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Große Freiheit oder Transparenz? Konzerne sollen künftig mehr über ihre Gewinne und Steuerzahlungen preisgeben müssen.
© AFP

Steuervermeidung durch Google, Amazon und Co.: Streit um mehr Transparenz für Großkonzerne

Großkonzerne wie Apple, Google oder Amazon haben lange alles dafür getan, um möglichst wenig Steuern zu zahlen. Die EU-Staaten wollen das ändern - werden sich aber nicht einig.

Am Anfang konnte Jeff Bezos über Trumps Attacken noch lachen. „Schickt Donald ins All“, forderte der Amazon-Chef scherzhaft auf Twitter. Der Präsidentschaftsbewerber Donald Trump hatte ihn scharf angegangen. Er wirft Bezos vor, die Steuerzahlungen bewusst niedrig zu halten. Trump meint: Würde der Konzern so viel Steuern zahlen, wie er eigentlich müsste, würde er in sich zusammenfallen „wie eine Papiertüte“. Mittlerweile dürfte Bezos das Lachen jedoch langsam vergehen. Trumps Attacken werden lauter und zahlreicher. In Richtung der Großkonzerne spricht er Warnungen aus wie: „Glaubt mir, wenn ich Präsident werde, oh dann haben sie Probleme.“

Dabei braucht es gar keinen Donald Trump, um den Großkonzernen Druck zu machen. Aufgrund ihrer Kreativität bei der Steuervermeidung geraten Unternehmen wie Amazon, Apple, Google oder Starbucks immer stärker unter Zugzwang. Gerade erst haben französische Ermittler die Büros des US-Internetkonzerns Google in Paris durchsucht. Der Vorwurf: Der Konzern soll gegen Steuervorschriften verstoßen haben. Bereits früher im Jahr soll Frankreich von Google deshalb eine Steuernachzahlung in Höhe von 1,6 Milliarden Euro verlangt haben, heißt es. Der Konzern erklärte, Google halte sich an die Steuergesetzgebung und kooperiere mit den Behörden.

Behörden gehen strenger gegen Konzerne vor

Die Ermittlungen zeigen jedoch, dass die Behörden strenger und härter gegen die Konzerne vorgehen. Frankreich ist bei Weitem nicht der einzige EU-Staat, der sich gegen Steuervermeidung wehrt. So hat der Technologiekonzern Apple zum Beispiel nach Ermittlungen wegen Steuerbetrugs in Italien zuletzt 318 Millionen Euro zahlen müssen. Die Steuerbehörden hatten dem Konzern vorgeworfen, über Jahre Einnahmen in Höhe von fast einer Milliarde Euro nicht versteuert zu haben. Wie Google gilt Apple als einer der Großkonzerne, die besonders kreativ darin sind, Steuern zu umgehen.

So soll Apple zum Beispiel einen Trick genutzt haben, um Tochtergesellschaften als „staatenlos“ erscheinen zu lassen. Die Tochter „Apple Operations International“ soll etwa lange in den USA geführt worden sein, während sie in Irland registriert war. Durch diese juristische Spitzfindigkeit konnte der Konzern sich seinen eigenen steuerfreien Raum schaffen. Denn die amerikanischen Behörden richteten sich bei der Besteuerung nach dem Unternehmenssitz, die Iren nach dem Verwaltungssitz – mit der Folge, dass die Apple-Tochter in keinem der beiden Ländern Steuern zahlen musste.

Irland hat bereits auf die Kritik reagiert

Andere EU-Staaten werfen Irland deshalb seit Jahren vor, Konzernen beim Steuersparen zu helfen. Viele der großen Tech-Konzerne wie Google, Apple, Facebook, Amazon oder Twitter haben ihre Europa-Sitz nicht ohne Grund in Dublin. Zuletzt ist der Druck auf die irische Regierung allerdings gestiegen. Die Kritik an Irlands Steuerpraxis schadet zunehmend dem Image des Inselstaats. In Teilen ist die Regierung in Dublin daher bereits eingeknickt und hat zum Beispiel dafür gesorgt, dass Konzerne über Tochterfirmen im Land auf dem Papier eben nicht mehr „staatenlos“ erscheinen können.

Experten gehen Kompromisse wie diese aber längst nicht weit genug. 100 bis 240 Milliarden Dollar sollen weltweit an Steuergeldern verloren gehen, weil die Konzerne ihre Sitze in Steueroasen verlegen oder einen Staat gegen den anderen ausspielen. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat deshalb im vergangenen Herbst einen 15-Punkte-Plan vorgelegt, um Steuerschlupflöcher zu schließen. Die führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) bekannten sich ebenfalls dazu. „Jetzt heißen die nächsten Schritte: Umsetzung, Umsetzung, Umsetzung“, hatte OECD-Generalsekretär José Ángel Gurría damals gefordert.

Doch genau daran hapert es.

Die EU-Finanzminister müssen einstimmig entscheiden

Zwar will die EU-Kommission Großkonzerne zur mehr Transparenz zwingen. Doch die Steuerpolitik ist einer der wenigen Bereiche, in denen die Staaten die Pläne der EU-Kommission einstimmig annehmen müssen. Und das wird schwer. Uneins sind die Finanzminister zum Beispiel über die Frage, wie weit die Transparenz gehen soll. Laut EU-Kommission sollen die Konzerne künftig mitteilen müssen, wo sie welche Gewinne erzielen und wo sie wie viel Steuern zahlen. Die Frage ist allerdings, ob es reicht, dass die Konzerne die Daten den Behörden übermitteln – oder ob sie sie auch öffentlich machen müssen. Letzteres geht zum Beispiel Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zu weit: „Vollständige Transparenz ist das Gegenteil von hinreichender Effizienz“, sagte er.

Am Mittwoch unternahmen die EU-Finanzminister zwar einen ersten Anlauf, um sich zu einigen – vertagten sich dann aber. „Wir sind nah dran an einer Abmachung“, sagte der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem. Zeitlich wird es dennoch eng. Bis Ende Juni will die EU-Kommission eine Einigung sehen.

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