Prozess gegen früheren Arcandor-Chef: Thomas Middelhoff weist Vorwürfe zurück
In Essen hat am Dienstag der Untreue-Prozess gegen Ex-Arcandor-Chef Thomas Middelhoff begonnen. Der ehemalige Top-Manager greift die Staatsanwaltschaft an, die ihm vorwirft, Privatflüge auf Firmenkosten abgerechnet zu haben.
Der ehemalige Arcandor-Chef Thomas Middelhoff (60) hat seinen Untreue-Prozess um Flüge auf Firmenkosten zur Abrechnung mit Staatsanwälten und Kritikern genutzt. “Ich will entschieden um meinen Ruf und gegen Vorverurteilungen kämpfen“, rief Middelhoff am Dienstag vor dem Landgericht Essen. Über Jahre andauernde Ermittlungen und Haussuchungen durch die Staatsanwaltschaft seien “unverhältnismäßig“, seinem Ruf sei “national und international großer Schaden zugefügt“ worden. “Diese Anklage über 48 Flüge ist das Ergebnis einer uferlosen Tätigkeit der Staatsanwaltschaft“, beklagte Middelhoff. Die Ankläger werfen ihm vor, Arcandor mit Privatflügen auf Firmenkosten einen Schaden von rund 945.000 Euro zugefügt zu haben. Unter anderem sei er immer wieder mit dem Hubschrauber von seinem Wohnort Bielefeld zur Arcandor-Zentrale in Essen geschwebt. Gegen den ehemaligen Spitzenmanager laufen in der Folge der spektakulären Arcandor-Pleite 2009 eine Reihe von Ermittlungen. Die Staatsanwaltschaft Bochum untersucht etwa seit Jahren, ob Middelhoff die Arcandor-Insolvenz verschleppt hat - ein Ende sei nicht abzusehen, sagte eine Sprecherin. Middelhoff weist auch diese Vorwürfe zurück, er sieht vielmehr in der Berichterstattung der Medien aus den Ermittlungen “gezielte Indiskretionen“, die ein klares Ziel hätten: “Stimmung machen gegen mich.“ Dabei sei er gläubiger Katholik, trete für den entsprechenden Werte ein und sei ein Verfechter der Verantwortungsethik.
Middelhoff rühmt seine Verdienste
Kerzengerade stehend, schilderte der stets braun gebrannte ehemalige Spitzenmanager dem Gericht seine Karriere und stellte heraus, welche Verdienste er sich bei Bertelsmann erworben habe - unter anderem habe er dem Unternehmen einen Milliarden-Gewinn ermöglicht. Durch eine Prämie von rund 80 Millionen Mark sei er dann auch wirtschaftlich unabhängig gewesen. Der ehemalige Bertelsmann-Chef war dann 2004 Aufsichtsratschef des damaligen Karstadt-Quelle-Konzerns geworden, der später unter dem Namen Arcandor firmierte. Von Mai 2005 bis Februar 2009 war er Konzernchef. Arcandor schlitterte Mitte 2009 unter Middelhoffs Nachfolger Karl-Gerhard Eick in die Pleite.
“Eine Planinsolvenz hätte es mit mir nie gegeben“, unterstrich Middelhoff nun in Essen. Es habe dazu viele Alternativen gegeben. Durch die Arcandor-Pleite tickte auch die Uhr für das Bankhaus Sal. Oppenheim, das Großaktionär bei Arcandor war. Sal. Oppenheim wurde von der Deutschen Bank aufgefangen. Mitglieder der ehemaligen Führungsspitze der Bank und der Immobilienunternehmer Josef Esch müssen sich derzeit vor dem Landgericht Köln verantworten. Middelhoff, der auch in Esch-Immobilienfonds mit Karstadt-Warenhäusern investiert hatte, hatte vor dem Kölner Gericht erst am Montag die Aussage verweigert. Die Flüge, um die es nun in dem Strafprozess vor dem Landgericht Essen geht, waren auch schon Gegenstand eines Zivilverfahrens. Middelhoff müsse rund 3,4 Millionen Euro an den Arcandor-Insolvenzverwalter zahlen, hatten die Richter dort entschieden. Middelhoff ist dagegen in die Berufung gegangen.
"Power-Shopping" in Saint Tropez
Staatsanwalt Helmut Fuhrmann warf Middelhoff nun vor, privat oder teils privat veranlasste Charterflüge über das Unternehmen abgerechnet zu haben - unter anderem die Hubschrauberflüge von seinem Wohnsitz Bielefeld zur Arcandor-Zentrale in Essen. Aber auch über den Konzern abgerechnete Reisen mit Arcandor-Managern samt Gattinnen nach Südfrankreich seien privat motiviert gewesen - das zeige sich unter anderem darin, dass die Damen laut Einladung zum “Power-Shopping“ in Saint Tropez aufgebrochen seien. Fuhrmann verlas insgesamt 48 Fälle mit einem möglichen Gesamtschaden von rund 945.000 Euro. Auch dieses Verfahren dürfte länger dauern: Die Kammer hat bis Oktober Sitzungstermine anberaumt. Middelhoff wird dabei auch von einem prominenten Anwalt vertreten: Seinem Verteidiger-Team gehört auch Anwalt Sven Thomas an. Dieser verteidigt in München Formel-1-Chef Bernie Ecclestone gegen Bestechungsvorwürfe. rtr
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