bringen lassen. "Da muss man die Nerven behalten", sagte Blessing. Das weitverbreitete Gefühl, die Lage an den Finanzmärkten sei ähnlich dramatisch wie zur Zeit der Finanzkrise 2008, könne er nicht nachvollziehen, ergänzte der Commerzbank-Chef.
Mit Blick auf die Zukunft erwartete Blessing ein "moderates Wachstum" für die Commerzbank. Die Rahmenbedingungen blieben aufgrund der niedrigen Zinsen in der Eurozone und der steigenden regulatorischen Anforderungen an die Banken weiterhin schwierig, ergänzte Finanzvorstand Engels.
Commerzbank-Chef Blessing lehnt Vertragsverlängerung ab
Von dem guten Ergebnis sollen erstmals seit 2008 auch wieder die Aktionäre profitieren. Sie erhalten eine Dividende in Höhe von 20 Cent je Anteilschein. An der Börse kam die Bilanz am Freitag sehr gut an: Gleich zu Handelsbeginn stieg der Aktienkurs der Bank um rund 14 Prozent.
Wo er zukünftig arbeiten werde, ließ Blessing weiter offen. Der Bank-Chef hatte eine Vertragsverlängerung abgelehnt und gibt den Posten Ende Oktober ab.
Blessing war im Mai 2009 an die Spitze des Vorstands gerückt, nachdem die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers die Commerzbank im Herbst 2008 schwer getroffen hatte. Um durch die Finanzkrise zu kommen, erhielt die Bank damals mehr als 18 Milliarden Euro vom Staat und begann ein striktes Sparprogramm. Tausende Mitarbeiter wurden entlassen. (dam, AFP)