US-Wahl und Wirtschaft: US-Ökonom: Wenn Trump gewinnt, droht ein Handelskrieg
Der amerikanische Ökonom Michael Burda spricht im Interview über die wirtschaftlichen Folgen der US-Wahl. Er zieht Vergleiche zur Wirtschaftskrise von 1930.
Herr Burda, Donald Trump hat in den letzten Hochrechnungen vor der US-Wahl Hillary Clinton überholt. Macht Ihnen das Angst?
Ja, weil das ein deutliches Signal ist. Hillary Clinton hat eine Zeit lang in den so genannten „Swingstates“ geführt – also den Staaten, in denen es traditionell sehr knapp wird. Etwa in Pennsylvania, Florida oder Ohio. Doch jetzt scheint sich die Dynamik durch die ständigen Enthüllungen aus der „Email-Affäre“ verändert zu haben. Trump kann die Wahl also durchaus für sich entscheiden.
Was würde das für die Wirtschaft bedeuten, wenn Trump gewinnt?
Mir schweben Vergleiche mit der Wirtschaftskrise in den Dreißigern vor. Nach dem Crash gab es eine Reihe von Abwertungen in Europa, die die Amerikaner als handelskriegerischen Akt eingeordnet haben. In der Folge haben sie 1930 ein Gesetz erlassen, mit dem US-Zölle für etliche Produkte auf ein enorm hohes Niveau angehoben wurden. So wollte man die US-Wirtschaft vor ausländischer Konkurrenz schützen. Die Europäer haben mit weiteren Abwertungen und eigenen Zöllen reagiert. Die Handelsbeziehungen hat das enorm belastet. Das könnte heute wieder passieren.
Trump plädiert für einen ähnlichen Protektionismus, will etwa US-Konzerne zwingen, nur noch in den USA zu produzieren. Welche Folgen hätte das?
Wenn Trump wie versprochen das Nordamerikanische Freihandelsabkommen NAFTA aufkündigt und China gegenüber die Zölle erhöht, könnte es zum Handelskrieg kommen. Dabei muss man aber bedenken: Bei all seinen Vorhaben muss ein Präsident den Kongress hinter sich haben. Und es ist längst nicht sicher, dass der Kongress Trump alles durchgehen lässt.
Was würde dagegen ein Sieg von Clinton für die US–Wirtschaft bedeuten?
Hillary Clinton würde progressiver handeln als Trump – etwa den Mindestlohn erhöhen. Das ist nicht gerade unternehmensfreundlich. Sie würde auch versuchen, eine progressivere Einkommensbesteuerung durchzusetzen. Aber viele Amerikaner haben das Gefühl, dass sich mit Clinton an der Macht am Status Quo wenig ändern würde.
Ist Trump also unternehmensfreundlich und Clinton nicht?
Ja, das kann man so sagen. Wer aber am Ende der US-Wirtschaft unterm Strich besser täte, kann man so nicht einfach sagen. Denn es gibt mehrere Dimensionen, in denen man die Wirtschaft verbessern kann. Trump liegt richtig, wenn er die Infrastruktur verbessern will. Die Flughäfen in den USA sehen furchtbar aus. Ebenso Autobahnen, Brücken. Die Finanzindustrie hingegen könnte schrumpfen, wenn Trump seine Pläne durchzieht.
In der Vergangenheit wurde der Präsident abgewählt, wenn es der US-Wirtschaft schlecht ging.
Dieses Mal ist alles offen. Die US-Wirtschaft ist nicht ganz in Ordnung. Obama hat das faule Ei ins Nest gelegt bekommen – er hat nichts mit der Wirtschaftskrise zu tun gehabt. Er hat alles getan, um die USA da wieder herauszuziehen. Die Wirtschaft ist seit 2011 auf dem Erholungspfad, wenn auch moderat. Die Beschäftigung wächst. Doch obwohl die Arbeitslosenquote sehr niedrig ist, ist die Stimmung bei vielen schlecht.
Wie werden die Märkte am Mittwoch je nach Wahlsieg reagieren?
Ich denke, wenn Clinton gewinnt, passiert nicht besonders viel. Siegt Trump, erwarte ich einen Rückgang der Aktienwerte – und zwar weltweit. Auch der Dollar dürfte dann fallen. Der kann sich natürlich auf längere Sicht wieder erholen, zum Beispiel wenn Trump die Steuern senkt. Kurzfristig dürfte es aber sehr vielen Turbulenzen geben.
Das Gespräch führte Ronja Ringelstein.
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