Zivilprozess um Oppenheim-Millionen: Thomas Middelhoffs letzter Poker
Der Ex-Arcandor-Chef fordert Millionen von der Bank Oppenheim – doch der Richter am Landgericht Köln macht ihm wenig Hoffnung. Middelhoff nimmt am Dienstag nicht an der Verhandlung teil. Er sitzt in Essen in U-Haft.
Nach spätestens zehn Minuten wich die Spannung aus dem Saal und die Verteidiger von Thomas Middelhoff sanken in ihren Sitzen zusammen. Zu Beginn hatten sie womöglich noch ein wenig Hoffnung, weil der Vorsitzende Richter des Kölner Landgerichtes beide Seiten nachdrücklich fragte, ob sie sich nicht doch vergleichen wollten. „Die Gesprächseisen sind nicht erkaltet“, versuchte Middelhoff-Anwalt Reinhard Holtermann die womöglich letzte Karte seines Mandanten zu spielen. Der war nicht nach Köln gekommen, weil er gegenwärtig in Haft sitzt und man ihm die Vorführung in diesem Zivilverfahren gegen seine Bank ersparen wollte.
Doch die Vertreter der Bank Oppenheim gingen auf den Hinweis des Gerichts nicht ein. Womöglich ahnten sie, was wenig später erklärt wurde. Der Vorsitzende Richter Stefan Singbartl hatte sich schon darüber gewundert, dass die Middelhoff-Seite noch von Verständigung redete, während die Oppenheim- Vertreter es eher auf ein Urteil ankommen lassen wollten.
170 Millionen Euro steckte Middelhoff in Immobilienfonds
Die Sachlage ist einigermaßen verworren. „Das ist ein komplexes Thema“, hieß das in den Worten des Richters. In der Kurzfassung geht es um die Frage, wie es um die Vermögensanlagen von Thomas Middelhoff und seiner Frau aus besseren Tagen steht. Der einstige Überflieger der deutschen Wirtschaft hatte gemeinsam mit seiner Ehefrau rund 170 Millionen Euro in Immobilienfonds der Oppenheim Bank investiert, sie waren allerdings bei Weitem nicht so erfolgreich, wie es ursprünglich vereinbart war. Inzwischen überziehen sich Middelhoff und die Bank gegenseitig mit Klagen. Weil Middelhoff und seine Ehefrau einen nicht unerheblichen Teil ihrer Anlage mit Krediten finanziert haben, fordert die Bank ausstehende Zinsen; die Summe wurde vor Gericht nicht genannt, es soll sich aber um knapp 80 Millionen Euro handeln. Middelhoff wiederum will das Geschäft rückabwickeln und verlangt sein Geld zurück, weil er sich plötzlich falsch beraten fühlt und sich angesichts zum Teil massiver Verluste aus den Anlagen für betrogen hält. Die Anlagen wurden ihm über die Bank Oppenheim angeboten, vermittelt hat das aber sein persönlicher Vermögensberater Esch, was vor Gericht nicht ganz unwichtig war, denn damit steht die Frage im Raum, wer die Pflichten zur Aufklärung der Risiken hatte.
Heute sind die liquiden Mittel erschöpft
Für Middelhoff ist dieser Zivilprozess vor dem Landgericht Köln der vermutlich letzte Versuch, seine gegenwärtig prekäre Vermögenslage zu entschärfen. Bekäme er sein Geld zurück, hätte er genügend Mittel, seine verschiedenen Prozesse weiter zu führen und die horrend teuren Anwälte weiter zu bezahlen, die ihm gegenwärtig Rechnungen schicken. Über liquide Mittel verfügt er offenbar nicht mehr, das hat er in Essen gesagt, wo er unter anderem deshalb noch in Haft sitzt, weil er die geforderte Kaution nicht aufbringen kann.
Bei dieser Ausgangslage dürfte die Botschaft des Kölner Landgerichtes für den früheren Bertelsmann- und Arcandor-Chef ganz besonders schmerzhaft sein. „Nach derzeitigem Stand sehen wir ungünstige Aussichten für Ihre Klage“, lautete der Kernsatz der Richters an die Middelhoff-Anwälte. Je länger sie die verschiedenen Aspekte des Verfahrens beleuchteten, umso kleinlauter wurden Reinhard Holtermüller und seine Kollegen. Denn das Gericht sieht die Sache schon als verjährt an.
Thomas Middelhoff hätte, wenn er überhaupt eine Chance auf Schadenersatz oder Rückabwicklung seines Investments hätte haben wollen, viel eher reagieren müssen. „Wir gehen davon aus, dass er das gelesen und verstanden hat“, urteilt das Gericht etwa über einen Prüfbericht, der schon vor Jahren Probleme mit dem Immobilienfonds auflistet. Weil er damals nicht reagiert hat, halten die Richter Middelhoffs Forderung jetzt für verjährt.
Der Investor Middelhoff muss mehr gewusst haben, als er zugibt
Überdies weisen sie mit einiger Süffisanz darauf hin, dass Middelhoff in seiner Doppelfunktion bei Karstadt/Arcandor und als Investor in Immobilienfonds, die Gebäude an Karstadt/Arcandor vermieteten, eine mindestens ungewöhnliche Konstruktion gewählt habe. „Man mag davon sonst halten, was man will“, beginnt der Richter und weist anschließend darauf hin, dass Middelhoff „als Organ“ beim Kaufhauskonzern natürlich genau wusste, dass die Mieten in den Immobilienfonds zu hoch angesetzt waren und damit fast zwangsläufig zu Verlusten führen mussten. „Man darf den Anlegerhorizont hier nicht außer Acht lassen“, urteilt der Vorsitzende Richter. Das Gericht gewährte Middelhoffs Anwälten eine Nachfrist zur Abgabe weiterer Schriftsätze, aber die dürfen sich nicht mehr auf völlig neue Sachverhalte beziehen. Urteilen will das Gericht am 3. Februar kommenden Jahres. Spätestens dann weiß Thomas Middelhoff, dass seine Vermögenswerte allenfalls noch auf dem Papier vorhanden sind.
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